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Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Schwere Felsbrocken und Gefäße mit brennendem Tran flogen in hohem Bogen einige Hundert Schrittlängen weit und krachten donnernd in die Heerscharen der Riesen.
    Tiefes, wütendes Gebrüll erhob sich auf der Ebene. Einige der großen Gestalten fielen, doch bei Weitem nicht genug. Die Flächenwirkung der Geschosse war zu gering. Die große Masse bewegte sich weiter unablässig auf uns zu.
    Rasant passierten die Riesen eine Markierung nach der nächsten und waren viel zu schnell schon an der letzten, womit sie nahe genug für Andraks Bogenschützen waren. Pfeilhagel um Pfeilhagel prasselte zischend auf sie nieder und tatsächlich gingen einige von ihnen darunter zu Boden. Aber die meisten Treffer konnten der Masse der Riesen nicht viel anhaben – sie waren zwar schmerzhaft, aber nicht tödlich. Nichts konnte die gigantische Armee ins Stocken bringen.
    Dann konterten die Riesen. Mit großen Stabschleudern verschossen sie Steine, so groß wie Menschenfäuste. Die meisten prasselten mit heftigen, dumpfen Aufschlägen gegen den Wall und seine Zinnen aus Holz, hinter denen wir Deckung suchten. Aber einige der Steine fanden ihr Ziel. Kaum eine Handvoll Schrittlängen neben mir klatschte ein Stein gegen den Helm eines jungen Harjenner Wachmanns. Es gab ein Geräusch, als hätte jemand auf einen gefüllten Kessel geschlagen und das Gesicht des Mannes explodierte in einer blutigen Wolke. Der Schrecken der Schlacht hatte endgültig auf den Wällen Lukaes Einzug gehalten. Schreie von Schmerz und Entsetzen waren jetzt immer und immer häufiger zu vernehmen.
    Ich lehnte mit dem Rücken an einer der mächtigen hölzernen Zinnen. Lautes Hämmern und Vibrieren im Rücken verrieten mir jeden Einschlag eines der geschleuderten Steine. Als der lautstarke Geschosshagel nachließ, lugte ich seitlich an der Zinne hervor, um herauszufinden, was vor sich ging.
    Die ersten gewaltigen Leitern hatten die Nähe der Wälle erreicht. Sie hatten Holme, die aus ganzen Baumstämmen gemacht schienen. Die Riesen stemmten sie hoch und schon fielen einige von ihnen krachend mit den oberen Enden gegen Brüstung und Zinnen. Jede Leiter war so schwer, dass sie ihrerseits ein kleines Beben heraufbeschwor.
    Ich deutete mit Erlenfang auf die Enden der Holme und brüllte über den Lärm hinweg: »Werft sie um! Werft sie um!«
    Kräftige Harjenner stemmten sich gegen die Holme und versuchten sie teils mit den Händen, teils mit Hilfe von Forken wieder umzustoßen. Ich legte selbst Hand an die Leiter, die mir am nächsten stand. Doch diese Leitern erwiesen sich als viel zu schwer – sie umzustoßen war nur bedingt und nur unter absurd hohem Kraftaufwand zu bewerkstelligen. Mit unserer Leiter gelang es schließlich nach immenser Anstrengung. Die nächste, die mir in den Blick geriet, war bereits von zwei mächtigen Riesen besetzt, deren zusätzliches Gewicht es den Männern unmöglich machte, sie noch zu kippen. Ich machte mich drängelnd auf den Weg dorthin.
    Verdammt! Ich hätte gerne befohlen, die Leitern mit Öl zu tränken und anzuzünden – doch wir saßen in einer gewaltigen Festung aus Holz. Wenn wir hier Öl in Brand setzten, liefen wir Gefahr, die eigenen Befestigungsanlagen dem Feuer preiszugeben.
    »Öl!«, schrie ich wie wild den Befehl. »Bringt Öl her!«
    Trotzdem! Öl allein war vielleicht schon die Lösung. Wenn wir die schweren Leitern schon nicht kippen oder gar abbrennen konnten, dann konnten wir sie wenigstens so rutschig wie nur möglich machen.
    Der nackte graue Oberkörper eines Riesen lugte am oberen Ende der Leiter empor. Er hatte eine schwere, verzierte Keule in der Rechten und schlug damit gewaltsam zwischen zwei Zinnen. Er traf einen Mann damit, der brach wie ein morscher Ast. Wieder holte der Riese aus, doch diesmal ging seine Keule ins Leere. Ich steckte Erlenfang zurück in die Scheide und riss einen Spieß aus einem der Waffenständer. Mittlerweile erreichten auch anderenorts die ersten Riesen die Enden der Leitern. Ich warf mich gegen die Zinne und wartete. Wuchtig schmetterte die Keule auf den Wehrgang eine halbe Schrittlänge neben mir und ließ Holzsplitter fliegen. Postwendend stach ich mit voller Kraft zu und trieb den Spieß in den Ellenbogen des Riesen und durch seinen Arm hindurch. Ein elendes Heulen ertönte, während der Arm zurückschnellte und ich von den Beinen gerissen wurde. Doch ein weiterer Harjenner hatte bereits die Initiative ergriffen und dem Riesen seinerseits einen langen Speer tief in die

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