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Doppelgänger

Doppelgänger

Titel: Doppelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Saustall!«
    Vorsichtig trat er hinein und bereitete sich innerlich darauf vor, Miss Beeding als verkohlte Leiche vorzufinden. In der Mitte des Raums, der früheren Küche des Farmhauses, die wegen ihres gefliesten Bodens das Feuer besser überstanden hatte als die anderen Räume, sah er einen großen, neuen Brandfleck. Teilweise verbrannte Zeitungen hingen über den schäbigen Möbelresten und bedeckten sie mit Schleiern zerbrechlicher Asche. Im Zentrum des neuen Brandflecks lag die zersplitterte Petroleumlampe, wahrscheinlich die Ursache des Brandes.
    Aber das Feuer hatte nicht genügend Hitze entwickelt, um irgend etwas anderes als die Zeitungen in Brand zu setzen. Durch ein kleines Wunder hatten die Flammen nicht die Zwei-Gallonen-Petroleumkanne erreicht, die in der Ecke auf einem kleinen Stapel von Ziegelsteinen stand. Sie wäre wie eine Bombe explodiert, wenn das Feuer sie erfasst hätte.
    Er verließ den Raum durch eine türlose Öffnung auf der anderen Seite und betrat einen Korridor, der mit halb verbrannten, vom Wetter vermoderten Brettern abgedeckt war, wahrscheinlich waren es die Dielen der ausgebrannten oberen Räume, sagte er sich. Einige der größten Löcher hatte Miss Beeding mit Plastikbeuteln und Lumpen zugestopft und provisorisch vernagelt. Am Ende des Korridors entdeckte er eine unbeschreiblich verdreckte, stinkende Toilette, deren Tür er hastig wieder zudrückte, nachdem er sich vergewissert hatte, dass Miss Beeding nicht dort war.
    Er trat zu Doreen hinaus.
    »Keine Spur von ihr«, sagte er verwundert. »Vielleicht ist sie fortgerannt, als das Feuer ausbrach. Ich glaube, ich sollte in den anderen Häusern in dieser Gegend nach ihr fragen.«
    »Wenn sie zu anderen Leuten gelaufen wäre, hätte sie bestimmt Feuer geschrien, und die hätten die Feuerwehr alarmiert, nicht wahr?« wandte Doreen ein.
    »Da hast du allerdings recht«, gab er zu. »Ich hätte selbst daran denken müssen. Und es sieht nicht so aus, als ob Löschfahrzeuge hier gewesen wären. Vor allem hätten sie dann das Tor aufbrechen müssen, über das wir geklettert sind.«
    Er biss sich auf die Lippe. »Und auf jeden Fall wäre auch ich benachrichtigt worden«, schloss er.
    Sie schwiegen, und Doreen starrte auf die Zeichen von Schmutz und Verwahrlosung, die sie überall sah. Roger war gerade alt genug, um sich noch an die Nachkriegszeit erinnern zu können, als es in diesem Bezirk überall ausgebrannte Ruinen und Trümmer gegeben hatte, die meisten durch V-1, die auf London gerichtet gewesen und von ihrem Kurs abgekommen waren, aber Doreen war viel zu jung, und so ein Anblick war ihr anscheinend völlig neu.
    Schließlich sagte er: »Aber du hast doch nichts dagegen, wenn wir uns trotzdem ein bisschen in der Nachbarschaft umsehen.«
    »Meinetwegen«, sagte sie ohne Enthusiasmus. »Aber, angenommen, sie ist hysterisch vor Angst fortgelaufen und über die Klippe ins Meer gestürzt?«
    »Auch diese Möglichkeit müssen wir ins Auge fassen«, gab er zu, nahm ihre Hand und führte sie zu der halb herausgebrochenen Tür.
    Kurz vor der Tür blieb er stehen. Durch die alles verdeckende Flugasche der verbrannten Zeitungen hatte er es bis jetzt nicht bemerkt, doch jetzt sah er etwas auf dem Boden glitzern. Er bückte sich und wischte mit der Hand Asche von einem zerbrochenen Spiegel. In der Wand, an der er gehangen hatte, war ein Nagelloch.
    »Muss ihn in ihrer Angst vor dem Feuer heruntergerissen haben«, sagte er. »Vermute ich …«

 
9
     
    Rory Dunstable stand über die Heckreling des Schiffes gebeugt, auf dem sich der Piratensender Jolly Roger befand, und starrte seiner Angelleine nach, die von ihrem Bleigewicht in die Tiefe gezogen wurde. Mindestens ein Dutzend Mal hatte er sie ausgeworfen, seit er nach dem Lunch an Deck gekommen war. Über ihm flatterte die schwarze Flagge mit Totenkopf und gekreuzten Knochen an dem sechzig Meter hohen Sendemast des umgebauten Küstendampfers, ein Symbol ihrer Missachtung der Rundfunk-Gesetze.
    Es war ein schöner, ruhiger und außergewöhnlich langweiliger Tag. Wenn das Wetter so blieb, würden am Wochenende wahrscheinlich mehrere Bootsladungen Fans von der Küste herüberkommen, um das Schiff zu besichtigen, vielleicht mit einem ihrer Lieblings-Diskjockeys zu sprechen und sogar live interviewt zu werden, wenn sie interessant genug erschienen. Aber heute war alles ruhig, und nachdem er in der vergangenen Nacht von Mitternacht bis drei Uhr früh vor dem Mikrofon gesessen hatte, konnte er bis sechs

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