Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)
Frau, mit der ich acht Wochen lang verheiratet war, fiel alles in einen Zeitraum, Bankrott und Scheidung, was ein Zufall, aber dann hab ich als Fischer angeheuert, bin dann aber bloß in ’nem Sturm vom Trawler gefallen, so kann’s gehen, aber die Haie hatten keinen Hunger auf Lucky Jim, Lucky wie lucky , verstehste?«
Siebeneisen nickte. Aber nur ganz leicht.
»Bin dann ans Ufer von so ’ner Luxusinsel gespült worden, verstehste, so eine, wo du 800 Dollar für die Übernachtung blechen musst und anschließend das Frühstück noch extra berechnet bekommst, tolle Insel aber, bin dann dort geblieben und Chefgärtner geworden, ganz lässiger Job, bisschen Palmenstutzen und so, verstehste, aber dann hat mich der General Manager mit seiner Gattin erwischt, als er die gepflanzten Kauribäume inspizieren wollte, an so einem hatte sie sich gerade abgestützt, nach vorne gebeugt, naja, war ziemlich blöd, dass der da gerade kam, verstehste?«
Siebeneisen versuchte, den Kopf völlig unbeweglich zu halten.
»War aber mal wieder lucky , klar, lucky wie in Lucky Jim, konnte gerade noch so abhauen, im Maschinenraum einer Jacht, tolle Schnitte, mein lieber Mann, gehört irgend so ’nem Scheich, hat zu Hause wahrscheinlich endlos Ölfelder und drei Fußballvereine in England oder so, aber egal, ich war dann erst ’ne Zeit lang Laienprediger und hab dann anschließend Popcorn im Kino verkauft und dann diese Harpunenteile, Froggy Blaster, haste ja bestimmt von gehört, mit den Dingern machste aus jeder fetten Kröte, die dir in den Garten hoppst, in null Komma nichts dunkelgrünes Hack, vestehste? Und jetzt will ich nach Noolia. Will da bei einem Boxzirkus anheuern. Die suchen Leute. Zahlen gut, hab ich gehört.«
Obwohl Siebeneisen gedanklich gerade bei der geografischen und berufsspezifischen Unbeweglichkeit des Mittelstands in Oer-Erkenschwick war, wo niemand jemals den Job oder auch nur den Stadtteil wechseln würde, hatte er Lucky Jims letzten Satz sehr wohl registriert. Er ließ sich trotzdem nichts anmerken. Wenn er zu erkennen gäbe, dass auch er zu dieser Boxtruppe wollte, riskierte er, dass spätestens morgen Mittag Blut aus seinem linken Ohr rinnen würde. 1 300 Kilometer Outback-Gezockele mit diesem Wahnsinnigen auf dem Beifahrersitz waren absolut undenkbar. Wipperfürth mit seiner Zen-Mentalität würde das vielleicht schaffen, dachte Siebeneisen, aber er selbst: einen Teufel würde er. Lucky Jim war sowieso längst weiter mit seinem Lebensbericht. In Sydney, genau genommen.
»Treff mich da an Weihnachten mit Crazy George, alter Kumpel von mir. Ist ein Cousin von Shakey Whip, dem schulde ich ja noch ein Auto, weil ich seine Kiste neulich im Adelaide River versenkt habe, mit der Frau auf dem Rücksitz, also wir beide da hinten, und weder sie noch ich haben auf die einsetzende Flut geachtet, kannst du dir das vorstellen?«
Siebeneisen konnte. Er behielt es aber sicherheitshalber für sich.
»War übrigens ’ne Schwester von Mike, verstehste, von DEM Mike, Lasso-Mike, fängt dir jedes ausgebüxte Rind von der Ladefläche eines Pick-ups ein, bei voller Fahrt, musste dir mal klarmachen, jeder andere würde da in hohem Bogen runterfliegen und sich die Rippen brechen, wie Big Tone letztes Jahr beim Rodeo in Wakkamata, scheiße, hat das beim Aufprall gekracht, da waren mehr Knochen kaputt als heil geblieben, und wenn Mike ihn nicht so schnell zum Arzt gefahren hätte, wer weiß, möglicherweise hätte Big Tone nie wieder reiten können, Rob von der Wilford Station war es damals ja genauso gegangen, als er …«
Irgendwann, kurz bevor die Welt sich um ihn zu drehen begann, beschloss Siebeneisen, dass er dringend etwas anderes trinken müsse als tinnies . Er rief nach dem Barkeeper. Der tauchte aus dem Dunkel der hinteren Roadhouse-Regionen auf, wo er scheinbar das eine oder andere Huhn gerupft hatte, jedenfalls klebten ihm Federn im Haar und an seinem durchgeschwitzten Hemd. Siebeneisen bestellte Rum. Er trank das Glas in einem Zug aus. Der Alkohol sackte durch Richtung Magen; auf seinem Weg nach unten traf er an irgendeiner dunklen Ecke auf den Jetlag, der dort nur auf einen Kumpel gewartet zu haben schien. Die beiden verbündeten sich sofort: Siebeneisen wurde schlagartig müde. Und Lucky Jim fiel gerade die Geschichte ein, die ihm damals in den Flinders passiert war, als er mit dieser Riesenladung TNT losgeschickt wurde, um eine alte Silbermine zu sprengen, und wie ihm mitten im Nichts nacheinander drei Reifen
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