Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
Vom Netzwerk:
nicht überlebten.
    Härter wurden die Kämpfe, als unsere Angreifer mit den zwischenzeitlich fertiggestellten Belagerungstürmen anrückten. Zwar gelang es uns durch heißes Öl und Feuer einige der Türme in Brand zu stecken, andere wiederum erreichten die Mauern schadlos. Und so begannen die Kämpfe, sich direkt auf die Mauern zu verlagern. Heldentaten waren selten. Eine Ausnahme bildeten die Harjenner, die trotz ihrer geringen Zahl von etwa zwei Dutzend unter dem Kommando von Leonhrak einen der Türme im Alleingang stürmten und die Truppen von Gamar im Innern völlig vernichteten, bevor sie Feuer im Turm legten. Bereits am ersten Tag, an dem wir uns mit dem Belagerungstürmen abplagen mussten, stieg die Zahl der Gefallenen auf unserer Seite merklich. Hatten von meinen hundertundfünfzig Ordensleuten bisher gut hundertundvierzig die Kämpfe gegen die Leiterangriffe größtenteils schadlos überstanden, fielen alleine an diesem Tag über ein Dutzend weitere. Und das, obwohl die Krieger und Kriegerinnen des Ordens allesamt hervorragend ausgebildete Kämpfer waren.
    Schließlich kam der siebte Morgen, den die Kämpfe andauerten. Und eine Entscheidung lauerte.
    Denn was die Späher auf dem Dach des Palastes, droben beim Leuchtfeuer, an diesem frühen Morgen zu Gesicht bekamen, ließ die Herzen aller höher schlagen.
    Segel waren am nordöstlichen Horizont zu sehen. Großflächige Segel, gestreift und mit wilden Mustern. Die Farben oben an den Masten jedoch waren eindeutig: Weiß und fliederfarben. König Fjelding hatte mit seiner Flotte und Armee den Weg die lange Ronar entlang tatsächlich bereits zurückgelegt.
    Sorge machte uns allerdings die geringe Zahl der Harjenner Schiffe. Wir zählten etwa fünfzig, was einer geschätzten Mannstärke zwischen tausendfünfhundert und zweitausend Kriegern entsprach. Auch wenn die Harjenner wilde und entschlossene Kämpfer waren, hart im nehmen und schwerlich unterzukriegen … Diese Zahl reichte bei Weitem nicht aus, um unseren Belagerern gefährlich in den Rücken fallen zu können. Deren Zahl war höchstwahrscheinlich um das Fünfzehnfache höher.
    In der Ehernen Halle entbrannte an diesem Morgen eine hitzige Debatte darüber, denn die Ausgangslage war kompliziert. Tatsache war, dass Fjelding mit seinen Männern unmöglich bis nach Anselieth durchbrechen konnte. Die Truppen von Gamar hatten die östliche Hälfte der Belagerungslinie inne und sie würden Fjeldings Flotte mit Brandpfeilen spicken, wenn er es wagen sollte, an den Linien Gamars vorbei in die Stadt zu segeln. Auf der anderen Seite konnten die Harjenner auch nicht ihre Schiffe gen Osten verlassen und die Sümpfe von Leith durchqueren. Sie würden sie mit voller Truppenstärke umgehen müssen, um auf die befestigte Küstenstraße zu gelangen, was sie bis zu einer Woche Zeit kosten würde.
    Leonhrak kannte das Temperament seiner Landsleute und den Hang seines Vaters, pragmatische Entscheidungen zu treffen.
    »Er wird versuchen, ihnen direkt in den Rücken zu fallen«, erklärte Leonhrak aufgebracht in unserer kleinen Runde. Und genau diese Vermutung bereitete uns Kopfzerbrechen. Selbst Eklipto von Pantus, der gewiefte Militärstratege, schaute mit gequältem Gesicht drein.
    »Mein Vater weiß, was seine Männer im Blutrausch anzurichten imstande sind. Er weiß, dass ich hier in Anselieth eingeschlossen bin und er wird alles daransetzen, uns die beste Chance zu verschaffen, die wir in seinen Augen bekommen können.«
    »Er wird also sehenden Auges in Gamars Rücken stürmen«, stellte Eklipto besorgt fest.
    »Ja, verflucht.«
    »Dann wäre es vom Kriegsgeschick des Königs abhängig, welchen Vorteil er uns damit erkaufen könnte. Im besten Falle dezimiert er die Truppen Serions derart, dass sie moralisch versagen.«
    »Dann bliebe Gramenfeld übrig und eventuelle Reste von Gamar«, nickte Lemander. »Was es uns erheblich erleichtern würde, bis zur Ankunft Lilienbachs hier auszuharren.«
    »Und im schlimmsten Fall würde es zweitausend Harjennern, ihrem König und ihrem jüngsten Prinzen das Leben kosten, richtig?«, bemerkte ich angewidert von dem einfachen, taktischen Hin- und Herschieben von Menschenleben.
    »Im schlimmsten Fall?«, fragte Eklipto rhetorisch. »Wenn es zutrifft, was Prinz Leonhrak erzählt, dann tut es das in jedem Fall. Ich habe die Harjenner auf unseren Mauern kämpfen sehen und weiß, dass sie Gamar erheblich zusetzen würden. Aber ganz egal, wie man es dreht und wendet, ein direkter Angriff

Weitere Kostenlose Bücher