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Doppeltes Spiel (German Edition)

Doppeltes Spiel (German Edition)

Titel: Doppeltes Spiel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Hille
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blätterte in seiner Sportzeitung. Geneviève hatte sich in den Lehnstuhl am Fenster zurückgezogen und unterhielt sich gedämpft mit Nicholas, der vor ihr auf dem Fußschemel kauerte. Lysette wechselte ein paar belanglose Worte mit Philippe, der sich dann wieder seiner Zeitung widmete, und setzte sich dankbar, dass niemand sie beachtete, wieder auf ihren Stuhl. Sie sah zu Nicholas und seiner Tante hinüber. Das Gespräch schien sich um ein Thema zu drehen, das beiden keine große Freude machte, nach ihren ernsten Mienen zu urteilen. Lysette verlor sich in der Betrachtung von Nicholas' Profil. So konzentriert und vertieft in das Gespräch mit seiner Tante hatte sein Gesicht alle Härte verloren, er sah erstaunlich jung und verletzlich aus. Lysette beobachtete, wie Geneviève sich vorbeugte und seine Wange berührte. Dann lachte sie und zog ein Taschentuch heraus, wischte damit über seinen Mundwinkel.
    Lysette überlief es heiß und kalt. Ihr Lippenstift war so verschmiert gewesen, dass sie sich hatte neu schminken müssen. Das, was seine Tante da gerade abwischte, war mit Sicherheit weder Buttercreme noch Schokolade. Sie sah, wie Geneviève ihr Taschentuch ansah, die Augenbrauen hochzog und das Taschentuch unter das Polster des Sessels stopfte. Sie sagte etwas zu Nicholas, der aufschaute und einen Blick zu Lysette warf, den man nicht anders als schuldbewusst bezeichnen konnte. Wie ein kleiner Junge, den man mit den Fingern in der Keksdose erwischt hat, dachte Lysette, während sie eilig den Blick abwandte. Sie wollte nicht, dass die beiden bemerkten, dass Lysette sie beobachtete.
    »Gib mir meinen Stock«, hörte sie Geneviève sagen. Nicholas half ihr auf und reichte ihr den Stock mit dem silbernen Knauf. Geneviève stützte sich schwer darauf und hinkte an den Tisch. Dort blieb sie stehen und sah von Philippe zu Lysette. Ein ironisches Lächeln kräuselte ihre Lippen, in diesem Moment sah sie Nicholas erstaunlich ähnlich. »Darf ich euch stören, ihr beiden Turteltäubchen?«
    Philippe sah von seiner Zeitung auf und machte ein fragendes Geräusch. Lysette spürte, dass sie rot wurde. »Madame Gaillard?«, sagte sie höflich.
    »Ich möchte ein paar Worte mit Ihnen reden, Margo.« Geneviève machte eine einladende Handbewegung. »Gehen wir in mein Arbeitszimmer.«
    Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend folgte Lysette der hochgewachsenen Frau ins Nebenzimmer.
    »Setzen Sie sich«, sagte Geneviève und deutete auf einen Sessel, der zu einer kleinen Sitzgruppe gehörte. Lysette nahm Platz und sah sich im Zimmer um. Es war erstaunlich nüchtern, fast männlich eingerichtet, mit dunklem Holz und Leder, einer Wand mit Bücherregalen und einem imposanten Schreibtisch.
    Geneviève öffnete eine Schublade des großen Möbelstücks und zog einen Aschenbecher, ein silbernes Feuerzeug und eine Schachtel Zigarillos heraus. »Nicholas kann es nicht leiden, wenn ich rauche«, sagte sie mit einem winzigen Zwinkern. »Sein Vater ist an Lungenkrebs gestorben. Nicholas hat es mir damals streng verboten.« Sie zuckte entschuldigend mit den Achseln und nahm ein Zigarillo aus der Schachtel, zögerte einen Moment und bot sie dann Lysette an.
    Die griff zu, ohne nachzudenken. Seit sie in Frankreich angekommen war, hatte sie keine Zigarette angerührt, was ihr erstaunlich leicht gefallen war. Aber wenn man etwas zu Rauchen so einladend unter die Nase gehalten bekam ...
    Erst, als Geneviève ihr Feuer gab und sie dabei spöttisch musterte, fiel Lysette ein, dass Margo immer viel Tamtam darum machte, Nichtraucherin zu sein.
    Lysette lächelte ein wenig kläglich zurück. »Rückfall in alte Gewohnheiten«, sagte sie.
    Geneviève steckte ihren Zigarillo in eine Spitze und zündete ihn an. »Wem sagen Sie das?« Sie atmete zarten blaugrauen Rauch zur Zimmerdecke und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Also, gestehen Sie, junge Frau. Was ist zwischen Ihnen und Nick?«
    Lysette nickte resigniert. Margo würde ihr den Kopf abreißen. Sie hatte ihre Mission hier von A bis Z in den Sand gesetzt, anders konnte man es kaum nennen.
    »Madame Gaillard ...«, begann sie, aber Geneviève unterbrach sie mit einer ungeduldigen Handbewegung.
    »Sie gehören schon so gut wie zur Familie.« Sie spitzte die Lippen und entließ ein dünnen Faden Tabakrauch. »Anscheinend inzwischen sogar in doppelter Hinsicht. Also bitte, nennen Sie mich ruhig Tante Geneviève, wie die Jungs.« Ihre beunruhigend hellen Augen ließen Lysette nicht aus dem

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