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Donnerstags im Park - Roman

Donnerstags im Park - Roman

Titel: Donnerstags im Park - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Boyd
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Aufregung mitbekommen hatte.
    »Wo ist Dad?«, fragte Chanty enttäuscht.
    »Er war zuvor in der Notaufnahme. Ich habe ihn nach Hause geschickt.«
    »Wie bitte?«
    »Er hasst Krankenhäuser. Und zu dem Zeitpunkt ging’s Ellie auch schon wieder halbwegs gut. Ich rufe ihn gleich an.« Ihre Worte klangen schuldbewusst. Sie redete sich ein, dass sie George nicht wegen Ray weggeschickt hatte.
    Einen Moment lang sah Chanty sie an. Zu Jeanies Entsetzen begann ihr etwas zu dämmern.
    »Kommen Sie zurecht?«, fragte die eintretende Schwester, die offenbar den Streit bemerkt hatte. »Die Kleine braucht Ruhe.« An Chanty gewandt, fügte sie hinzu: »Wenn Sie wollen, können Sie die Nacht über hierbleiben.«
    »Soll ich abends wiederkommen, die Nachtschicht übernehmen?«, fragte Jeanie Chanty.
    Chanty zögerte. »Nein, Mum, geh ruhig. Ich schlafe hier. Ich schaff das schon. Wie lange, glaubst du, werden sie sie hierbehalten?«
    »Sie wirkt noch benommen. Deshalb wollen sie sie ruhigstellen, bis die Hirnschwellung abgeklungen ist. Der Arzt in der Notaufnahme hat etwas von achtundvierzig Stunden gesagt. Wir müssen sehen, wie es ihr am Morgen geht.«
    Chanty seufzte, den Tränen nahe. »Mum, wenn du nicht gewesen wärst.« Jeanie legte die Arme um sie. »Ich weiß, du meinst, ich schätze dich nicht, aber das tue ich, wirklich. Sorry, dass ich dir nicht geglaubt habe.«
    »Ich verstehe, warum.«
    Sie wollte Chanty nicht an die Schwächen ihres Mannes erinnern, weil es ihrer Enkelin nicht half, wenn sie wieder aufeinander losgingen. Allerdings fragte Jeanie sich, wie Chanty mit Alex’ Egozentrik zurechtkam. Auf einen egoistischen Menschen wie ihn konnte man sich nicht verlassen, es sei denn, es ging auch um seine eigenen Interessen. Wie zuverlässig George doch im Gegensatz zu Alex immer gewesen war! So sehr, dass sie seine Integrität für selbstverständlich gehalten hatte.
    George hatte das Abendessen zubereitet. In seinem Kochrepertoire befand sich lediglich ein Gericht – Spaghetti Bolognese –, aber das konnte er gut. Wie nicht anders zu erwarten, war er in der Organisation und Präsentation akribisch: Alles abgemessen und fertig, der Tisch gedeckt, die Weinflasche entkorkt, der Salat bereit für die Sauce. An jenem Abend war Jeanie dankbar für Georges Sorgfalt.
    »Ein Albtraum, was?«, stöhnte er und rührte in der Sauce. »Was für ein Glück, dass du dort warst.«
    Jeanie fragte sich, ob Chanty oder Alex Rays Namen im Zusammenhang mit dem Vorfall erwähnen würde. Jeanie hatte George nie erzählt, dass sie Ray mit Ellie im Park getroffen hatte, nicht einmal ganz am Anfang.
    »Schenk uns den Wein ein, und setz dich«, forderte er sie auf und deutete auf die Flasche. »Du bist bestimmt müde.«
    »Ich hatte schreckliche Angst, George, und habe gebetet, dass ihr nichts fehlt.« Sie griff nach der Weinflasche und füllte die Gläser halb. (George war der Meinung, dass Rotwein Raum zum Atmen brauche.) Der fruchtig-herbe Geschmack beruhigte sie.
    George sah sie von der Seite an. »Du hast zu dem Gott gebetet, an den du nicht glaubst?«
    Jeanie lächelte. »Ja. Du hättest in der Situation das Gleiche getan. Es ist ein natürlicher Impuls.«
    »Stimmt. Aber mich hätte er erhört, denn ich gehe in die Kirche.« Er verzog den Mund zu einem selbstgefälligen Grinsen, und sie mussten lachen.
    »Wenn auch nicht oft.«
    Sie lachten, bis ihnen die Tränen kamen und sie nach Luft schnappten. Die Anspannung des Tages löste sich in Heiterkeit auf.
    Als Jeanie später im Bett lag, erinnerte sie sich an die Verwirrung und den Ernst in den braunen Augen ihrer kranken Enkelin. Nichts auf der Welt war Jeanie wichtiger als Ellies Sicherheit und Wohlergehen.

15
    Ray rief sie am folgenden Morgen auf dem Weg zum Krankenhaus an.
    »Wie geht’s ihr?«
    »Ich habe vor einer Stunde mit Chanty gesprochen. Sie sagt, es ist alles bestens. Ich löse sie ab. Ellie hat keinen Appetit und ist müde, aber das überrascht nach so einem Sturz nicht. Chanty klingt wieder positiver.«
    »Gott sei Dank … Übrigens gefällt mir die Vorstellung von dir als Krankenschwester«, neckte er sie.
    »Wegen den schwarzen Strümpfen? Denn damals waren es tatsächlich noch Strümpfe.«
    »Mach mich bloß nicht heiß. Du hast deine Patienten bestimmt um den Verstand gebracht.«
    »Danke fürs Kompliment, aber die meisten waren unter zehn. Ich habe in der Kinderabteilung der Ormond Street gearbeitet.«
    »Trotzdem …«
    »Ray«, fiel Jeanie ihm ins Wort. »Ich

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