Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)
Finger
ihrer Hände, die nervös ein Kissen kneten.
»Hold fingrene fra fyren, F r e y a!« Die Worte
fegen an ihm vorbei, während sie den Namen ihrer Tochter scharf in die Länge zieht.
»Det kann vi ordne i det skjulte!«
»Rede gefälligst
Deutsch, Mutter. Ich will, dass du Deutsch redest, wenn Oleander hier ist!«
»O l e a
n d e r«, sagt sie abfällig. »Min mor har altid sagt, alle Tyske re nazister!«
In Oleanders
Kopf bleiben nur die Worte Deutsche und Nazis hängen. Was ist denn heute nur los,
denkt er, holt tief Luft und zwingt sich zur Ruhe. Vor seinen Augen wogt das Wasser
der Nordsee in einer smaragdgrünen Welle in das Wohnzimmer von Freja, schwemmt die
Mutter und ihre Worte vom Sofa.
Frejas Mutter
springt auf und zischt in Richtung ihrer Tochter: »Jeg skal afsted!« Mit schnellen
Schritten rauscht sie durch die Tür, ohne Oleander nur eines Blickes zu würdigen.
»Er du blevet
vanvittig, Freja, tænk dig dog om!«, hört Oleander die scharfe Stimme der Frau im
Flur, die der Tochter entgegenpeitscht, als sie ihrer Mutter mit zusammengekniffenen
Augen nacheilt. »Engang nazister, altid nazister!«
Nebenan
sinkt eine bleierne Stille zu Boden. Unendliche Sekunden, die Jahren gleichen, bis
hastige Schritte die Holztreppe hinabeilen. Frejas Gesicht ist ein glänzender Stein,
als sie zurückkommt, von den Wellen an den Strand gespült. Ihr Handrücken wischt
flüchtig über die starren Augen. Sie steht unschlüssig im Türrahmen und lächelt
dünn. Oleander ahnt, dass sie ihm ihre Tränen verheimlichen will. Er geht auf Freja
zu, blickt sie an, will danach fragen, was soeben passiert ist. Doch bevor er etwas
sagen kann, legt sie ihm sanft den Zeigefinger auf den Mund, küsst seinen Hals und
arbeitet sich mit den Lippen zum Ohr hinauf. Dort hält sie inne und flüstert in
seine Muschel: »Ich bin schwanger!«
Ihre Worte
stürzen durch sein Bewusstsein, ohne Halt zu finden, und treiben eiskalt in der
Magengegend hin und her.
»Mein Gott,
Freja, du … ich … ich …«, quillt es mühsam aus seinem Mund. Seine Worte klingen
rau, als würden sie über ein Reibeisen geschoben.
»Du freust
dich nicht?« Freja klingt verzweifelt, ihre Stimme ist plötzlich um einige Oktaven
lauter. »Wir bekommen ein Kind!«
»Doch klar
…«, bricht es aus ihm heraus, »klar … ich freu mich!«
»Jemand,
der sich freut, sieht anders aus!«
»Heeeh,
Freja! Ich muss es sacken lassen. Ich kann nicht sofort den Schalter umlegen. Deine
Mutter hat gerade einen sehr merkwürdigen Auftritt hingelegt. Hatte der mit dem
Kind zu tun?«
»Meine Mutter
ist verbittert. Vergiss sie einfach!«
»Sie hat
mich als Nazi beschimpft. So viel kann ich noch verstehen. Wie kommt sie auf so
was?«
»Vergiss
es! Meine Mutter lebt in der Welt von gestern. Unser Kind wird ein Kind der Zukunft,
unserer Zukunft!«
»Du hast
dich also schon entschieden?«
»Du nicht?
Willst du etwa auch, dass ich das Kind abtreiben lasse?«
»Nein, Freja.
Du verstehst mich falsch. Will deine Mutter, dass du es abtreiben lässt?«
»Was meine
Mutter den lieben, langen Tag von sich gibt, hat für mich nicht die geringste Bedeutung!«
»Für mich
aber schon, Freja! Was hat sie alles gesagt, als ich reingekommen bin?«
»Dass ich
die Finger von dir lassen soll, und dass wir immer noch alles unter uns regeln können.«
»Freja,
lass dir von ihr nichts einreden, hörst du! Ich will das Kind!«
»Ich hatte
eben nicht das Gefühl, Ole!«
»Na ja,
das ist ja auch ziemlich viel auf einmal hier. Und ich habe dabei auch an dich gedacht.
Du müsstest mit einem Kind deine Profi-Karriere an den Nagel hängen.«
»Die ist
mir egal!«
»Wie sollen
wir ohne das Geld über die Runden kommen?«
»Du hast
deinen Surf-Laden!«
»Das ist
nicht mein Surf-Laden, er gehört mir nicht allein, ich habe ihn mit einem Kumpel
zusammen. Und im Moment wirft er nicht gerade die Kohle ab, die wir brauchen würden.«
»Du willst,
dass ich abtreibe! Los, gib’s zu!«
»Du weißt,
dass du Unsinn redest, Freja!«
»Ich weiß
im Moment nicht, was ich glauben soll«, schluchzt Freja auf.
»Du kannst
mir glauben«, flüstert Oleander, nimmt sie in den Arm und hält sie fest umschlungen.
»Ich liebe dich, Freja, wirklich. Wir werden das Kind zusammen bekommen.«
Sie packt
Oleanders Sweatshirt, dreht den Stoff mit einem zaghaften Lächeln in der Faust zu
einem Knoten und zieht ihn mit zum Sofa.
»Ich bin
im Moment ziemlich angeschlagen«, beichtet er mit gequältem Gesicht. »Es
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