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Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Doch trotz des an diesem Ort allgegenwärtigen Ordens der Steinernen Hand, der alle Wachdienste stolzen Herzens übernahm, bestand ich darauf, dass Lia von meinen Leuten gesondert bewacht wurde.
    Zusammen mit den königlichen Bediensteten, machte sich mein Tross umgehend daran, die Residenz zu beziehen. Lediglich zwei meiner Soldaten blieben auf Hermelinks Befehl an meiner Seite.
    Während sich die Traube im Innenhof langsam auflöste, trat nun endlich Alen Wetmann hervor – einer meiner wenigen Freunde in der politischen Welt. Mit einem breiten Lachen auf dem Gesicht umarmte er mich.
    »Deckard«, sagte er. »Schön, dass du den Weg hierher geschafft hast.«
    Er trat einen Schritt zurück und musterte mich. Ich tat es ihm gleich. Der Mann wirkte äußerst lebendig dafür, dass er die sechzig Sommer bereits seit einigen Jahren hinter sich gelassen hatte. Sein rundes, glattrasiertes Gesicht, strahlte und das einzige Anzeichen seines fortgeschrittenen Alters waren sein Bauch und der schwere Mantel mit Pelzkragen, den er trotz der Frühlingssonne trug.
    »Hallo Alen«, meinte ich erleichtert. »Es tut gut, dich zu sehen. Wenigstens einer, der mir nicht gleich um die Ohren hauen wird, wie provinziell und rückständig sowohl Falkenberg als auch meine eigene Meinung seien.«
    Die Fröhlichkeit in Alens Gesicht schlug zu einem breiten Grinsen um.
    »Hört, hört«, lachte er. »Du meinst, bei mir kannst du dich noch etwas stärken, bevor Serion von Gamar kommt und dich auf deine Defizite hinweist.«
    Genau das meinte ich. Angesichts dessen konnte ich meine Abreise von hier im Grunde gar nicht erwarten.
    »Ich muss doch sehr bitten«, fuhr nun die große Frau dazwischen, die ich schon vom Pferd aus erblickt hatte. Sie war nur ein paar Fingerbreit kleiner als ich. Ungewöhnlich. Ungewöhnlich hübsch war hingegen ihr Gesicht. Sie hatte smaragdgrüne, aufgeweckte Augen und langes, goldenes Haar, das ihr in Wellen fast bis auf die Taille fiel.
    »Entschuldige, meine Liebe«, grinste Alen weiter. »Lieber Deckard, darf ich dir Ellyn von Gamar vorstellen?«
    Oh, dachte ich bei mir. Da sind sie auch schon, die Schwierigkeiten . Besonders der Markgraf Serion von Gamar war dafür bekannt, Falkenberg auch schon mal öffentlich die Fähigkeit zum eigenständigen Fürstentum abzusprechen.
    »Serions Tochter«, fing ich mich. »Hoch erfreut!«
    Ich deutete eine Verbeugung an.
    Alen gab mir einen freundschaftlichen Stoß mit der Faust vor die Schulter. »Bist du nicht.«
    »Hm«, machte ich. »Ich kenne dich nicht, Ellyn. Von daher bin ich tatsächlich erstmal erfreut, deine Bekanntschaft zu machen.«
    »Ist schon in Ordnung«, winkte sie lächelnd ab. »Mein Vater hält wirklich nicht besonders große Stücke auf dich. Genau deshalb musste ich herkommen und mir selbst ein Bild machen.«
    Ich wusste nicht, ob ich mich geschmeichelt oder geringgeschätzt fühlen sollte.
    »Dann«, lächelte sie geheimnisvoll, jedoch auf keinen Fall unfreundlich, »will ich der Wiedersehensfreude mal nicht im Wege stehen. Wir sehen uns spätestens heute Abend.«
    Oh ja, das werden wir , dachte ich grimmig und unschlüssig, ob ich mich in irgendeiner Form auf das Beisammensein freuen konnte. Immerhin schien Ellyn nicht allzu voreingenommen zu sein. Ich hoffte bloß, dass Serion nicht zu sehr auf sie abfärbte in dieser Hinsicht.
    Sie verließ uns und stolzierte mit langen Schritten über den Hof in Richtung des Hauptturmes.
    »Komm«, schlug Alen vor. »Ich bring dich in den Ostturm. Immerhin haben sie uns zusammen dort in bester Nachbarschaft einquartiert. Ein wenig Fingerspitzengefühl für Leute, die sich besser oder weniger gut riechen können, hat Amondo also offenbar.«
    Wenn um jeden Menschen derart viel getrauert würde wie um einen König, müsste die Welt in andauerndem Jammer versinken.
    Ich nahm Hermelink neben Wobert von Loh als einzigen Begleiter mit mir und wir kamen bewusst um ein Haar zu spät. Es gab nicht viele Dinge auf dieser Welt, zu denen ich noch weniger Lust verspürte, als mit den politischen Größen des Reiches eine Bestattung und eine anschließende Trauerfeier zu begehen.
    Wir hatten elegante, dunkle Kleidung gewählt (wobei ich Hermelink ein wenig aushelfen musste) und Schärpen in den Braun- und Grüntönen Falkenbergs. Am Gürtel trugen wir kleine Wimpel mit einem gestickten Falkenfeder-Wappen. Wobert trug selbstverständlich sein eigenes Banner, das jedoch auch eine Variante der Falkenfeder war.
    Der Trauerzug, der von

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