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Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Titel: Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nink
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nur nach gemeinsamen Yogasitzungen …« Schatten kicherte. »Kannst du dir unseren lieben Siebeneisen in so einem weißen Yoga-Anzug vorstellen? Und wie er geflucht hätte, wenn er seinen Gesprächspartner nur im Handstand hätte ansprechen dürfen?« Schatten grinste, als er sich die Szene ausmalte.
    »Wäre ihm vielleicht lieber gewesen als die Suche nach einem Ranger im afrikanischen Busch. Und bestimmt lieber als die Vorstellung, demnächst quer durch die Mongolei fahren zu müssen.«
    »Mongolei? Hast du dort auch einen meiner Miterben aufgetrieben?« Schatten sah aus wie jemand, der sich soeben fragt, warum es seine komplette Verwandtschaft an exotische Orte verschlagen hatte und er in Oer-Erkenschwick hängengeblieben war.
    »Krasse Sache. Der Mann ist Ziegenexperte oder so. Reitet durch die Steppe und zupft den Ziegen Wolle aus.« Wipperfürth blätterte in seinen Notizen. »Menschenleere Gegend, diese Mongolei, so gut wie kein ausgebautes Straßennetz. Ich denke mal, dass der O’Shady dort nicht wirklich leicht aufzutreiben sein wird. Da wird unser Freund eine ganze Weile unterwegs sein.«
    »Schreiben wir ihm das auch?«
    »Besser erst später. Lass ihn erst mal den Job in Afrika erledigen.«
    »Zumindest muss er jetzt nicht mehr allein reisen. Wie heißt seine neue Freundin noch gleich?«
    »Lawn Ribaud.« Wipperfürth hatte den Namen in seinem Notizblock rot umkringelt.
    »Französin?«
    »Nee. Ihre Vorfahren wahrscheinlich. Ach so, was ich dich die ganze Zeit schon fragen wollte …« Wipperfürth tippte auf den roten Kringel. »Du hast ja noch nicht mal mit der Wimper gezuckt, als du auf einmal zwei Tickets von New Orleans nach Südafrika bezahlen musstest …«
    »Wie dir bekannt ist, bin ich Menschenfreund und ein großer Romantiker. Jemand, der einer junge Liebe beim Keimen helfen möchte.« Schatten legte theatralisch beide Hände über jene Fettwulst seines massigen Oberkörpers, unter der sein Herz saß.
    »Mal abgesehen davon hat mich das zweite Ticket keinen Euro zusätzlich gekostet. Das bezahlt unser Freund Siebeneisen quasi mit seinen Bonusmeilen, die er auf seiner kleinen Weltreise bislang gesammelt hat.«
    »Clever! Hast du dir übrigens mal die Internetseite dieser Lawn angesehen? Die scheint so eine Art Geisterjägerin zu sein.«
    »So wie die in dem Film mit Dan Akroyd, wo am Ende das Michelin-Männchen durch Manhattan stapft?«
    » Ghostbusters . In der Originalfassung war das der Marshmellow-Mann. Und sie sieht umwerfend aus.«
    »Unser Siebeneisen hat es verdammt gut da draußen, das muss man schon sagen.« Schatten lächelte. Und Walburga hinter ihrem Tresen schüttelte den Kopf.

28
    (In 10 000 Meter Höhe, irgendwo über dem Atlantik.)
    Eine Reise in einem Flugzeug, vor allem eine Reise über eine große Entfernung, ist für empfindsame Menschen eine seltsame Erfahrung. Sie steigen irgendwo ein und später dann irgendwo wieder aus, aber anders als bei einer Zug- oder Autofahrt verlieren sie in der Zeit zwischendrin die Bodenhaftung – und damit den Kontakt zur Realität. Solange diese empfindsamen Menschen nicht darüber nachdenken, dass sie sich in einem gut verpackten Vakuum aufhalten, das in zehn Kilometer Höhe mit 900 Stundenkilometern Geschwindigkeit durch die Atmosphäre zischt, solange ist alles gut. Es gibt Dosenbier, es gibt Erdnüsse, es gibt Filme und ja auch immer wieder die Frage, welche der Stewardessen wohl Mitglied im Mile-High-Club sind. Beginnen empfindsame Menschen allerdings, über sich und dieses Vakuum namens Flugzeug zu sinnieren, über Beschleunigung und Erdanziehung, über Längen- und Breitengrade, über Zeitzonen und Datumsgrenzen und all den anderen hochtheoretischen Kram, der mit so einem Economy-Flug von New Orleans nach Johannesburg zu tun hat: Dann können empfindsamen Menschen schon gewisse Zweifel kommen. Ob es zum Beispiel korrekt ist, die Naturgesetze derart an der Nase herumzuführen. Ob der Mensch nicht mit jedem Flug gegen so etwas wie den moralischen Kodex des Universums verstößt. Und ob es sich das möglicherweise irgendwo notiert, das Universum. Um es eines schönen Tages durchzulesen. Irgendwann einmal, bevor es dann die Rechnung präsentiert.
    Siebeneisen beispielsweise hatte bereits seit einigen Tagen das Gefühl, dass er selbst zwar munter von Kontinent zu Kontinent unterwegs war, ein nicht unwesentlicher Teil von ihm aber schon länger nicht mehr hinterherkam bei diesem Mördertempo. Dieser Teil befand sich zurzeit noch weit

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