Doppelgänger
Ewigkeit erlebt hatten, und dort trafen sie Dr. Nimms, der versuchte, eine Skizze von Stevens Physiognomie herzustellen, assistiert von einem erst kürzlich darin ausgebildeten Detektiv, der diese Kunst noch nicht so recht beherrschte.
Dr. Nimms stand unmittelbar davor, über seinem mangelhaften visuellen Gedächtnis die Nerven zu verlieren, als Cress nach einem Bogen Papier und einem Bleistift griff und zu skizzieren begann. Zwei Minuten später hielt sie Dr. Nimms das Ergebnis schweigend vor das Gesicht.
»Das ist besser!« rief er, schob den letzten Versuch des Detektivs zur Seite und nahm Cress’ Skizze in die Hand. »Nur das Kinn stimmt nicht ganz, es war etwas plumper …« Plötzlich merkte er, mit wem er sprach, und sagte verblüfft: »Wer sind denn Sie?«
»Lassen Sie nur«, sagte der Detektiv mit einem Blick auf Cress’ provozierend kurzes Minikleid. »Es ist doch nur wichtig, ein richtiges Bild von diesem Burschen zu bekommen.«
Cress bearbeitete ihre Skizze mit einem Radiergummi.
Ein kleiner Lieferwagen mit der Aufschrift CONTRACT SECURITY GUARD SERVICE LTD. hielt vor einem Rotlicht bei der Abzweigung, die zu dem winzigen Hafen von Coastley führte. Es war viel zu heiß, um mit geschlossenen Fenstern zu fahren, dachte Pete Morley, aber offene Fenster führten zu Problemen, und eins dieser Probleme kam jetzt auf den Wagen zu. Es war ein kleines Mädchen, das die Hand zum offenen Fenster ausstreckte und rief: »Ohh, was für ein riesiger Hund!«
Ajax, der neben Pete auf dem Beifahrersitz saß, knurrte warnend und stellte das Nackenhaar auf.
»Nicht anfassen«, sagte Pete scharf. »Das ist ein ausgebildeter Wachhund.« Das Kind zog sich beleidigt zurück, und Ajax beruhigte sich wieder.
»Du hast keine Sorgen, Junge«, sagte Pete zu dem Hund. »Du weißt nicht, wie sehr wir uns verspätet haben. Bob wird ganz schön wütend sein.«
Das Licht wechselte auf Grün. Pete trat aufs Gas und lenkte den Wagen um die Kurve auf die Hafenstraße.
Es gab nur wenig Fracht, die über Coastley verschifft wurde, aber manches davon war wertvoll genug, um Diebe anzulocken – hauptsächlich skandinavische Möbel und Textilien, die von einem kleinen Küstendampfer aus Kopenhagen gebracht wurden. Vor vier oder fünf Jahren, seit Diebe mit einer Beute von achttausend Pfund verschwunden waren, leisteten sich die Eigentümer der Firma einen nächtlichen Wachdienst. Heute waren Pete und Ajax diese Wächter.
»Aber das Mädchen hatte recht«, murmelte Pete, als er vor dem Tor hielt und hupte, damit man es für ihn öffnete, »du bist wirklich ein wunderschönes Tier.«
Der riesige Schäferhund bedankte sich mit aufgeregtem Hecheln für das Kompliment.
»Wo, zum Teufel, steckst du so lange?« sagte Bob Cole, als er aus dem Büro des Hafenmeisters trat, um ihn einzulassen.
»Entschuldige«, antwortete Pete. »Sie suchen einen Mörder, glaube ich. Die Polizei stoppt sämtliche Wagen in dieser Gegend.«
»Na, mit dem Burschen neben dir können sie dir nicht viel anhaben. Nun fahr schon – ich will endlich nach Hause!«
Allmählich lösten sich die langen Staus an den Straßensperren der Polizei auf. Es wurde Nacht. Von Westen her zog eine kleine Wolkenbank auf und verdeckte den Mond.
Nachdem Bruno und seine Freunde wieder und wieder von Detektiven vernommen worden waren, die offensichtlich nicht ein Wort ihrer Geschichte glaubten, konnten sie endlich die Polizeistation von Geddesley verlassen.
Als sie auf die Straße traten und zu dem Parkplatz gingen, auf dem sie ihren Wagen abgestellt hatten, sagte Glenn: »Ich schätze, euch hängt diese ganze Geschichte auch so weit zum Halse heraus wie mir.«
»Ich muss immer daran denken, Mann«, sagte Gideon, als keiner der anderen antwortete, »wie dieser verdammte Reporter zusammengeknickt ist.«
»Dieser Bastard!« Glenn spuckte ostentativ in den Rinnstein. »Der hat sich einen Dreck darum gekümmert, was er anrichtet, als er neulich diese Story über uns an die Zeitung verkaufte! Oder?«
»Nein, aber heute …« Bruno schüttelte den Kopf.
»Ich kann euch eins sagen«, erklärte Cress, und ihre Stimme war genauso entschlossen wie ihr hübsches Gesicht. »Ich möchte eine Weile in dieser Gegend bleiben und sehen, wie es weitergeht. Dieser Wissenschaftler bei der Forschungsstation – Tom, meine ich – scheint ein netter Kerl zu sein, und ich bin sicher, dass er nichts dagegen hat, wenn wir noch einmal dort vorbeifahren.«
Bruno warf einen Blick
Weitere Kostenlose Bücher