Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)
mitten im Zimmer anstrahlt. Die Laken sind in ein
unwirkliches Phosphorblau getaucht. Oleander erkennt Frejas Gesicht, sieht ihren
entblößten Oberkörper, ihre wunderschön geformten Brüste. Ihr linker Arm ruht auf
der nackten Schulter einer männlichen Person, die bäuchlings neben ihr liegt, das
Gesicht in den Kissen verborgen. An der Körpergestalt erkennt er Kilian. Ein tiefer
Schmerz durchzuckt seine Brust. Der Mann hebt den Kopf aus den Kissen, dreht ihn
zur Seite und blickt Oleander direkt in die Augen.
»Und du
behauptest, dass du verrückt bist.« Kilians Stimme hat einen verächtlichen Unterton,
der sein Selbstwertgefühl ankratzt. Als Oleander sich erzürnt abwenden will, ertönt
sein schallendes Gelächter, laut und verletzend, das anhält und nicht enden will.
Oleander
starrt wütend auf den Kilian, der neben Freja im Bett liegt, und dann auf den anderen
Kilian, der noch immer neben ihm steht.
Das kann
nicht sein, schießt es ihm durch den Kopf.
»Was kann
nicht sein«, erwidert Kilian seinen stummen Gedanken.
Als Oleander
seinen Blick wieder auf das Bett richtet, ist Kilian verschwunden. Der Mann, der
jetzt neben Freja liegt, ist er selbst. Oleander sieht sich selbst in die Augen
und kann seinem eigenen Blick nicht standhalten. Voll Panik schlägt er die Augen
nieder.
»Oleander,
Oleander, du verstehst das Magische Theater nicht!«, ruft eine leise Stimme aus
der Ferne. »Wir waren beide verrückt, Oleander, damals, als Harry Haller uns das
Leben erklärte. Du und ich wollten die freie Liebe. Keine Frau sollte nur einem
Mann gehören.«
»Wenn die
Liebe ruft, dann folge ihr. Das sind deine eigenen Worte, Kilian. Sind sie wahr
oder hast du mich angelogen?«
»Ich wollte
Freja nie für mich allein, Oleander!«
»Du hast
es die ganze Zeit gewusst, das zwischen mir und Freja?«
»Selbstverständlich!
So ist die freie Liebe. Wenn Freja bei dir war, dann kam sie danach zu mir.«
»Nein! Du
lügst! Du hast mich dein Leben lang angelogen!«, schreit eine gewaltige Stimme in
ihm.
»Du machst den ersten Ausflug mit
deinem Kind.«
Frejas Hand
legt sich auf seinen Oberschenkel. Oleander sitzt mit geschlossenen Augen zurückgelehnt
auf dem Beifahrersitz, denkt an die Zeit zurück, als er den Steppenwolf zum letzten
Mal gelesen hat. Harry Haller ahnt am Ende des Buches den Sinn vom Spiel des Lebens,
er ist bereit, dieses Spiel aufs Neue zu beginnen, seine Qualen nochmals zu kosten.
»Was ist,
Ole?«, fragt Freja mit unsicherer Stimme.
»Ich denke
nur an damals, an die verrückte Zeit auf Maui. Du hast übrigens bis jetzt kein Wort
über dein Treffen mit Kilian gesagt.«
Er öffnet
die Augen und blickt auf die Hügelketten, die, einer braungrünen Mondlandschaft
gleich, am Seitenfenster vorbeiziehen. Die Landstraße 181 führt schnurgerade in
Richtung Norden, links der schmale Dünengürtel, der sich vor die Nordsee spannt.
»Allgemeines
Surfergeplänkel«, antwortet Freja beiläufig. Ihre Stimme monoton gepresst, als solle
sie möglichst emotionslos klingen. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dich
großartig interessiert.«
»Hattest
du, seitdem wir zusammen sind, noch mal was mit Kilian?«
Der Wagen
wird plötzlich schneller. Oleander schaut zu Freja hinüber, die verkrampft das Lenkrad
umfasst und aufs Gas drückt.
»Was soll
die Frage?«
»Ich möchte
es einfach gerne wissen.«
»Wir bekommen
ein Kind, Ole. Ich denke, du kannst dir die Frage selbst beantworten!«
»Kann ich
nicht!«
»Wenn du
das nicht kannst, musst du wohl verrückt geworden sein.«
Aus den
Hügelketten starren graue Betonruinen aus eckigen Geschützscharten herüber. Kurz
darauf brechen dunkle Kalksteinkanten aus der Dünenheide. Die Straße hat den nördlichsten
Küstenpunkt erreicht, macht einen Rechtsknick und führt steil bergauf. Freja steuert
den Wagen wortlos durch eine lang gezogene Schleife, bevor die ersten Ziegelhäuser
von Hanstholm sich ins Blickfeld schieben.
Oleander
weiß, dass sie seine Frage nicht beantworten wird. Er schweigt den Rest der Fahrt.
Die vergangene Nacht liegt hinter ihnen, am anderen Ende der Straße ist nur noch
ein Traumbild der Lust, das lebendig bleibt, solange er daran denkt.
Frejas nackter
Körper gleitet über den Rand der Dunkelheit, dort wo die Augen fühlen und die Finger
sehen. Haut schmiegt sich an Haut. Sein Kopf sinkt zwischen ihre Brüste, die Zunge
schnellt hemmungslos zur nächsten Brustwarze, kreist um die erblühte Knospe, streift
abrupt hinab zum Nabel
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