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Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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etwas mehr. Ich wusste nicht, wer sie war, aber sie stach deutlich aus den Versammelten heraus. Ab und an flüsterte sie sich mit Alen etwas zu.
    Nun trat der Kopf der Versammelten hervor. Auch er fiel eindeutig aus dem Rahmen, im positiven Sinne.
    Ein stattlicher Mann in Hermelinks Alter. Seine Haut war nussbraun und sein Bart war schwarz wie Ruß, doch sehr säuberlich gestutzt und rasiert. Er wirkte fremdländisch auf mich, trug jedoch eine prächtige Rüstung, so sehr poliert, dass sie beinahe von selbst Sonnenstrahlen auszusenden schien. Eingraviert war eine riesige gen Himmel gereckte Faust. Umflattert wurde er von einem makellos weißen Umhang, auf dem dasselbe Emblem in blau abgebildet war.
    Natürlich, der Großmeister des Ordens der Steinernen Hand  – jener mächtigen und hervorragend ausgebildeten Truppen, die direkt dem Befehl des Königs unterstanden. Des Königs Exekutive und Garant seiner uneingeschränkten Macht.
    Selbstverständlich kannte ich seinen Namen, hatte den Mann aber noch nie zuvor gesehen.
    »Markgraf Deckard von Falkenberg«, rief er aus. Nein, eigentlich sprach er es nur, doch die natürliche Autorität und Präsenz, die er ausstrahlte, reichte, um den gesamten Innenhof auszufüllen. Alles verstummte. Er stammte eindeutig nicht aus dem Ehernen Reich, sondern aus dem tiefen Süden. Seine Stimme klang freundlich, aber es lag auch eine bestimmte Schärfe darin. Allerdings besaß sie keinen hörbaren Akzent.
    Ich nickte ihm zum Gruß zu.
    »Amondo Lakarr, nehme ich an?«, war meine rhetorische Frage und der Angesprochene nickte seinerseits.
    Ich stieg vom Pferd.
    »Fühl dich willkommen, Graf!«
    Amondo machte einige Schritte auf mich zu und umfasste in einer beinahe brüderlichen Geste meinen Unterarm zum Gruß. Etwas erstaunt ließ ich ihn gewähren.
    »König Hroth hat viel von dir gehalten, Graf«, sagte er. »Umso schöner ist es, dich wohlbehütet hier zu wissen.«
    »Wohlbehütet ist wahrscheinlich Auslegungssache«, meinte ich trocken. »Dennoch schön, endlich angekommen zu sein.«
    Das war gelogen. Um nichts in der Welt wollte ich hier sein, hier in dieser Stadt, hier in diesem Palast. Aber es half nichts. Dass der Großmeister als engster Vertrauter des verstorbenen Königs mir jedoch so vorbehaltlos entgegentrat, stimmte mich milder.
    »Wie ist die Lage?«, fragte ich, um der Floskelhaftigkeit genüge zu tun.
    »Ihr seid die Letzten«, klärte Amondo mich auf. »Aber ihr seid nicht zu spät. Gestern erst traf das Haus Gamar ein.«
    Das war schon einmal beruhigend. So würde man mir wenigstens das nicht vorhalten können.
    »Aber ich denke, die Beisetzung sollte nun so schnell wie möglich vollzogen werden«, fuhr Amondo fort. »Wie sieht es mit deinen Leuten aus, Deckard? Wie erschöpft seid ihr von der Reise?«
    Ich zuckte die Schultern. Ich war wenig erpicht darauf, doch die Bestattung in den königlichen Krypten tief im Fels der Klippen war seit jeher im Beisein aller Herrscher des Reiches geschehen. Solange wurde der Leichnam des Königs einbalsamiert und in der Aanshalle aufgebahrt. So hatte ich es zumindest vor unserer Abreise noch gelesen.
    »Das letzte Stück haben wir auf See zurückgelegt. Es war nicht sehr strapaziös«, gab ich eine ehrliche Einschätzung meiner körperlichen Kraftreserven ab.
    »Wäre also heute Abend bereits ein möglicher Termin?«
    »Hm«, überlegte ich. Mir fiel kein Grund ein, weshalb nicht. »Ich denke schon.«
    »Das freut mich zu hören. Dann setzen wir die Beisetzung bei Sonnenuntergang an. Alles ist vorbereitet, und je eher wir dieses traurige Ereignis hinter uns bringen, desto besser.«
    »In Ordnung«, nickte ich.
    »Sehr gut. Ihr seid im Ostturm untergebracht und werdet unverzüglich dorthin geleitet«, beendete Amondo seine Einweisung. »Ihr wohnt dort gemeinsam mit unseren Gästen aus dem Seenland. Ich dachte, das sei am einfachsten. Überlasst Pferde und Gepäck einfach unserem Personal. Ihr seid in guten Händen, wenn nicht gar in den Besten.«
    Amondo verabschiedete sich mit einem gewinnenden Lächeln seiner blitzweißen Zähne. Ich dankte ihm und entließ ihn. Ich wusste alles, was ich wissen musste. Obwohl ich noch nie erlebt hatte, das ein König verstarb und ein neuer gewählt wurde, wusste ich leider nur zu gut, wo sich die königlichen Krypten befanden. Ich würde mich rechtzeitig einfinden.
    Ich gab meine Informationen an Hermelink weiter. Seine Männer und Frauen waren jetzt vom größten Teil ihrer Pflichten entbunden.

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