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Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Titel: Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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vielleicht abgespielt haben könnten, es stellen sich aber keine ein.
    Nur eine
Bauruine wie jede andere, spricht sein innerer Widerstand.
    Alles erscheint
ihm ernüchternd unspektakulär, die Normalität hat sich wie Staub über alles gelegt.
Nur die Inschrift, die er vorhin in einem Wachschuppen sah, hat er noch in seinem
Gedächtnis.
    »Hier stand
ich Stunde um Stunde und dachte darüber nach, welcher boshafte Teufel hat mich wohl
nach Hansted gebracht.«
    »Komm, lass
uns abhauen«, mault er. »Das Zeug törnt mich einfach nicht an.«
    »Aber die
Rundfahrt machen wir noch mit«, bettelt Freja und zieht ihn weiter hinter der Gruppe
her, die an den schmalen Schienen entlangmarschiert, bis sie die kleine grüne Diesellok
erreichen, die mit sechs Waggons und einem Hänger mit zwei Granaten zur Abfahrt
bereitsteht.
    »Okay, fahren
wir die Munition spazieren«, albert Oleander und zwängt sich mit Freja in den engen
Waggon, in dem bereits zwei junge Männer in blauen Trainingsanzügen und Turnschuhen
Platz genommen haben. Einer fummelt unentwegt mit seiner Kamera herum.
    »Pass bloß
auf, dass du genau im richtigen Augenblick abdrückst«, ermahnt der andere in deutscher
Sprache. »Wir fahren in genau dieselbe Richtung wie die Olsenbande.«
    Die Bahn
setzt sich in Bewegung, fährt mit Blick aufs Meer durch die Dünenlandschaft und
taucht in dichtbelaubte Büsche ab.
    »Jetzt kommt
der Ausschnitt! Exakt! Genau wie im Film!«, jubelt der Mann mit der Kamera und schießt
ein Foto nach dem anderen.
    »Was macht
ihr denn da?«, fragt Oleander neugierig, nachdem er eine Weile dem Treiben zugesehen
hat.
    »Wir sind
auf der Fährte von Egon, Benny und Kjeld«, erklärt der Mann, ohne seine Kamera vom
Auge zu nehmen.
    »Muss ich
die kennen?«, fragt Oleander.
    »Du kennst
die Olsenbande nicht?«
    Oleander
zuckt mit den Achseln.
    »Wir sind
vom Olsenbande-Fan-Club Deutschland«, erklärt der andere Mann. »Wir sind auf den
Spuren von ›Die Olsenbande fährt nach Jütland‹. Ein Kult-Film, spielt unter anderem
auf diesem Gelände.«
    »Jetzt fahren
wir in den Egonbunker«, unterbricht sein Kumpel.
    Die Schienenstrecke
geht leicht bergab. Die Bahn hält auf eine Öffnung in einem Erdhügel zu, verschwindet
in einem schwarzen Quadrat und rattert zwischen Betonwänden mit diffusem Lampenlicht
ins Bunkerinnere. Metall trifft auf Metall, die Räder kreischen mit Höllenlärm.
    »Guck mal,
der Bunkereingang!«, brüllt der Mann mit dem Fotoapparat gegen das Getöse an.
    »Wie im
Film! Genau dieselben Geräusche! Alles wie im Film!«, sprudelt es aus dem Mund des
Kameramanns.
    »Da kann
man sich richtig vorstellen, wie Rico von da oben hineingeschlichen kam, um den
Schatz zu holen«, brüllt sein Kumpel zurück.
    Oleander
ist sicher, er befindet sich im falschen Film. Wenn Hitler das noch erlebt hätte,
denkt er sarkastisch und muss über die beiden Fans vom Olsenbande-Fan-Club Deutschland
und über sich selbst innerlich lachen.
    Mein hochverehrtes
Publikum! Meine Damen und Herren, Sie befinden sich im Magischen Theater der deutschen
Vergangenheit! Zutritt natürlich nur für Verrückte!
     
    Die Feldbahn rattert mit schwindelerregender
Geschwindigkeit durch die Kurven seiner Hirnwindungen, verrückt die festgefügten
Realitäten in Oleanders Kopf. An der eisernen Bunkertür schwebt ein Schild vorbei,
kaum lesbar im Dämmerlicht.
     
    Auf zum
fröhlichen Jagen
    Hochjagd
auf Automobile
     
    Oleander kennt die Aufschrift, sie
stammt aus dem Steppenwolf. Kilian hatte sie ihm einmal auf Hawaii vorgelesen, damals,
und mit überschäumender Begeisterung gleich auch den ganzen Abschnitt danach. Und
plötzlich, hier zwischen den feuchten Betonwänden, kann Oleander die Textpassage,
die er damals nur mit dem Verstand begriffen hat, mit jeder Faser seines Herzens
fühlen.
     
    »Auf den Straßen jagten Automobile,
zum Teil gepanzerte, und machten Jagd auf die Fußgänger, überfuhren sie zu Brei,
drückten sie an den Mauern der Häuser zuschanden. Ich begriff sofort: es war der
Kampf zwischen Menschen und Maschinen, lang vorbereitet, lang erwartet, lang gefürchtet,
nun endlich zum Ausbruch gekommen. Überall lagen Tote und Zerfetzte herum, überall
auch zerschmissene, verbogene, halbverbrannte Automobile, über dem wüsten Durcheinander
kreisten Flugzeuge, und auch auf sie wurde von vielen Dächern und Fenstern aus mit
Büchsen und mit Maschinengewehren geschossen.«
     
    Ein Text nur für Verrückte?
    Oder hatte
Hermann Hesse eine

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