Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Doppelte Schuld

Titel: Doppelte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
Vom Netzwerk:
ihr. Was geht wohl in einem kleinen Jungen vor sich, den die Mutter verläßt? Glaubst du, er hält sich deshalb für ein Kind der Liebe? Und was soll der erwachsene Sohn schon fühlen, wenn er erfährt, wie er gezeugt wurde? In einem Stall, von irgendeinem betrunkenen Russen …
    Der Regen rauschte unvermindert weiter. Sie würden hierbleiben müssen oder klatschnaß werden. Katalina neben ihr fröstelte wieder.
    »Warum wollen die, daß ich Sie nach Sirius frage?« Wenigstens flüsterte sie nicht mehr.
    Mary atmete tief durch. Offenbar drohten sie damit, auch Gregor zu entführen. »Ich weiß es nicht«, sagte sie.
    Die Antwort befriedigte die Frau neben ihr nicht. Mary spürte Katalinas Unruhe wachsen. Auch der Hund reagierte, diese hinreißend häßliche Promenadenmischung namens Zeus. Er schmiegte sich an Katalinas Beine.
    »Wir müssen etwas tun. Einen haben sie bereits umgebracht.« Katalinas Stimme wurde drängend. »Den Mann, den man vor einer Woche im Schloßpark gefunden hat. Er war am Tag zuvor bei mir in der Praxis. Er suchte nach einem Blindenhund. Er suchte Sie. «
    Benny. Der arme Kerl. »Katalina, beruhigen Sie sich. Die werden Moritz kein Härchen krümmen, solange sie nicht wissen, was sie wissen wollen. Und ich sage ihnen nichts ohne Gegenleistung. Darauf können Sie sich verlassen.«
    »Wir haben keine Zeit. Sie tun ihm etwas an.«
    Mary unterdrückte einen Seufzer. Natürlich war das möglich, bei Axt war alles möglich. »Ich weiß, Katalina. Trotzdem: Wir brauchen eine Strategie.«
    »Eine Strategie?« Das war ein Aufschrei.
    »Wir müssen überlegt vorgehen, Katalina, verstehen Sie doch.«
    »Ich verstehe nur eins: Sie müssen denen sagen, was sie wissen wollen. Wenn Moritz etwas passiert …« Und dann schluchzte sie los. »Was zum Teufel wollen die überhaupt von Ihnen?«
    Geld. In einer Größenordnung von schätzungsweise 300 Millionen Euro. Dafür läßt man schon mal den einen oder anderen über die Klinge springen. Wahrscheinlich Henry Nowak. Womöglich Paul Grunau. Mit Sicherheit Benjamin Dimitroff.
    Aber Axt wollte mehr. Er wollte Rache. Und deshalb war das, was Katalina sich vorstellte, nicht möglich. Geld gegen Leben? So funktionierte das Katz-und-Maus-Spiel nicht. Axt würde keine Ruhe geben, bevor er sie nicht gedemütigt hatte. Nein, schlimmer: Er wollte sie leiden sehen. Auf sich selbst gab Mary nichts mehr, ihr könnte er die Fingernägel einzeln rausreißen, und sie würde immer noch über ihn triumphieren. Das wußte er. Schwach wurde sie, wenn er andere verletzte – Menschen, die ihr etwas bedeuteten, und wenn es nur der Verlobte aus einem anderen Leben wäre.
    Mary antwortete ausweichend. »Es ist nicht so einfach, wie Sie glauben, Katalina. Wir müssen den Gegner analysieren und einen Plan machen.«
    Die Cavic rückte von ihr ab und murmelte etwas, das wie ein saftiger bosnischer Fluch klang, das Gesicht voller Mißtrauen und Angst. Dann lief sie hinaus in die Nässe. Der Hund folgte ihr zögernd.
    Mary wartete, bis der Regen abebbte, und versuchte, sich zu konzentrieren. Die Lage war unübersichtlich, und es stand nicht zu ihren Gunsten.
    Als die Tropfen nur noch spärlich fielen, wagte sie sich unter dem schützenden Dach hervor. Die Luft war kühl und feucht, und das Licht der Straßenlaternen ließ den Asphalt glänzen. Blanckenburg sah wie frisch gewaschen aus.
    Im Hotel saß Carlo »Ich bin hier nur die Vertretung« hinter der Rezeption, starrte auf den Computerbildschirm und kaute. Das Stück Pizza, das er in der Hand hielt, sah kalt und fettig aus.
    Sie wollte an ihm vorbei zur Treppe, als er die Pizza sinken ließ und aufsah.
    »Frau Nowak? Es wurde etwas für Sie abgegeben.« Carlo legte sein Abendessen neben die Tastatur und wedelte mit einem Briefumschlag. Diesmal lächelte er nicht. Das war beruhigend.
    Sie nahm den Umschlag mit hinauf. Im Zimmer war es kalt, sie hatte die Balkontür offengelassen, auf dem Parkett hatte sich eine Pfütze gebildet. Sie schloß die Tür, opferte ein Handtuch, um den Boden trockenzuwischen, setzte sich auf das Bett und öffnete den Umschlag.
    Man kannte diese Art Fotos. Da sitzt ein Mann und hält eine Zeitung in die Kamera. Die Bild-Zeitung bietet sich an, weil man beim Groschenblatt die Schlagzeile gut erkennt. Das konnte man auch hier: »Sie küßten und sie schlugen sich«, lautete sie, daneben das Bild eines dieser dürren Models, das Mädchen sah tatsächlich aus wie nach einem ausgiebigen Ehekrieg.
    Der Mann hinter der

Weitere Kostenlose Bücher