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Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch

Titel: Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Doyle
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den Irak-Krieg gezogen? Hm, keine Ahnung. Oder was ist mit Dänemark? Ich sehe aus wie ein Däne. Ich bin groß, blond und ich kann im Spiegel eindeutig die Gesichtszüge der Wikinger erkennen. - Nein, schlechte Idee, wegen der Mohammed-Karikaturen ... - Was ist mit Liechtenstein? Ja, Liechtenstein ist gut. Wir haben einen Gewinner und der heißt Liechtenstein. Denn wer hat schon was gegen dieses winzige Land? Ich nicht. Und ich kann mir vorstellen, Hassan auch nicht. »Scheiß-Amerikaner« hört man ja oft, aber »Scheiß-Liechtensteiner«? Nie!
    Und dann riss mich Hassan plötzlich mit einer völlig unerwarteten Frage aus meinen Gedanken.
    »Sind Sie Amerikaner?«
    Völlig verdutzt antwortete ich leise mit
Ja,
denn in dem Moment fand ich es einfach zu albern, mich als Liechtensteiner auszugeben, abgesehen davon, dass ich überhaupt nichts über dieses Land wusste. Noch nicht einmal, wo es lag — eine Schwäche in Geographie, die wie gesagt bei Amerikanern schon mal vorkommen kann.
    »Ja, Herr Hassan, ich komme aus Amerika.« Ich hoffte auf Gnade. Aber mit seiner Antwort hätte ich in tausend Jahren nicht gerechnet.
    »Amis finde ich toll!« Und um diesen Satz noch zu bekräftigen, fügte er hinzu: »Amis finde ich einfach unglaublich!«
    Das hat er wirklich gesagt! Hassan aus »Keine-Ahnung-Woher« sagte mir, John Doyle, der eben noch in einer Identitätskrise
steckte, dass er Amerikaner richtig toll fand. Das war so, als würde der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad, der ja nicht gerade als Ami-Freund bezeichnet werden kann, sagen: »Ich habe Lust auf ein Happy Meal bei McDonald's.«
    Als ich mich wieder beruhigt hatte und glauben konnte, dass Hassan mir durchaus positiv gesinnt und meine Angst vor Verschleppung völlig unbegründet gewesen war, begannen wir, uns zu unterhalten.
    »Wo kommen Sie her, Herr Hassan?«
    »Aus einem kleinen Dorf im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan.«
    Ich konnte mir nicht erklären, warum mein Herz plötzlich anfing, schneller zu schlagen.
    »Ich bin aus New Jersey, wo es im Winter sehr kalt ist und im Sommer sehr heiß.« Sein Kommentar dazu fiel etwas nüchtern aus.
    »Na ja, zumindest fallen dort keine Bomben vom Himmel.« Kurz vorher wollte ich ihn wirklich noch gerne zu dem Leben in seinem Dorf befragen. Nun begnügte ich mich nur mit: »Warum finden Sie denn die Amis so toll?«
    »Na ja, wegen Obama. Er ist ein guter Mann - und intelligent ist er auch«, fügte Hassan nach einer kurzen Pause hinzu.
    »Ja, und im Gegensatz zu Präsident Bush ist er sogar der englischen Sprache mächtig«, pflichtete ich ihm lächelnd bei.
    »Und wie!« Hassan nickte heftig. Ich wagte mich noch einen Schritt weiter.
    »Seit Obama gewählt wurde, haben die Leute uns Amis wieder lieb.«
    »Genießt es, solange es geht«, antwortete er und grinste breit. »Wer weiß, wie lange das anhält.«
     
    Hassan hatte recht. Wir sollten diesen Zustand in vollen Zügen genießen. Ich erinnerte mich an die Stimmung, die damals in Deutschland kurz nach Barack Obamas Wahlsieg herrschte. In den Medien hieß es überall: »Die Amis sind wieder cool.« Und auf Privatpartys standen viele der Gäste nachts auf dem Balkon und brüllten: »Die Amis finden wir einfach
geil
!« Das alles fing im Sommer 2008 an, als Obama das erste Mal nach Deutschland kam. Er stand auf einer Bühne mitten in Berlin, wo sonst nur Päpste, Fußballer oder David Hasselhoffs auftreten dürfen und hat Geschichte geschrieben.
    Etliche Jahre zuvor schrieb ein anderer Amerikaner - nämlich Ronald Reagan - ebenfalls in Berlin Geschichte. Er stand vor dem Brandenburger Tor, schaute in die Menge, blickte auf sein Manuskript und sagte dann ganz selbstbewusst und in alter Hollywood-Manier: »Mr. Gorbatschow, tear down this wall!« Und als die Menge jubelte, stellte ich mir die Leute beim Berliner Bauamt vor, die sich möglicherweise dachten: »Aber nur mit schriftlicher Genehmigung, Mr. President!«
    Barack Obama dagegen brauchte keine Genehmigung, um seine Botschaft zu vermitteln.
    »Amerika und Europa müssen mehr zusammenrücken.« Und Hunderttausende jubelten: »Yes, we can! YES WE CAN !«
    »Wir müssen mehr für die Umwelt tun.« Und Hunderttausende dachten:
Mensch, ein Ami, der weiß, dass es so etwas wie eine Umwelt überhaupt gibt? Yes, we can!
YES WE CAN ! Und wieder andere flippten total aus. Frauen kreischten: »Barack, wir wollen ein Kind von dir.« Einzelne Männer schrien lautstark: »Wir auch.« Das waren

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