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Doppelte Schuld

Titel: Doppelte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Scheuring-Bank in Berlin hinterlegen lassen.«
    »Ich will damit nichts zu tun haben.« Ich will mein kleines bescheidenes Leben leben, hatte Mary gedacht. Diese kostbarste Errungenschaft von allem: Ich will privat sein. Lieben, fühlen, Rosen schneiden und niemals mehr einer größeren Sache wegen die Meinen verraten.
    »Ich will dein Geheimnis nicht, Paul.« Es ist das Todesurteil für alles, was mir heilig ist.
    Paul griff in die Jackettasche und holte etwas heraus. Er machte eine Faust und legte sie auf den Tisch. Dann öffnete er die Faust. Der Schließfachschlüssel glitt auf den Küchentisch. »Mach damit, was du willst. Aber sieh zu, daß sie es nicht kriegen, die anderen.«
    Mary streckte die Fingerspitzen nach dem Schlüssel mit den zwei Bärten aus, wollte ihn Paul wieder zuschieben, wollte ihn gar nicht erst berühren, wollte, daß Henry käme, der schon ewig mit dem Hund unterwegs war, wollte, daß Paul endlich ginge.
    »Es ist mir egal, was du mit dem Geld machst. Fahr in den Urlaub. Kauf dir ein größeres Haus. Stifte es für einen guten Zweck. Nur laß es nicht in falsche Hände fallen.« Er schob ihr den Schlüssel hin. Sie zog die Hand zurück.
    »Ich bitte dich, Marie. Inständig. Im Namen von allem, was uns einmal verband, dich und mich.«
    Draußen bellte der Hund. Die Tür ging auf und kühle Luft strömte in die überhitzte Küche. Henry stand lächelnd im Türrahmen, streckte die Hand aus und sagte: »Besuch? Wie schön!«
    Sie hatte rasch nach dem Schlüssel gegriffen und ihn in die Hosentasche gesteckt.
     
    »Benjamin Dimitroff wußte, daß Paul Grunau Geld beiseite geschafft hat.« Köster war endlich stehengeblieben.
    »Wahrscheinlich wußte er auch, um welche Beträge es sich handelt«, assistierte Sager.
    »Und mit so einer kleinen Berliner Detektei wird man nicht reich.« Köster stellte sich vor den Tisch und stützte sich mit beiden Händen auf die Tischplatte. Er sah aus wie ein Gorilla bei der Brautwerbung. Mary wich unwillkürlich zurück.
    »Er suchte nach Ihnen. Er versuchte, Sie nach Blanckenburg zu locken. Er hat Sie mit dem, was er wußte, konfrontiert.«
    Sie lächelte ihn an. Köster seufzte gequält und richtete sich wieder auf.
    »Warum sind Sie hier?« Sager versuchte es auf die sanfte Tour.
    Jetzt stand sie auf. »Ich finde Ihre Spekulationen interessant, meine Herren. Aber es sind lediglich Vermutungen, nicht wahr?«
    »Ihr Parfüm. Ich könnte schwören …«, murmelte Köster.
    Vermutungen. Sie hatten nichts anderes. Und natürlich waren sie nicht von selbst auf die Idee gekommen. Axt versuchte offenbar, ihr nicht nur Unterschlagung, sondern auch einen Mord anzuhängen. Natürlich nicht ernsthaft. Im Gefängnis nutzte sie ihm nichts, dort war sie sicher vor ihm und seinen Laufburschen. Es sei denn …
    Wahrscheinlich hat er seine Leute mittlerweile auch beim Strafvollzug, dachte sie. Es war ihm zuzutrauen.
    »Wenn Sie mich entschuldigen wollen? Ich habe noch etwas zu erledigen.« Sie bückte sich hinunter zu Lux und leinte sie an. Und dann fragte sie doch noch, obwohl sie es nicht hatte tun wollen.
    »Wie ist er gestorben?«
    »Wer?« Köster sah aus, als bereite es ihm Vergnügen, sie nicht zu verstehen.
    »Paul Grunau.«
    »Nun – er verblutete vor zehn Jahren auf einem Zebrastreifen im schönen Lugano in der Schweiz. Der Unglücksfahrer wurde nie gefunden.«
     
    Sie sind nahe dran, dachte sie, als sie die Hasselfelder Straße hinunterging zum Lühnertorplatz. Zu nahe.
    Paul Grunau war gegangen, nach einem Glas Whiskey mit Henry. Die beiden Männer hatten sich gut verstanden, was ihr damals gar nicht recht war. Sie hatten schließlich jahrelang auf der jeweils anderen Seite des Zauns gestanden und nur eine einzige Verbindung gehabt: Mary Nowak. Dachte sie jedenfalls.
    »Ich wollte es dir immer schon sagen.« Henry hatte nach dem Abendessen eine Flasche Wein aufgemacht, einen roten Burgunder, einen Wein für besondere Anlässe.
    »Der Tag der Geständnisse?« Sie hatte versucht, spöttisch zu klingen.
    »Paul Grunau. Er war mein bester Mann.«
    »Seit wann?« Das war das einzige, was sie daran wirklich interessierte. Wann hatte Henry Paul angeworben? Damals, als er sich zurückgezogen hatte von ihr? Als er heiratete? War Paul der Ersatz gewesen – für sie?
    »Nachdem du weg warst, natürlich.«
    Sie hatten die Gläser gehoben und angestoßen und sich in die Augen gesehen dabei. Aber sie wußte, wie gut Henry lügen konnte, wenn es nötig war. Mindestens so gut

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