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Doppelte Schuld

Titel: Doppelte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Zentrum von Papenburg war blau vom Zigarettenrauch, man trank Kaffee, stark, schwarz, zu viel davon. Henry sah man bei den Redaktionskonferenzen unruhig hin- und herlaufen und mit den Redakteuren diskutieren. Nie war ihm ein Artikel gegen die Sowjetunion scharf genug. Vor allem nicht die, die Marie schrieb.
    Sie liebten sich nur noch selten. Sie stritten sich bis in die frühen Morgenstunden. Im Oktober 1950 trat China in den Koreakrieg ein. Und Marie? Marie gab nach.
    Sie wurde die Braut seiner Rache. Sie sollte seine Waffe sein. Und ihr Sohn wurde sein stärkstes Argument.
    »Tu es für ihn«, sagte Henry. »Er ist ein Kind der Gewalt. Wenigstens auf dich soll er stolz sein dürfen.«
    Im Frühjahr 1951 verließ Marie ihren Geliebten, ihr Kind und ihren Vater und trat über Berlin den Weg in den Osten an. Sie blieb siebzehn Jahre lang fort.
     
    Mary stellte das leere Weinglas auf die Balkonbrüstung. Sekunden später hörte sie es unten auf der Terrasse zersplittern.
    Cheers, darling.
11
    Es gibt doch immer noch eine Steigerung im Leben, dachte Katalina. Diesmal kam die Kripo nicht abends, sondern morgens. Sie traten natürlich nicht die Tür ein, aber sie saß trotzdem aufrecht im Bett vor Schreck, als es zugleich schellte und klopfte. Zeus bellte, aber nur kurz, und deshalb warf sie sich schließlich den Bademantel über und lief zum Fenster im Treppenhaus.
    »Polizei!« rief jemand unten. Sager und Köster kamen in Begleitung.
    Immerhin ließen sie ihr Zeit, sich anzuziehen, bevor sie sie mitnahmen. Und immerhin quittierten sie den Erhalt von einem Paar Jeans, zwei T-Shirts und der Fleecejacke, die sie morgens beim Spaziergang mit Zeus anzog, seit es kühl geworden war.
    »Bin ich verhaftet?«
    Jens Sager sah sie mit gespieltem Erstaunen an. »Verhaftet? Aber woher denn. Wir brauchen Ihre Zeugenaussage, das ist alles.«
    Sie kannte das Revierkommissariat in der Herzogstraße 11, wenn auch nur von außen. Der Mann an der Pforte lächelte, als er sie sah. Ein häufiger Besucher ihrer Tierarztpraxis, Besitzer eines lammfrommen Rottweilers, der ihm nicht gehorchte. Das wunderte sie bei jedem seiner Besuche – waren Polizisten nicht auch für Hunde furchteinflößende Autoritätspersonen? Katalina lächelte zurück.
    Man brachte sie in den ersten Stock und ließ sie warten. Das mußte wohl so sein, nichts macht gefügiger als Ungewißheit. Zeit für einen Anwalt, dachte sie kurz. Aber sie ließ alles geschehen, als ob es schon seine Ordnung hätte. Irgendeinen Grund finden sie immer, warum du schuldig bist.
    »Warum?« fragte sie erst ganz zum Schluß, als sie lange genug in einem kleinen Raum gesessen hatte, die Wände waren gelb gestrichen, es stand nichts darin außer einem Tisch und mehreren Stühlen. Und, seit fünf Minuten, Kriminaloberkommissar Jens Sager und Kriminalhauptkommissar Kurt Köster, die bedeutungsvoll schwiegen.
    »Sie waren am Tatort, Frau Cavic«, sagte Sager schließlich, nachdem er sich in den Stuhl ihr gegenüber gesetzt hatte, diesmal ohne sein gewohntes verbindliches Lächeln.
    Die Brombeerranken. Sie mußte Faserspuren an ihnen hinterlassen haben. Deshalb hatten sie die Jeans und die Jacke mitgenommen. Katalina versuchte, nicht zu nicken.
    »Möchten Sie sich zum Sachverhalt äußern?« Köster stand bei der Tür und wippte auf den Fußballen.
    Sag nichts, protestierte es in ihr. Sie vermuten doch nur etwas, sie wissen noch nichts. Warte auf das Untersuchungsergebnis. Und auf den Anwalt.
    Auf welchen Anwalt? Plötzlich war ihr alles egal. »Ich habe nach einem Lebenszeichen gesucht. Es war immerhin möglich, daß er noch lebte.«
    Sager blickte sich kurz um zu Köster, der ihm zunickte. Dann lehnte er sich zurück in den Stuhl. »Also Sie wollten nur helfen?«
    Natürlich. Aber wer glaubte ihr das? Sie nickte stumm.
    »Und dann haben Sie festgestellt …« Sager sah sie erwartungsvoll an. Kurt Köster stand noch immer hinter ihm. Er lächelte, das machte ihn noch furchterregender.
    »Daß er tot war. Er hatte keinen Puls.« Aber er war noch warm, schrie diese innere Stimme wieder, die sie gerne zum Schweigen gebracht hätte. Er kann noch nicht lange tot gewesen sein!
    Sager nickte, als ob er sie loben wollte. Dann beugte er sich vor. »Und warum haben Sie nicht die Polizei gerufen? Hatten Sie kein Telefon dabei?«
    Katalina schüttelte den Kopf.
    »Und zu Hause? Gibt es bei Ihnen zu Hause auch kein Telefon?« Sager schien sich zu amüsieren. Köster lächelte noch immer.
    »Ich möchte

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