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Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch

Titel: Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Doyle
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Arbeit. Im Ausland ist es viel besser, denn da sind die Leute viel lockerer drauf als in Deutschland.«
     
    Ich habe einmal eine »Goodbye, Deutschland«-Sendung gesehen, in der es um eine deutsche Familie ging, die nach Spanien ausgewandert war. Die ganze Zeit meckerte die Ehefrau darüber, dass Deutschland so schlecht und alles, was Spanien ausmachte, viel besser wäre. Sie sagte die ganze Zeit: »Spanien ist toll! Spanien ist super! Spanien ist so unglaublich schön!« Doch dann ging sie mit dem Kamerateam in einen spanischen Supermarkt und meckerte die ganze Zeit: »Die haben hier kein Müsli! Die haben hier nicht mein deutsches Müsli!« Und ich dachte:
Vielleicht weil du in Spanien bist?
    Und je länger ich die Sendung anschaute, dachte ich, die Frau will gar nicht in Spanien leben. Sie will nur in einem besseren Deutschland leben. In einem Deutschland mit mehr Sonne
wie
auf Mallorca. Und dann sprach sie die Verkäufer an: »Hey, warum habt ihr kein Müsli aus Deutschland? Ich brauche Müsli aus Deutschland!« Aber die Angestellten verstanden sie nicht, weil sie nur Deutsch mit ihnen sprach.
    Ich denke, dass Menschen oft auf das zurückgreifen, was sie von zu Hause kennen, weil sie unsicher sind und ein bisschen Angst haben.
    Wenn meine Mutter Judy mich hier in Deutschland besucht, verhält sie sich ganz ähnlich. Jedes Mal, bevor sie die USA verlässt, vergewissert sie sich, dass sie alle wichtigen, lebensnotwendigen Sachen dabei hat: ihren Pass, ihre Medikamente — und selbstverständlich diverse amerikanische Leckereien. Als würde sie einen wichtigen Teil unserer Heimat einfach mit ins Gepäck stecken. Es könnte in Deutschland ja zu Engpässen bei den Nahrungsmitteln kommen ... und für diesen Fall will sie unbedingt gewappnet sein. Das letzte Mal waren es Kekse und Chips und - eine Packung Marshmallows, die sie im Koffer verstaut hatte. Als ich über die gigantische Größe der Packung staunte und sagte: »Mom, ich glaube, wir werden die nächsten zehn Jahre Marshmallows essen müssen! Gab es denn keine kleinere Packung?«, antwortete sie mir völlig verständnislos: »Das war schon die kleinste Packung.«
    Toll ist auch, dass meine Mom - genau wie ich - kulinarische Ausflüge in Deutschland liebt. Oder genauer gesagt: Wir beide teilen eine tiefe Leidenschaft fürs Futtern.
    Wenn Mom hier ist, bleibt sie oft vor Cafes und Konditoreien stehen und schaut sich alles in den Auslagen intensiv an, was mindestens nach fünfhundert Kalorien pro Stück aussieht. Und deshalb bleibt sie besonders oft vor Läden stehen, die Torten verkaufen. Sie liebt Torten: Aprikosenrahmtorten, Kirschtorten, Schokotorten, egal, welche Sorte: Hauptsache, das Ding, das im Fenster steht, hat einen Namen, der mit »torte« endet.
    Eines Tages - nach einer Woche des Probierens unzähliger Torten mit unzähligen Kalorien — machte ich folgenden
Vorschlag: »Mom, heute essen wir mal etwas ganz anderes. Denn Deutschland besteht nicht nur aus Torten, sondern auch aus Würstchen.« Dann klärte ich sie darüber auf, dass das Wurstessen hier in Deutschland ziemlich hoch oben in der Hierarchie der Sachen stünde, was Deutsche gerne essen. Und ich fügte dann noch hinzu, dass die deutsche Wurst was Ähnliches wäre wie ein
Hotdog.
    »Wie ein
Hotdog?«,
fragte sie mich leicht erstaunt.
    »Ja, genau wie ein Hotdog, nur viel länger.«
    »Länger? Wie lang?«, fragte sie mich daraufhin.
    »Na ja, so genau kann ich das nicht sagen, aber ziemlich lang«, sagte ich ihr. Ich erzählte ihr, dass ich anfangs in Deutschland gedacht hatte, dass die Würste genmanipuliert worden wären, was natürlich überhaupt nicht stimmt. Meine Mutter war begeistert.
    »That sounds really good! Let's go eat some! Where should we go?«
    »Let's go to the Cologne train station because they have really great wursts!«
     
    Ich bin meistens am Kölner Hauptbahnhof, wenn ich Wurst essen will. Die meisten Leute essen eine Wurst, bevor sie ihre Reise starten oder bevor sie ihren Anschlusszug nehmen. Aber ich bin oft nur wegen der Wurst dort. Auf diese Weise kommen lustige Gespräche mit anderen Reisenden zustande.
    »Ich fahre nach München und wohin fahren Sie?«
    »Wohin? Nirgendwohin. Ich bin nur hier wegen der Wurst.«
    Als wir am Bahnhof angekommen waren, meinte ich: »Mom, darf ich vorstellen: Du bist jetzt angekommen bei
Meister Bock,
bei den besten Würstchen Kölns.« Der Typ,
der hinter dem Tresen stand, fühlte sich offenbar geehrt und richtete sich ein bisschen

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