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Dopingmixer

Dopingmixer

Titel: Dopingmixer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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schnitt eine Grimasse, sah aber zugleich ein, dass diese Vorsichtsmaßnahme nötig war.
    »Wenn jemand kommt, klopfst du zweimal kurz und laut ans Fenster, okay?«
    »Okay.« Bob verzog sich, und Justus setzte wieder den PC in Betrieb.
    Aufs Geratewohl tippte er in der Übersicht auf die Datei mit dem vielsagenden Namen ATH-TECH SEP, die aber nicht mehr enthielt als ein paar Merksätze über Kugelstoßen aus irgendeinem Lehrbuch. Justus zupfte wieder an seiner Unterlippe. Er war unzufrieden. »Was suche ich eigentlich?«, sagte er halblaut und starrte auf den fast leeren Bildschirm. »Guck nicht so höhnisch!«
    Wieder rief er die Übersicht auf. Die Dateien waren offenbar mit den Namen der Monate versehen, in denen sie eingegeben worden waren. Vom Ende her überschlug Justus die Monatsnamen – danach waren die ersten mehr als zwei Jahre alt. Sollte Tom Descanso hier tatsächlich etwas gespeichert haben, was im Zusammenhang mit gedopten Schülern stand, überlegte Justus, dann wird das kaum gleich zu Anfang gewesen sein. Kurzentschlossen holte er das letzte Drittel der Dateien auf den Bildschirm. Ganz oben stand MUR-SPORT NOV. Was der Trainer da im letzten November über eineunbekannte Sportart namens MUR gespeichert hatte, dachte er und grinste dabei, lässt mich jetzt kalt.
    Als Nächstes stand da SBC-SPR NOV zu lesen. Auf gut Glück drückte Justus auf Enter. Auf der Mattscheibe erschien ein Text, der bis in die letzte Einzelheit den Vorgang beim Start zur 100-Meter-Strecke beschrieb. Er schien nicht aus einem Lehrbuch abgeschrieben zu sein, dafür war der Stil zu persönlich.
    Justus nickte anerkennend. Mr Descanso musste wirklich ein äußerst engagierter Trainer sein. Er schreibt ganze Abschnitte aus Lehrbüchern ab, notiert eigene Texte, druckt sie aus und verteilt Kopien an die Schüler. Vielleicht, dachte Justus bekümmert, wäre ich mit so einem Trainer ein besserer Leichtathlet geworden.
    Es klopfte zweimal kurz und laut an die Fensterscheibe. Justus schreckte aus seinen Gedanken hoch und sprang auf. Automatisch drückte er wieder den AUS-Knopf an dem Computer. Als Nächstes hörte er, wie die Tür aufging und leise wieder zugemacht wurde.
    »Descanso ist im Anmarsch«, rief Bob halblaut. Mit ein paar Sätzen war er bei ihm.
    Justus warf einen Blick durchs Fenster. Tatsächlich war der Mann mit der blauen Schirmmütze kaum noch dreißig Meter entfernt, aber er gestikulierte nach hinten zu einem seiner Schüler.
    »Komm!«, zischte Justus. Bob zögerte. »Na los, schnell!«, rief Justus und zog den Freund mit sich in den Sanitätsraum.
    »Und jetzt?« Bob sah ratlos drein.
    Justus wartete noch ein paar Sekunden. Dann drückte er die Tür zum Hauptraum von innen geräuschlos zu und schob Bob zum Fenster. Sachte legte er den Griff um.
    »Nach dir«, sagte Justus, während er die Tür nicht aus denAugen ließ. Zum Glück ging sie noch nicht auf. »Na los.« Bob schwang sich aufs Fensterbrett und war im nächsten Augenblick draußen. Bei Justus dauerte es ein bisschen länger. Außerdem kam er nicht ganz so elegant auf die Beine.
    »Dreh dich nicht um.« Ohne zu zögern, schlug Justus den Weg zum Ausgang ein.
    »Und wenn uns jetzt jemand gesehen hat?« Bob hatte Mühe, mit Justus Schritt zu halten. Zaghaft warf er einen Blick über die Schulter. Aber Descanso war verschwunden.
    »Wir sehen nur nach vorn und tun so, als wäre nichts«, beharrte Justus. Wohl war ihm nicht in seiner Haut. »Was hätten wir denn sonst tun sollen?«
    Draußen auf dem Parkplatz fiel es Bob mächtig schwer, seine Neuigkeit für sich zu behalten, bis Peter vom Training kam. Erst als sie alle drei im Auto saßen und von Peter durch den Feierabendverkehr Richtung Heimat chauffiert wurden, ließ er die Bombe platzen.
    »Dreimal dürft ihr raten, wen ich heute Nachmittag getroffen habe, in einer Spelunke im miesesten Viertel von Santa Barbara.«
    Justus saß vorn neben Peter. Er drehte sich halb zu Bob um. »Kombiniere«, sagte er grinsend, »Ben Johnson.« Aber Bob war nicht nach Scherzen zumute. Auch nicht über den weltberühmten kanadischen Sprinter, der 1990 seine olympische Goldmedaille wegen Dopings hatte zurückgeben müssen. Und der zunächst lebenslang gesperrt, dann begnadigt und drei Jahre später wieder mit einer positiven Urinprobe erwischt worden war.
    »Sag schon«, rief Peter nach hinten.
    »Erstens: Mr Tom Descanso«, spannte Bob die Freunde noch ein wenig auf die Folter. »Ich bin ihm nämlich nachgefahren.«
    »Wie?«,

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