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Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Titel: Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nink
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an.«
    Siebeneisen versuchte, sich Schattens Miterbin vorzustellen, wie sie in der australischen Pampa auf tätowierte Bauarbeiter eindrosch. War bestimmt ein liebreizendes Geschöpf.
    »Sie boxt da natürlich nicht.« Schatten schien Siebeneisens Gedanken erraten zu haben. »Offenbar kümmert sie sich um die Würstchenbude. Hotdogs, Hamburger, Getränke, so was alles.«
    Siebeneisen konnte nicht mehr anders, er musste das jetzt wissen.
    »Sag mal, Schatten«, meinte er und versuchte, so nebensächlich wie möglich zu klingen, »lohnt sich das denn überhaupt? Dieser ganze Aufwand? Am Ende sind die in alle Welt zerstreut! Das könnte dann ziemlich teuer werden – dann müsstest du einige tausend Euro investieren, Flugtickets, Mietwagen, Hotels, Verpflegung, das alles würde eine ziemliche Stange Geld kosten.«
    Schatten lächelte versonnen. Siebeneisen irritierte das. Wenn er jemanden kannte, den man als geizig bezeichnen konnte, dann war es Schatten.
    »Die Spesen spielen keine Rolle. Absolut keine. Ich habe schon mit meiner Bank telefoniert. Ein Kredit ist kein Problem.«
    Er trank einen Schluck Wasser, ganz wenig, ganz vorsichtig, als sei er kein nilpferdgroßes Wesen, sondern ein winziges Vögelchen mit Halsschmerzen. Sein Blick war seltsam leer als er Siebeneisen in die Augen sah.
    »Es geht um 50 Millionen. Für jeden der acht Erben.«

2
    Und so hatte es angefangen: mit diesen Sätzen und dieser Zahl. Später würde Siebeneisen oft an diesen Moment zurückdenken und sich an die Details zu erinnern versuchen, an die kleinen Rinnsale auf Schattens Stirn, an Wipperfürths Entrücktheit, daran, wie hell und fein sich das Zerschellen des Glases auf dem Fliesenboden angehört hatte, das Walburga aus ihrem Geschirrhandtuch gerutscht war.
    Aber in diesem Moment, als Schatten die Erbsumme aussprach, da dachte Siebeneisen, er habe sich verhört oder Schatten sich versprochen oder im Universum der zwischenmenschlichen Wahrnehmungen sei sonst irgendein Mist passiert. Vielleicht hatten sie in Irland auch klammheimlich eine neue Währung eingeführt, zuzutrauen war denen so was ja. Aber dann brachte Walburga vier Schnäpse, und sie erhoben die Gläser und leerten sie, und Siebeneisen erkannte allmählich, dass er das gerade schon richtig verstanden hatte.
    »50 Millionen.« Es war das erste Mal, nach langem Schweigen, dass Wipperfürth sich zu Wort meldete – offenbar gibt es Größenordnungen, bei denen auch Zen-Buddhisten in die normale Welt zurückkehren.
    »50 Millionen«, sagte Schatten. »Für jeden«.
    »Wo hat sie denn all das Geld her, deine Großgroßtante?« Siebeneisen wollte noch immer nicht wirklich glauben, was er da hörte.
    »Lange Geschichte. Es gab wohl schon immer ein beträchtliches Vermögen in diesem Zweig der Familie, das von Generation zu Generation vererbt wurde. Tante Claire allerdings hat es vervielfacht.«
    »Vervielfacht?«
    »Ja. Die alte Dame hatte wohl ein gutes Händchen, was die Börse anging. Offensichtlich hat sie damals Mitte der Neunziger einen stattlichen Betrag in einige junge Internet-Start-ups gesteckt. Und ihre Aktien verkauft, kurz bevor die Dotcom-Blase platzte.«
    »Willst du damit sagen, deine Großtante hat aus ihrem verfallenen Bauernhaus mit den Aktien irgendwelcher Silicon-Valley-Unternehmen spekuliert?«
    »Das war wohl so. Und es hat sich offensichtlich gelohnt.«
    »Kann man dann wohl sagen, wenn am Ende für jeden Erben 50 Millionen herausspringen«. Siebeneisen schüttelte den Kopf.
    »Aber nur, wenn alle Erben gefunden werden. Bislang wissen wir nur von der Australierin. Von allen anderen haben wir lediglich die Namen. Den Rest werden wir recherchieren müssen.«
    Wipperfürth nickte und schwieg, aber Siebeneisen war sich sicher, dass ihm das mehrmalige »Wir« gerade eben ebenso aufgefallen war wie ihm. Und als hätte Schatten seine Gedanken erraten, blickte der nun zu den ausgestopften Rebhühnern an der Wand und klang plötzlich so beiläufig wie möglich.
    »Dass ich selbst das nicht bewältigen kann, liegt auf der Hand.«
    Wie zur Unterstützung seiner Worte lief Schatten ein besonders prächtiger Sturzbach aus den Haaren. Das Japsen war wieder deutlich stärker geworden. Siebeneisen vermutete, dass er mit voller Absicht so schnaufte.
    »Aber unter uns ist ja jemand, der über beträchtliche Reiseerfahrung verfügt und die Recherche außerdem zu seinem täglich Brot gemacht hat, wie man so schön sagt.«
    Siebeneisen hatte es geahnt, nein: Er hatte es gewusst.

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