Doppelgänger
eine Panik aus. Aber das würde Sie sicher nicht stören, wie ich Sie kenne. Eine Panik gibt auch wieder ein hübsche Story!«
Leigh-Wardens Gesicht, vom Fensterrahmen eingefasst, wurde totenbleich, als ob auch er von einer nichtmenschlichen Kreatur übernommen worden wäre.
»Gott verdamme Sie!« sagte er schließlich tonlos. » Gott verdamme Sie! Ich weiß, dass ich mein Leben gründlich versaut habe. Ich weiß, dass ich ein Versager bin. Aber warum haben Bastarde wie Sie einen solchen Spaß daran, mich auch noch mit der Nase in den eigenen Dreck zu stoßen? – Hier!«
In einem plötzlichen Wutausbruch schleuderte er das Notizbuch quer durch den Raum, und die Blätter flatterten wie die Schwingen eines vielflügeligen Insekts.
»Hier. Nehmen Sie es zurück! Nehmen Sie es! Es ist ein Geschenk von mir! Es ist ja nur der größte Knüller, den ich in meinem Leben aufgerissen habe, die letzte Chance, mich aus dem lausigen Drecknest zu erlösen! Aber …«
Er atmete tief durch. Seine Zuhörer starrten ihn verstört an, als er sich so entblößte und psychologisch nackt vor ihnen stand.
»Aber was ich an euch eingebildeten Bastards am meisten hasse, ist, dass ihr immer recht habt. Und manchmal gebe ich das sogar zu. Um der armen Teufel willen, die sich fünfzig Wochen pro Jahr abrackern, damit sie sich vierzehn Tage lang eine Hütte an der See mieten können, um der Kinder willen, die sich monatelang auf ihre Ferien freuen, um all der widerlichen, kleinen Leute willen, die hysterisch umherlaufen und ihre Türen verschließen und glauben würden, dass jeder Fremde und möglicherweise sogar einige ihrer Freunde Monster sein könnten – nehmt es zurück! Verbrennt es! Macht damit, was ihr wollt!«
Und er schloss fast flüsternd: »Aber wenn dieses Monster trotz aller Polizisten und Soldaten nicht eingefangen wird, bevor es wieder fressen und seine Gestalt ändern will, wenn es jemanden zum Opfer wählt, der nicht die Wahrheit erfahren hat, nur weil Sie keine Panik auslösen wollten – dann möge Gott Ihrer Seele gnädig sein, Neville, denn ich werde es Ihnen niemals vergeben können.«
Er wandte sich um und ging fort, und kurz darauf hörten sie das Zuschlagen einer Autotür und das Aufheulen eines Motors.
25
Ein sehr junger und ziemlich nervöser Leutnant empfing Neville, als er in der Kaserne der 19th/99th Kentish Bombardiers eintraf, einem weitläufigen Landsitz, den das Kriegsministerium im Zweiten Weltkrieg übernommen und nach Kriegsschluß behalten hatte, um dem Regiment eine permanente Basis in seiner Heimatprovinz zu geben. Er hörte Nevilles hastigem Bericht aufmerksam und ernsthaft zu und stellte dann zwei Fragen, die bewiesen, dass er zumindest die wichtigsten Punkte des Problems verstanden hatte.
»Ist der Mann gefährlich?« fragte er.
»Möglicherweise«, sagte Neville und fügte die Lüge hinzu, die er sich während der Fahrt ausgedacht hatte: »Er könnte mit Säure werfen, wenn jemand versucht, ihn festzunehmen.«
»Hmmm.« Der sehr junge Leutnant wünschte sich, nicht ausgerechnet an diesem Wochenende Dienst zu haben. »Und haben Sie Bilder von ihm?«
»Ich lasse gerade eine Phantomzeichnung von ihm anfertigen. Sie sollte in einer Stunde oder so vorliegen.«
»Nun ja, in dem Fall …« Der Leutnant seufzte und griff nach dem Telefon. »Wachraum? Offizier vom Dienst hier, Corporal.
Wir haben eine Anforderung der Polizei, bei der Suche nach einem gefährlichen Mordverdächtigen mitzuhelfen. Die Wache soll alle Leute zusammentrommeln, die sie irgendwie auftreiben kann.«
Ein heißer Sonntagabend lastete auf der Küste von Nord-Kent. Die Straßen waren überfüllt mit Wagen, die nach London zurückfluteten. Auf allen Straßen, die durch das Gebiet zwischen Geddesley und Coastley führten, weinten Kinder und fluchten Eltern in den Staus, die durch die Straßensperren der Polizei verursacht wurden. Die Beamten überprüften jeden einzelnen Wagen. Stinkende Auspuffgase hingen über den langen Autoschlangen, und die Besitzer der Tankstellen rieben sich die Hände, wenn sie überschlugen, wie viel Benzin da vergeudet wurde.
Was Neville Phantomzeichnungen genannt hatte, war nicht so perfekt, wie er es den jungen Leutnant glauben machen wollte. Bruno und die Gruppe waren gebeten worden, zur Polizeistation von Geddesley zu fahren – sie war größer und besser ausgerüstet als die von Brindown – und dort Aussagen über die Vorgänge am Strand zu machen, die sie vor einer
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