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Doppeltes Spiel (German Edition)

Doppeltes Spiel (German Edition)

Titel: Doppeltes Spiel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Hille
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schwerfallen, Nicholas nicht wiederzusehen. Aber mehr noch - bevor sie Frankreich verließ, musste sie ihm auf irgendeine Weise klarmachen, dass die Margo, die zurückkehrte, um Philippe zu heiraten, nicht das für ihn empfand, was sie, Lysette, an Gefühlen für ihn hatte. Ihre Schwester, die echte Margo, würde ihm wieder mit kühler Gleichgültigkeit, wenn nicht sogar mit Verachtung, begegnen. Lysette wollte nicht, dass er dadurch verletzt wurde. Aber was konnte sie ihm sagen, wie sollte sie ihm das nur erklären?
    Ich werde mich mit ihm streiten müssen, dachte sie, und ihr Herz wurde noch schwerer. Richtig streiten. Böse, verletzend, endgültig. Der Gedanke machte sie schrecklich traurig.
    »Ich gehe schon mal vor und hole das Auto«, hörte sie Philippe verkünden. »Es wäre aber nett, wenn ihr in ein paar Minuten vors Haus kommt, ich kann hier schlecht stehen bleiben.«
    Er verabschiedete sich von seiner Tante und ging hinaus. Lysette stand mit unbehaglich verschränkten Armen da und wartete, bis Nicholas Geneviève ins Haus geleitet hatte und wieder nach unten kam.
    »Du frierst ja. Hast du keine Jacke?«, fragte er.
    Sie verneinte. »Im Auto.«
    Er zog sein Jackett aus und legte es ihr fürsorglich um die Schultern, obwohl sie protestierte. »Mir ist es warm«, sagte er und öffnete die Tür auf die Straße.
    Lysette fühlte sich wie in eine andere Welt versetzt. Es war stickig und laut, Mopeds knatterten ohrenbetäubend durch die schmale Straße, Passanten riefen und lachten laut, aus den Fenstern schallte der Ton von einem Dutzend Fernsehern und Radios, Töpfe klapperten, es roch nach Fisch und Knoblauch und menschlichen Ausdünstungen. Lysette musste dem Impuls widerstehen, sich die Ohren oder wenigstens die Nase zuzuhalten.
    Nicholas legte den Arm um ihre Schulter und zog sie an sich. »Es ist immer ein kleiner Schock, wenn man aus dem Haus tritt«, sagte er mit einem Lächeln. »Was glaubst du, wie ich mich fühle - ich bin ein Bauer, mir war die Stadt immer ein bisschen fremd.«
    »Du bist kein Bauer«, widersprach Lysette, der der abfällige Klang seiner Worte einen Stich versetzte. »Du bist der feinste, wohlerzogenste ...«, sie unterbrach sich hastig und hüstelte verlegen.
    »Na«, sagte er. »Na, na. Nun übertreibst du aber.« Sie hörte das Lächeln in seiner Stimme. Der Druck seines Armes und die Wärme seines Körpers ließen den Wunsch, ihn zu umarmen und ihm alles zu gestehen, übermächtig werden. »Nick«, hörte sie sich sagen, »Nick, ich muss dir etwas ...«
    In diesem Moment blendeten sie die starken Scheinwerfer eines großen Autos. Das Licht blendete einmal kurz auf, erlosch zu einer Standbeleuchtung. »Da ist Philippe«, rief sie erleichtert und gleichzeitig enttäuscht.
    »Da ist Philippe«, bestätigte er. Seine Stimme klang seltsam, aber als sie ihn ansah, war seine Miene neutral und freundlich. Seine große Hand schob sie sanft zum Auto. »Fahren wir also nach Hause, liebste Schwägerin.«

10. Kapitel
    P hilippe ging sofort zu Bett, nachdem er Lysette herzlich auf beide Wangen geküsst und »Schlaf gut, mein Goldstück« gesagt hatte. Lysette war todmüde und aufgedreht zugleich. Sie zog dicke Socken über die Füße, schlüpfte in ihre bequemste Hose und das Lieblingshemd und ging in die Küche des Mas, um sich eine Tasse Schokolade zu kochen. Sie lehnte sich an die Spüle aus Stein, trank das bittersüße Gebräu und dachte über all das nach, was Geneviève ihr erzählt hatte. Bilder tanzten durch ihren überreizten Geist: Nicholas und eine Frau ohne Gesicht, die ein kleines Kind im Arm hielt, Philippe, der lachend am Steuer seines Wagens saß, Charlot, der sie verschmitzt anblinzelte, das langsam verfallende alte Gut mit seinen dunklen Holzbalken und den schweren Möbeln, zwischen denen Schatten und Kälte nisteten, Demoiselle, die mit wedelndem Schweif vor ihr herlief, sich immer wieder nach ihr umsah, Nicholas, der sie heftig gegen das Waschbecken stieß und sich mit wutverzerrter Miene über sie beugte, Nicholas, der ihr seine Jacke umlegte und dabei ihre Schultern berührte, seine großen, zuverlässigen Hände, deren Griff so eisenhart und unbarmherzig sein konnte - und so sanft und zärtlich ...
    Lysette rieb sich heftig über die Augen und das Gesicht, spülte die Tasse unter dem Wasserhahn ab und stellte sie umgekehrt auf die Spüle. Dann löschte sie das Licht und ging ins Bett, um sich dort hellwach und kribbelig von einer Seite auf die andere zu

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