Donnerstags im Park - Roman
Liebes, dass du mich zu diesem Fest gezwungen hast.«
Chanty verzog das Gesicht in Richtung Rita. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie schwierig es war, sie zu überreden. ›Ich hasse Partys … Ich will nicht feiern … Was für ein Umstand …‹«
Rita lachte. »Sie ist stur wie ein Esel, aber trotzdem lieben wir sie.«
Viele Stunden später waren George und Jeanie wieder allein. Sie saßen in der Küche, die Türen nach wie vor offen, um die kühle Nachtluft hereinzulassen. Eine einzige Kerze brannte vor ihnen auf dem Tisch voller Tabletts mit Klarsichtfolie und Boxen mit Gläsern, die die Leute vom Catering-Service am Morgen abholen würden. George knabberte an einem kalten Entenbein.
»Der Teil gefällt mir am besten«, gestand George.
»Wenn alle weg sind?« Jeanie streifte die Schuhe unter dem Tisch ab. »Das kann ich verstehen.«
»Es ist gut gelaufen, findest du nicht?«
»Es war toll. Natürlich kann man das nie mit Sicherheit sagen, aber ich denke, alle hatten ihren Spaß.«
»Jolas Freund hat, glaube ich, nicht so richtig reingefunden, und ob Bea sich wohlgefühlt hat, weiß ich auch nicht.«
»Wahrscheinlich kann sie bei dem Lärm die Leute nicht richtig verstehen. Trotzdem freue ich mich, dass sie da war.«
Bea war eine Nachbarin, über neunzig. Jeanie kannte sie so lange wie George.
George stand auf, nahm Jeanies Hände und zog sie ebenfalls hoch.
»Okay … Lass uns ins Bett gehen.« Jeanie gähnte. George ließ sie nicht los.
Plötzlich küsste er sie, und Jeanie erstarrte. Nein, dachte sie, bitte nicht … nicht ausgerechnet jetzt. Er schlang die Arme um sie, streichelte sie, streifte den Träger ihres Kleids von ihrer linken Schulter und küsste sie auf die nackte Haut.
»George …« Sie versuchte, sich von ihm zu lösen, doch er achtete nicht darauf.
»Jeanie … Komm mit nach oben … Bitte.« Wieder küsste er sie, mit verzweifelter Leidenschaft. Sie zuckte zusammen, weil es sich sehr nach Pflichterfüllung anfühlte.
Er zog sie zur Tür, überlegte es sich anders, schob sie ins Wohnzimmer, drückte sie aufs Sofa. Zehn Jahre lang hatte sie sich nach ihm gesehnt, und jetzt lief alles falsch. Ray war dabei nicht das Problem; an ihn dachte sie kaum. Nein, sie fragte sich vielmehr, wie George sich das Recht herausnehmen konnte, sich so zu verhalten.
»George, hör auf … Bitte … nicht so.«
Als er nicht reagierte, rief sie: »George!«, schob ihn weg und erhob sich schwer atmend vom Sofa.
Ihr Mann blieb auf den Kissen liegen, die Brille schief auf der Nase, das Gesicht zum unglücklichsten Ausdruck verzogen, den sie je bei ihm gesehen hatte.
»Sorry … Tut mir leid …«, murmelte George. »Du bist heute sehr, sehr schön. Jeanie, ich dachte, nach so langer Zeit … würdest du es wollen.« Er blinzelte.
Jeanie setzte sich neben ihren Mann. »Nicht so, George. Nicht so plötzlich. Es sind jetzt zehn Jahre …«
George musterte sie mit traurigen Eulenaugen. »Schon? Das habe ich gar nicht gemerkt.«
Schweigen.
»Dann willst du … also nicht mehr?«
»Natürlich möchte ich, aber nach der langen Zeit wäre es irgendwie merkwürdig. Ich hatte ja nie Einfluss darauf.« Sie seufzte frustriert. »George, du hast mir immer noch nicht erklärt, was damals passiert ist, warum du plötzlich nicht mehr mit mir geschlafen hast.«
Ihr Mann nestelte an seinem rechten Manschettenknopf und versuchte, ihn durch das Loch zu schieben. Es handelte sich um einen schweren, runden Goldknopf mit Monogramm, den er von seinem Vater bekommen hatte, als er einundzwanzig war. Sie half ihm.
»Warum, George?«, fragte sie in die Stille hinein.
Sein Blick fand kurz den ihren.
»Es gab keinen Grund.« Er klang kindlich trotzig.
Jeanie stand auf. »Ich bin zu alt für so was«, murmelte sie müde. Und sie kam sich tatsächlich zu alt vor, um sich diese uralte Lüge anzuhören.
»Es gab keinen Grund«, wiederholte George. »Ich kann es nicht erklären.«
»Du meinst, du willst nicht.« Sie packte ihre fahlblaue Wolldecke, die über der Lehne eines Sessels hing, stellte sich mit verschränkten Armen vor George und sagte: »Versuch, die Sache mal aus meiner Perspektive zu betrachten, George. Angenommen, wir hätten heute miteinander geschlafen. Ich hätte gedacht: ›Prima, wir kommen wieder ins richtige Fahrwasser.‹ Ich hätte keine Fragen gestellt und wäre davon ausgegangen, alles sei in Ordnung. Und du hättest erneut das Hasenpanier ergriffen.« Sie sah ihn fragend an. »Ich glaube, das
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