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Donner unter der Kimm

Donner unter der Kimm

Titel: Donner unter der Kimm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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zum Hafen gegangen war. Damals hatte er sich umgedreht, als suche er etwas. Vielleicht hatte er gewußt, daß er die Stadt zum letzten Mal sah.

Heißt Gefechtsflagge!
    Konteradmiral Thomas Herrick stand in Luv an den Netzen und sah zu, wie die Matrosen der
Benbow
an den Brassen hievten, um die Rahen zu trimmen, an denen die gerefften Marssegel ausgeschüttelt worden waren.
    Bei dem launischen Wind schien alles eine Ewigkeit zu dauern; Segelmanöver hatten den ganzen Tag in Anspruch genommen und ihre Kräfte erschöpft. Nun lag endlich die Südspitze Sardiniens fünfzig Meilen an Steuerbord achteraus. An Backbord hatten sie in vergleichbarer Entfernung Afrika.
    In Lee der
Benbow
rollten die zwei schweren Handelsschiffe
Governor
und
Prince Henry.
Über den Wert ihrer Ladung konnte Herrick nur Vermutungen anstellen. Wieder einmal dachte er an Bolithos Gesicht in der Kajüte seines Schiffes, das einmal so stolz seine Flagge geführt hatte. Er konnte die Bitterkeit in seiner Stimme, die rücksichtslose Verachtung, mit der er den ganzen Ausschuß zum Teufel gewünscht hatte, nicht vergessen.
    Ein seltsamer Zufall, daß Admiral Sir Marcus Laforey beschlossen hatte, ausgerechnet auf der
Benbow
nach England zurückzukehren. Die Geschäfte auf Malta hatte er seinem Flaggkapitän überlassen, doch angesichts seiner Eß- und Trinkgewohnheiten war es unwahrscheinlich, daß er jemals dorthin zurückkehren würde.
    Herrick hörte, wie sich Kapitän Dewar mit dem Sailing Master unterhielt, und seufzte. Es war Zeit, daß er sich mit seinem Flaggkapitän aussprach, denn Dewar war ein vorzüglicher, gewissenhafter Offizier. Herrick gab sich selbst die Schuld für die Verstimmung zwischen ihnen. Seit der Verhandlung war er miserabler Laune gewesen.
    Er spürte Gischt im Gesicht und spähte nach Steuerbord voraus, wo seine einzige Fregatte taumelnd wie ein Schiff in Seenot erneut wendete, um sich in Luv von ihnen zu halten. Es war die
Philomel
mit sechsundzwanzig Kanonen, die in Malta eigentlich für eine dringend notwendige Überholung vorgesehen war. Doch die bedenkliche Nachricht von Joberts Beutezug war dazwischengekommen.
    Herrick verschränkte die Hände auf dem Rücken und dachte an Inch, auch einen langjährigen Freund. Lebte er noch? Kaum vorstellbar, daß er vor den Franzosen die Flagge gestrichen hätte.
    Kapitän Dewar trat zu ihm. »Sollen wir für die Nacht beidrehen, Sir?«
    Herrick schüttelte den Kopf. Wieder hob sich das Deck unter ihm, und seine stämmigen Beine glichen die Bewegung gewohnheitsmäßig aus. Anders als Bolitho ging er nur selten auf und ab. Er stand lieber fest und spürte sein Schiff, war schon vor langer Zeit zu dem Schluß gekommen, daß er so besser denken konnte.
    »Nein, wir brauchen mehr Seeraum. Die Handelsschiffe sollen Laternen setzen, damit wir die Formation halten können.
Philomel
wird allein zurechtkommen müssen.«
    Dewar schätzte die Lage ab wie ein Jäger, der vor dem ersten Schuß einen Finger in den Wind hält. »Glauben Sie, daß Vizeadmiral Bolitho auf Jobert gestoßen ist, Sir?«
    »Falls nicht, steht er zumindest zwischen uns und dem Feind.« Plötzlich mußte Herrick an die achthundert Meilen denken, die noch vor ihnen lagen, ehe sie unter den Kanonen von Gibraltar vor Anker gehen konnten. Dort bekamen sie wenigstens eine Atempause und vielleicht eine weitere Eskorte. »Unser Dick schafft es bestimmt«, fügte er hinzu.
    Dewar musterte ihn neugierig, schwieg aber. Anscheinend vertrugen sich die beiden wieder.
    Gerade als Herrick erwog, sich in seine Kajüte zurückzuziehen, wo Laforey seine Gicht mit Alkohol betäubte, rief der Ausguck: »Geschützfeuer im Westen!«
    Der Schall mußte ihn auf seinem hohen Sitz rascher erreicht haben, denn Herrick hörte erst jetzt das ferne Krachen von Kanonen und den vereinzelten Knall leichterer Waffen. Plötzlich wurde sein Kopf so klar, als habe er ihn in Eiswasser getaucht.
    »Klar zum Gefecht, Kapitän Dewar. Und Signal an Geleitzug: aufschließen.« Als die Pfeifen schrillten und die sechshundert Matrosen und Seesoldaten der
Benbow
alles stehen und liegen ließen, um hastig dem Signal der Trommeln zu folgen, fluchte Herrick lautlos in sich hinein: Sonne und Wind – alles war gegen sie. Trotzdem zwang er sich, eine Zuversicht zu zeigen, die er nicht empfand. Auf wen wurde da geschossen? Die Detonationen waren noch weit entfernt, aber der Wind trug ihre düstere Botschaft zu ihnen.
    »Philomel
soll erkunden, was dort vorgeht.« Nervös

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