Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
Vom Netzwerk:
zeterten, schubsten und drängelten und waren vor allem unfreundlich. Besondere Schutzrechte wurden nur den richtigen Bürgern der Stadt zuteil. So groß und prächtig die Stadt aus der Ferne wirkte, um so tiefer schien der Moloch, wenn man sich erst einmal in ihr befand.
    Wir legten an einem langen Kai an, auf dem Männer Pferde und Waren entluden. Da wir uns lediglich zur Passage eingemietet hatten, konnten wir nicht in den königlichen Docks bei den Klippen unterhalb des Palastes anlegen. Für ein Schiff, das ausschließlich uns transportierte, war ich nicht bereit die Mittel auszugeben. Während Hermelink die Männer und Frauen fertig zum Aufbruch machte, entlohnte ich den Schiffsherren mit der zweiten Hälfte der ausgemachten Summe. Auch so war es in den Augen vieler einfacher Leute sicher schon eine erschreckender Betrag, den ich ausgeben musste.
    Etwa eine Stunde später bestiegen wir die Pferde. Lia und Lemander, sowie Wobert von Loh und der königliche Gardist Relend hielten sich stets in meiner Nähe auf. Die Garde hatte Rüstungen angelegt und Standarten gehisst. Die Männer und Frauen umschirmten uns und gemeinsam begaben wir uns in den nicht abreißenden Strom auf den Hauptstraßen, denen wir eine ganze Weile bis zum Palast folgen mussten. Doch die Menschenmenge gab meist die Passage äußerst geschwind frei – niemand wollte einer Traube aus gepanzerten Reitern zu lange im Weg stehen.
    Relend von Ansannen ritt voran und schrie unser Eintreffen mit Phrasen voraus, wie »Macht Platz, liebe Leute!«, »Tretet zur Seite für den ehrenwerten Markgrafen zu Falkenberg und sein Gefolge!« oder einfach »Aus dem Weg!«.
    »Wieso leben Menschen denn in derart großen Ansammlungen?«, wunderte sich Lia an meiner Seite. »Sie haben doch ein riesiges Reich, da brauchen sie doch nicht an einem solch engen Ort zusammenzurücken.«
    »Hier geschehen eben die interessantesten Dinge«, versuchte ich unbeholfen gegen das Stimmengewirr um uns herum anzuschreien.
    »Ja?«, fragte sie. Und zum ersten Mal schwang offen Kritik in ihrer Stimme mit, als sie ausführte: »Was an diesem Ort kann interessanter sein als die Mooskinder tanzen zu sehen?«
    Ich erschrak, als mir klar wurde, dass ich keine Antwort auf ihre Gegenfrage wusste.
    Lemander war es, der mir notdürftig aushalf.
    »Menschen finden eben andere Dinge interessant als Elben, liebe Lia. Und tu bitte nicht so, als sei dir das nicht bereits aufgefallen!«
    Lia blickte verlegen die Straße entlang in eine andere Richtung.
    Aha, so lief der Hase also! Meine liebe unschuldige Schutzbefohlene Lia wusste etwas mehr vom Lauf der Dinge in der Welt der Menschen, als sie durchschimmern lassen wollte. Das würde ich mir merken! Doch gerade galten meine Interessen anderen Umständen.
    Wir passierten das Handwerkerviertel und den Markt, die Tempelstadt und das Viertel der Aristokraten, das bereits am Hang lag. Während des Aufstiegs zu den Klippen begegneten uns immer weniger Menschen und die Geschäftigkeit nahm ab. Hier lebten vor allem Adelige und reiche Kaufleute oder unterhielten teure Zweitresidenzen.
    Relend von Ansannen war vorausgaloppiert, um unsere Ankunft im Palast anzukündigen, nachdem er als Führer nicht länger benötigt wurde.
    Schließlich erhob sich vor uns das Gelände des Palastes mit seiner weitläufigen Außenmauer, die gerade in Kontrast zu den Türmen wirkte, als sei sie für eine Spielzeugburg gebaut. Dennoch war sie natürlich massiv und vom besten Mauerwerk, das im Reich zu finden war.
    Die Palasttürme ragten dahinter wie Monumente auf. Im gesamten Ehernen Reich gab es kein von Menschenhand errichtetes Bauwerk, das es auch nur im Ansatz mit ihnen aufnehmen konnte.
    Lia reckte unverhohlen den Kopf in den Nacken, während die Gardisten versuchten, nicht allzu auffällig einen Blick zu riskieren. Ich hingegen fühlte mich, als würden die unendlich hohen Türme mich unter sich begraben wollen. Ich konnte ihre Last praktisch auf meinen Schultern spüren. Dieser Palast war für mich nicht mehr als ein gewaltiges, nimmersattes Ungeheuer, das mit weit geöffnetem Maul nur darauf wartete, dass man kam und sich von ihm verdauen ließ.
    »Hier stand einst ein anderer Palast«, sprach Lia verloren vor sich her. »Vor langen Jahren haben an dieser Stelle meine Vorfahren regiert.«
    Es durchzuckte mich unangenehm. Ja, das war richtig. König Aan hatte vor über dreihundert Jahren die Fürstentümer und Stämme des Gebietes geeint, aus dem er später das Eherne

Weitere Kostenlose Bücher