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Dopingmixer

Dopingmixer

Titel: Dopingmixer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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Reihenhauses. Justus bremste, riss am Bordstein das Lenkrad hoch, schwang ein Bein über den Sattel und fuhr so ein paar Meter über den Gehweg. Dann lehnte er das Fahrrad an die Hauswand und ging zur Tür. Er drückte die Klingel und lauschte angestrengt. Nichts tat sich. Er klingelte noch einmal, wieder geschah nichts. Schließlich wechselte er auf die andere Straßenseite und sah zu den Fenstern von Lys’ Wohnung hoch. Sie spiegelten die Sonne wider, die langsam ihrem Zenit entgegenkletterte.
    Justus ging zurück und klingelte bei Mr und Mrs Stanwyck. Das meistens ziemlich unfreundliche ältere Ehepaar hatte Lys de Kerk die Wohnung für einen unverschämt hohen Preis vermietet. Aber auch hier rührte sich nichts. In Justus’ Bauch meldete sich ein unangenehmes Gefühl. Er sah die Straße hinauf und hinunter, aber es war nichts zu sehen außer einer Katze, die seelenruhig von einem Vorgarten über die Fahrbahn in den nächsten schlich. Justus zuckte resigniert mit den Schultern. Er stieg auf sein Fahrrad und fuhr langsam zurück zur Hauptstraße. Die Ampel stand auf Rot. Mechanisch hielt er an. Wo Lys nur stecken mochte? War sie nach Hause gerfahren? Wenn ich wüsste, wo genau ihre Eltern wohnen, überlegte er, würde ich sie anrufen. Aber er hatte Lys nie nach dem Namen des kleinen Kaffs in Florida gefragt, in dem ihre Eltern den Ruhestand verlebten. Finster starrte er dem Lastwagen entgegen, der sich von links näherte.
    Viel hätte nicht gefehlt, und er hätte den kleinen grünen Toyota hinter dem Lkw übersehen. Erst als die beiden Fahrzeuge die Kreuzung schon hinter sich gelassen hatten, schreckte Justus hoch. Er kannte das Auto, und er kannte das Kennzeichen. Es war Lys’ Wagen, den sie sich vor zwei Jahren von ihrer ersten Filmgage gekauft hatte. »Ich benutze ihn kaum«, hatte sie erst kürzlich gesagt. Justus warf einen raschen Blick zur Ampel hoch. Sie zeigte noch immer Rot. »Tut mir leid«, sagte er halblaut, »aber darum kann ich mich jetzt nicht kümmern.«
    Einen grauen Chevrolet ließ er noch vorbei, dann stieg er auf und trat nach Leibeskräften in die Pedale. Der Toyota hatte nicht mehr als sechzig Meter Vorsprung. Und auf dieser Straße, das wusste Justus, durften nur vierzig Stundenkilometer gefahren werden. Vielleicht habe ich ja Glück, dachte er. Er beugte den Oberkörper über das Lenkrad und fuhr, so schnell er konnte. Sein Tacho zeigte fast dreißig Stundenkilometer. Nach zwei Häuserblocks bog der Chevy nach rechts in eine Seitenstraße ein. Jetzt gab es kein Hindernis mehr zwischen dem Toyota und Justus. Warum sieht sie denn nicht in den Rückspiegel?, schoss es ihm durch den Kopf. Er warf die Arme hoch und winkte. Aber der Vorsprung des Wagens betrug jetzt schon über hundert Meter.
    Justus keuchte. Er sah den Toyota immer kleiner werden. Aber er gab nicht auf. An der nächsten großen Kreuzung stand die Ampel auf Grün. Bis dorthin waren es für den Toyota noch rund achtzig Meter, schätzte Justus. »Wetten, dass es noch rechtzeitig rot wird?«, rief er. Ein Passant, an dem er in diesem Augenblick vorüberfuhr, drehte sich kopfschüttelnd nach ihm um. Justus gewann die Wette. Der Lastwagen kam gerade noch über die Kreuzung, der Toyota musste anhalten. So auf Touren gebracht hatte Justus sein Fahrrad noch nie. Schweißtropfen rollten ihm in die Augen. Die Tachonadel kletterte auf fast vierzig Stundenkilometer. Als Justus auf gut dreißig Meter heran war, kam Grün, und der Toyota legte einen Blitzstart hin.
    »Hey!«, schrie Justus, ließ das Lenkrad los und fuchtelte mit beiden Armen in der Luft. Dann griff er zur Klingel und machte damit einen solchen Lärm, dass mehrere Fußgänger erschrocken stehen blieben. Hinter der Kreuzung stand ein Verkehrsschild, das die Geschwindigkeit wieder auf sechzig Stundenkilometer begrenzte. Der Wagen wurde rasch schneller. Justus war, als bliebe sein Fahrrad stehen. Die Beine wurden ihm schwer, und das Herz klopfte ihm bis zum Hals. Kapitulieren wollte er immer noch nicht. Plötzlich bog derToyota nach links ab. Justus holte noch einmal das Letzte aus sich heraus. Seine Hände krampften sich um den Lenker. Fünfzehn Sekunden später hatte er die Straße erreicht, eine schmucke Allee mit gestutzten Platanen auf beiden Bürgersteigen.
    Er traute seinen Augen nicht. In einer Entfernung von knapp hundert Metern stand der kleine grüne Toyota am Straßenrand. Vom Fahrer war nichts zu sehen. Aber den jungen Mann, der jetzt die Beifahrertür öffnete

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