Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch
alleine hoch, und plötzlich sind alle begeistert. Auch wenn keiner wirklich weiß, warum.«
Die nächste Frage, die mir in diesem Zusammenhang oft gestellt wird, ist: »Und John, kann man als Deutscher so was lernen?« Meine Antwort auf diese Frage lautet dann immer: »Nein, eigentlich nicht.«
Das ist natürlich Quatsch. Natürlich kann man Begeisterungsfähigkeit lernen. Am schnellsten, wenn man nach Amerika auswandert. Am zweitschnellsten, wenn man oft in Amerika Urlaub macht. Und wenn diese zwei Möglichkeiten
aus irgendeinem Grund wegfallen, gibt es ja auch hier in Deutschland die Möglichkeit, diese amerikanische Art der Begeisterungsfähigkeit zu üben. Man braucht nur den Fernseher einzuschalten und amerikanische Dauerwerbesendungen, die synchronisiert wurden, anzuschauen. Dann sieht man Jim und Betty, die total begeistert irgendwelche Klobürsten präsentieren und derartig von diesen Klobürsten schwärmen, als wären es die besten fucking Klobürsten der Welt. Nun braucht man nur ihre Sätze, sagen wir, 10 oder 20 Mal nachzusprechen, und nach kurzer Zeit bekommt man ein eigenes Gefühl für die amerikanische Begeisterungsfähigkeit.
Viele Deutsche sind meiner Meinung nach wegen des Neid-Faktors nicht so begeisterungsfähig. Denn statt zu seinem Nachbarn zu sagen, der gerade einen teuren Neuwagen gekauft hat: »Hey, toller Mercedes, Markus!«, hört man viel eher, nachdem er um die Ecke verschwunden ist: »Der Markus hält sich auch für was Besseres.« Oder: »Der Markus verdient zu viel Geld.« Oder: »Der hat das Auto bestimmt nur geleast.« Und bei solchen Gedanken ist es halt sehr schwierig, diese Begeisterung mit Markus zu teilen.
Selbst viele Deutsche halten Neid für eine »Begeisterungsbremse«. Thomas Gottschalk hat einmal gesagt: Wenn ein Kandidat in Amerika 500000 Dollar gewinnt, jubelt jeder. Wenn man in Deutschland 10000 Euro gewinnt, heißt es: »Was, dieses Pickelgesicht?«
Wolfgang Petersen, der Regisseur von »Das Boot« und »Die unendliche Geschichte«, vertritt eine ähnliche Meinung. Er sagte einmal, während in Amerika eine gewisse »naive Freude am Erfolg« dominiere, treffe der Erfolgreiche in Deutschland auf »eine gewisse Häme und Missgunst«.
Und der verstorbene Mainzer Soziologieprofessor Helmut
Schoeck meinte sogar, dass jeder, der irgendwie erfolgreich ist in Deutschland, ständig auf Knien herumrutschen muss, um seine Mitmenschen dafür um Verzeihung zu bitten.
Das halte ich zwar für ein bisschen übertrieben, aber im Kern ist was Wahres dran.
Aber um an dieser Stelle irgendwelchen Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich jetzt unbedingt Folgendes loswerden: Natürlich gibt es begeisterungsfähige Menschen auch hier in Deutschland. Manchmal sogar ausgelöst durch deutsche Politiker — so ist es nicht. Nehmen wir Joschka Fischer zum Beispiel, der für mich damals
di
e verkörperte Begeisterungsfähigkeit war. Er musste nur fünf Minuten über, sagen wir, erneuerbare Energien im Bundestag reden, und schon fing der ganze Plenarsaal an zu jubeln. Das hätte Rudolf Scharping in zehn Stunden nicht hingekriegt.
Beim Sport ist es genauso, besonders beim Fußball. Denken wir nur an die WM 2006 hier in Deutschland. Da waren Millionen von Menschen, die wochenlang so extrem und begeistert feierten, dass ich mich
einmal fragte:
Mensch, hat man die ganzen Deutschen ausgetauscht und durch Millionen verrückte Amis ersetzt?
Kaum zu glauben: Es waren tatsächlich Deutsche, die da gefeiert haben!
Und deswegen möchte ich an dieser Stelle sagen: Gut gemacht, Leute! Ich bin stolz auf euch! Und wenn es so was wie eine amerikanische Ehrenmedaille für besondere Begeisterungsfähigkeit geben würde, dann hätte ich sie während der WM bestimmt Millionen Mal verliehen.
Präsidenten/Presidents
Als Präsident Bill Clinton regierte, war es cool, Amerikaner zu sein. Taxifahrer sagten oft zu mir: »Das ist toll! Das ist schön, dass Sie Amerikaner sind! Ich mag Amerika. Und ich mag auch den Clinton.« Einmal sagte mir eine Taxifahrerin aus München, dass sie Clinton sogar liebt. Worauf ich sie fragte: »Weiß Hillary davon?«
Mensch, waren das Zeiten, als Bill Clinton seinen berühmten Sexskandal hatte. Monica Lewinsky war verliebt. Hillary Clinton war sauer. Und ich war glücklich, als Amerikaner hier in Deutschland zu sein. Und warum? Ganz einfach: Ich hatte das Gefühl, je mehr Sex der Clinton hatte, desto besser ging es mir hier in Deutschland. Denn obwohl viele Deutsche mit
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