Doppelspiel
schlecht.«
»Ich gebe Ihnen vierzig.«
Der Mann trat aufs Gas und sprach in sein Headset. »Macht schneller!« Die anderen beiden Fahrzeuge beschleunigten ebenfalls.
Neununddreißig Minuten später bog die Kolonne von einer zweispurigen auf eine einspurige Straße ein und erreichte schließlich ein kleines Haus inmitten eines kleinen Hains. Der Hof bestand nur aus Dreck; das Dach war eingefallen, und auch die Bruchsteinwände waren arg beschädigt. Es war offensichtlich, dass hier schon lange niemand mehr lebte. Und es war das einzige Haus in mehreren Kilometern Umkreis.
Waller stieg aus und wartete ein paar Sekunden, bis seine Männer das Areal gesichert hatten, obwohl er bereits im Vorfeld einen Mann hier postiert hatte, und der war aus dem Haus gekommen, kaum dass die Wagen auf den Hof gerollt waren. Waller ging ins Haus. Seine Männer folgten ihm bis auf zwei, die draußen Wache hielten.
Der Raum war klein, dunkel und roch nach Fäkalien und Schimmel, doch auf Waller zeigte das keine Wirkung. Er hatte schon Schlimmeres erlebt. In der Mitte des Raums stand ein schmaler, sieben Fuß langer Tisch, der auf die Seite gekippt worden war, sodass er fast bis an die niedrige Decke reichte. Zwei seiner Beine waren abgesägt, und die anderen beiden lagen an der Wand, damit er nicht umfiel. Ein nackter Mann mit dunklem Haar und Bart war mit ausgebreiteten Gliedmaßen an den Tisch gefesselt. Waller schaute zu Pascal, der in einer dunklen Ecke stand, den Blick fest auf den Gefangenen gerichtet.
»Seine Gefangennahme war hervorragende Arbeit, Pascal.«
»Er hat versucht zu fliehen, Mr Waller, aber wir haben ihn trotzdem erwischt.«
Waller ging zu dem Gefangenen. Im Licht der batteriebetriebenen Laternen sah er die Gleichgültigkeit im Gesicht des Mannes. Das ärgerte ihn. Ob Furcht oder Hass war ihm egal, er wollte einfach nur eine Emotion sehen. Waller schlug dem Mann ins blutige Gesicht.
»Bist du wach, Abdul-Majeed? Du scheinst mir nicht wirklich hier zu sein.«
»Ja, ich bin wach. Ich sehe dich. Und?« Waller wusste, dass der Mann mit seiner Gelassenheit seine eigene Position stärken und Waller die Luft rauslassen wollte, als wäre nicht er der Gefangene, sondern andersrum. Allerdings hatte er nicht den geringsten Erfolg damit. Trotzdem: Anwar, der fette Buchhalter, war schon viel zu verwestlicht gewesen; doch Abdul-Majeed war noch immer ein abgehärteter Wüstensohn, für den Entbehrungen die Norm waren. Solch einen Mann musste Waller einfach respektieren, wenn auch nur bis zu einem gewissen Grad.
»Vermisst du Kandahar, Abdul-Majeed? Oder genießt du die Schönheit der Provence?«
Der Mann zuckte mit den Schultern. »Ich mag diesen Raum. Er ist deutlich besser als der, in dem ich in Kandahar lebe. Aber noch einmal … und?«
Waller trat einen Schritt zurück und lächelte. Der Mut des Mannes war in der Tat bewundernswert.
»Ich mag es nicht, wenn man mich verrät.«
»Dann verstehst du die Muslime nicht. Das war kein Verrat. Das war eine Vorsichtsmaßnahme. Außerdem ist der Islam schon so oft vom Westen verraten worden. Warum solltest ausgerechnet du da anders sein?«
»Ich bin auf Urlaub hier, und jetzt muss ich mir extra Zeit für dich nehmen, weil du versucht hast, mich zu verarschen.«
»Das war rein geschäftlich. Nimm das nicht persönlich.«
»Bitte entschuldige, aber ich nehme es stets persönlich, wenn jemand versucht, mich in die Luft zu jagen.«
»Dann bist du zu sensibel.«
»Warum hast du das getan?«
»Du hast uns angelogen«, antwortete Abdul schlicht.
»Ich lüge nie, wenn es ums Geschäft geht.«
Der Muslim schnaubte verächtlich. »Ein Kanadier? Und du willst hochangereichertes Uran haben? Das glaube ich kaum. Vermutlich bist du ein Spion. Deshalb haben wir versucht, dich umzubringen.«
»Nur dass ich wirklich über hochangereichertes Uran verfüge. Das macht einen großen Unterschied. Aber wenn ihr das nicht geglaubt habt, warum habt ihr euch dann überhaupt mit mir abgegeben?«
» Ich habe es nicht geglaubt, andere von uns aber schon. Sie haben einen Fehler gemacht, und es war an mir, ihn wieder auszubügeln.«
»Aber sie hatten recht und du nicht.«
»Noch einmal: Das sagst du . Dein Land gehört den Amerikanern. Das weiß jeder. Kanada ist ein Satellitenstaat des großen Satans. Ein Hund weicht seinem Herrn nicht von der Seite.«
Waller drehte sich zu seinen Männern um und nickte zur Tür. Gehorsam verließen sie den Raum; Pascal ging als Letzter. Bevor er die Tür
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