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Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Titel: Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nink
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Outback fort.
    »Wie weit ist es denn bis Birdsville?«
    »600 Kilometer. Kannst dich morgen früh an uns dranhängen. Da draußen gibt es noch nicht einmal eine Tanke, nur Scheißhitze und Fliegen. Bleibst mit deinem Mietwagen besser bei uns.«
    Der Mann zog wieder an seinem Joint. »Ich bin Spencer. Mir gehört der Laden hier. Kannst du boxen?«
    Zwei Stunden und ein paar tinnies später ließ Siebeneisen den Beifahrersitz in seinem Auto in die Waagerechte hinunter und schloss die Augen. Er hatte ein gutes Gefühl. Der aufgewachte Lucky Jim war soeben in Spencers Wohnwagen verschwunden, wahrscheinlich zu Vertragsverhandlungen, wobei Siebeneisen sich fragte, wie jemand mit der Statur eines Lucky Luke auf die Idee kommen konnte, als Boxer anzuheuern. Wilbur befand sich irgendwo dort draußen auf Erkundungshopps. Und Sheila O’Shady wartete in Birdsville, wo er sie in zwei Tagen treffen würde, indem er sich einfach hinter die Boxer hängte. Ihr Boss aber schien schwer in Ordnung zu sein. Spencer hatte ihm beim Begrüßungs tinnie im Wohnwagen ein T-Shirt geschenkt, das ihn als »Proud Member of Spencer’s Legendary Boxing Circus« auswies. Damit, sagte er, könne ihm in Birdsville nichts passieren, jeder dort habe einen Heidenrespekt vor seinen Boxern. Siebeneisen fand das klug. Wenn sie morgen früh starteten, würde er auf jeden Fall versuchen, Lucky Jim zu Spencer abzuschieben. Oder zu den Boxern. Zu Menschen, die seine Storys noch nicht kannten, sie aber bestimmt gerne hören würden. Alles in allem, dachte Siebeneisen, bevor sich die Müdigkeit über ihn legte wie ein schweres Tuch, alles in allem geht die Sache ziemlich gut voran.
    Das Nächste, was er hörte, waren Flüche, splitterndes Glas und Schreie in der Nacht. Offenbar waren die Boxer aus dem Ort zurück. Siebeneisen stellte seinen Sitz nach oben und versuchte, im Dunkeln etwas zu erkennen. Zu sehen war eine ganze Menge – schemenhafte Gestalten schwankten hin und her, schrien und schwenkten Holzlatten. Neben dem Zirkusfeld flackerte ein Lagerfeuer, in dessen Schein Siebeneisen eine Gruppe Männer ausmachte, die sich prügelten und mit Bierdosen bewarfen. Lucky Jim stand auf dem Dach des Lastwagens, seine dürre Gestalt zeichnete sich vor dem blassen Nachthimmel ab. Er schien die Kombattanten anzufeuern, von denen soeben drei oder vier ineinander verkeilt gegen die Stützpfeiler des Zirkuszeltes gekracht waren, das nun zeitlupenartig in sich zusammenfiel. Dann ging die Tür des Wohnwagens auf, und Spencer erschien, ein Gewehr in der Hand. Siebeneisen hörte einen scharfen Knall. Es wurde schlagartig ruhig. Er beschloss, jetzt und augenblicklich weiterzuschlafen. Er verriegelte sämtliche Autotüren und kippte den Sitz in die Waagerechte zurück.
    Am nächsten Morgen kroch der Konvoi wie eine arthritische Raupe auf die Piste. Spencer fuhr den Lastwagen an der Spitze des Zuges, in dem das Zirkuszelt und die Hüpfburg verstaut waren. Dahinter rumpelten die Autos mit den Boxern, ganz am Ende folgte Siebeneisen in seinem neuen T-Shirt. Wilbur saß auf dem Beifahrersitz und blickte feldherrenmäßig aus dem Fenster, seine Känguruaugen huschten hin und her und schienen den Horizont abzusuchen. Der Mann auf dem Sitz hinter ihnen dagegen wirkte wie sediert. Lucky Jim war bleich wie ein Geist, eine gewaltige Pilotensonnenbrille verdeckte die Hälfte seines Gesichtes und ließ nur erahnen, in welche tiefen Höhlen sich seine Augen zurückgezogen hatten.
    Siebeneisen hatte Lucky geradezu gedrängt, wieder zu ihm in den Mietwagen zu steigen, nachdem er die Boxer beim Frühstück kennengelernt hatte. Spencers Truppe bestand aus arbeitslosen Kängurujägern, saufenden Cholerikern und anderen Wahnsinnigen, so viel war Siebeneisen nach zwei Scheiben Wabbelweißbrot und einem Becher Pulverkaffee klar. Sie trugen Irokesenfrisuren, Tätowierungen auf beinahe jedem Oberkörperquadratzentimeter und Namen wie Black Mamba, The Undertaker oder Make My Day. Der hockte beim Frühstück neben Siebeneisen auf einer alten Kiste und fragte ihn mit Blick auf das T-Shirt, ob er als neues Teammitglied angeheuert habe. Siebeneisen versuchte zu erklären, dass er nur mit nach Birdsville komme, um nicht allein durch die Wüste fahren zu müssen, nur deshalb, worauf Make My Day in den Sand rotzte und Siebeneisen aufforderte, ihm vor der Abfahrt an der Tankstelle eine Palette Dosenbier zu kaufen, »wenn du mir schon keins aus Deutschland mitgebracht hast!« Siebeneisen beschloss, das

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