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Donnerstags im Park - Roman

Donnerstags im Park - Roman

Titel: Donnerstags im Park - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Boyd
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an meinen Nachmittagen mit ihr niemals aus den Augen gelassen. Und ich bin mir absolut sicher, dass Ray sie nicht angefasst hat. Kein einziges Mal. Er hat nie ihre Hand gehalten, sie nie auf die Schaukel gehoben oder sie heruntergenommen, er hat kaum mit ihr gesprochen, sie lediglich begrüßt und sich von ihr verabschiedet und ihr mal einen Tetrapak mit Apfelsaft gegeben. Da war absolut nichts.«
    »Außerdem«, fuhr sie an Chanty gewandt fort, die mit versteinerter Miene dasaß, »müsstest du wissen, dass ich mein Leben geben würde, um Ellie vor Unheil zu bewahren. Wie kannst du glauben, ich würde zulassen, dass ein Fremder meine Enkelin belästigt?«
    Chanty seufzte. »Von ›belästigen‹ war nicht die Rede …« Sie bedachte ihren Mann mit einem unsicheren Blick.
    »Doch. Genau darum geht es.«
    »Mum, du musst zugeben, dass einem so etwas Kopfzerbrechen bereiten kann. Ich bin fast ausgeflippt, als Alex es mir erzählt hat. Solche Dinge geschehen, ohne dass andere es merken.«
    »Es ist nichts geschehen, und ich bin nicht ›andere‹, sondern deine Mutter und Ellies Großmutter.«
    »Ich weiß, Mum, und ich vertraue dir. Aber anderen Leuten vertraue ich nicht. So etwas kann leicht passieren, wenn du aufs Klo gehst oder dir was zu trinken holst oder dich kurz abwendest.« Sie musterte Jeanie fragend.
    »Herrgott, ich bin nicht senil! Ich weiß sehr wohl, was ich tue.« Das war es also: Sie hielten sie für eine schrullige, unfähige Alte. »Keines der von dir beschriebenen Szenarien trifft zu. Ich wiederhole: Ich habe sie niemals allein gelassen und würde sie auch niemals in der Obhut eines Fremden lassen, keine Sekunde lang. Ich bin viel paranoider als du.«
    Chanty schien ihr zu glauben. »Vielleicht hat Alex etwas missverstanden …«
    »Ich hab’s mit eigenen Ohren gehört«, beharrte Alex, nicht sonderlich überzeugend.
    »Ich wüsste nicht, warum Ellie so etwas behaupten sollte, wenn es nicht passiert wäre«, sagte Chanty.
    »Ich auch nicht.« Jeanie sah Alex an und seufzte. »Ich kann deine Sorge verstehen, Liebes, aber was Ellie auch immer erzählt haben mag: Es ist nicht in meiner Obhut passiert.«
    »Wer ist dieser Mann überhaupt?«, wollte Chanty wissen.
    »Er leitet eine Aikido-Schule in Archway und passt am Donnerstagnachmittag für seine Tochter auf seinen Enkel auf. Soweit ich das beurteilen kann, ist er ein anständiger Mensch. Die Kinder spielen miteinander.«
    Ihre Wangen waren tiefrot, vor Zorn, nicht aus schlechtem Gewissen.
    »Trotzdem solltest du von nun an mit Ellie einen weiten Bogen um ihn machen.« Chanty hörte sich an wie eine Lehrerin, die eine eigensinnige Schülerin rügt. Jeanie stellten sich die Nackenhaare auf.
    »Wenn du mir nicht vertraust, Chanty, passe ich lieber überhaupt nicht mehr auf Ellie auf. Ich möchte nicht, dass du dir jedes Mal Sorgen machst.«
    Sie musterte Alex. Warum tat er das? War ihm nicht klar, dass er sich ins eigene Fleisch schnitt, wenn er Ellie nicht mehr ihr überlassen konnte?
    »Alex?« Chanty wandte sich ihrem Mann zu.
    »Jean will mit Sicherheit nur das Beste für Ell, aber mir wäre wohler, wenn dieser Ray sich nicht in der Nähe meiner Tochter aufhält«, verkündete er ziemlich selbstgefällig.
    »Er hat sie nicht angefasst. Hörst du mir eigentlich zu?« Jeanie wurde lauter. Sie stand auf.
    »Trotzdem weißt du nichts über ihn«, beharrte Alex.
    Chanty erhob sich ebenfalls. »Du verstehst das sicher, Mum.«
    Jeanie gab ihrer Tochter einen ziemlich kühlen Abschiedskuss. »Wenn ihr mir nicht vertraut, solltet ihr mir eure Tochter nicht überlassen«, wiederholte sie.
    »Mum, ich habe dir doch gesagt, dass wir dir vertrauen, oder, Alex?«
    Er nickte.
    »Es soll kein böses Blut zwischen uns geben. Ich musste einfach erfahren, was los ist.«
    Jeanie musterte Chanty und Alex. »Glaubt ihr mir nun, dass Ray Ellie niemals angefasst hat? Versprecht mir, diesen Gedanken nicht weiterzuverfolgen.«
    Die beiden nickten zögernd. Es lag auf der Hand, dass Chanty nach wie vor nicht wusste, was sie von der Situation halten sollte.
    »Bitte erzähl Dad nichts davon, sonst macht er sich Sorgen«, bat Chanty Jeanie mit gesenkter Stimme, als sie diese zur Tür begleitete. Erst da wurde Jeanie klar, dass Chanty Alex’ Worten nicht traute.
    Am folgenden Donnerstag brachte Jeanie ihre Enkelin zu einem anderen Park am Crouch End. Ray sagte sie nichts davon, weil sie nicht wusste, wie sie ihm die Ereignisse erklären sollte. »Wir können uns nicht

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