Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
Vom Netzwerk:
losen Zopf gebunden war.
    Sie lachte gewinnend und ihre Augen strahlten in hellem Grün, wie Edelsteine an der Sonne.
    Gegen ihr Äußeres musste meine zweckmäßige Geschäftskleidung, die ich den ganzen Tag über getragen hatte, ungleich plumper wirken. Wenigstens meine schlammigen Stiefel hatte ich getauscht und zum Putzen gegeben, nachdem ich von meiner Unterredung mit Minelglain zurückgekehrt war.
    »Guten Abend, Markgraf von Falkenberg«, sagte Ellyn. Es klang beinahe ein wenig zu nüchtern, aber dennoch hübsch.
    »Guten Abend, Erbin des Hauses von Gamar«, grüßte ich zurück und verbeugte mich galant vor ihr. »Wie geht es dir? Wird das Konklave endlich müde und entscheidet sich für dich?«
    »Schön wär’s. Nein, sie debattieren, als ob sie es bis zum Winter aussitzen wollten. Delan von Gramenfeld steht mindestens ebenso gut da wie ich.«
    Ich wies sie mit einer Hand in Richtung des Tisches.
    »Was für eine Schande«, spöttelte ich. »Dass ausgerechnet Gramenfeld und Gamar sich so uneins sind.«
    »Komisch, nicht wahr?«, stieg sie darauf ein. »Kaum ist die Stelle auf dem Thron vakant, werden Vernunft und Versprechen über Bord geworfen.«
    Höflich rückte ich ihren Stuhl, um sie darauf Platz nehmen zu lassen. Die Kammerdiener hatten ganze Arbeit geleistet. Auf dem Tisch standen zwei große Kerzenständer und mehrere große Kandelaber waren im Raum verteilt, um Licht zu spenden. Vor der Tür zum Balkon hingen schwere Vorhänge, das Regenwetter war bis auf Weiteres ausgesperrt.
    Ich nahm selbst Platz und faltete die Hände im Schoß.
    »Wieso hat dein Vater einen Elb als Berater?«
    Die Frage war sehr direkt, das wusste ich. Die Enttäuschung auf Ellyns Gesicht folgte auf dem Fuße.
    »Also spielen wir hier doch politische Ränkespielchen?«, meinte sie trocken. »Das ist schade, denn eigentlich hatte ich mich auf einen eher vergnüglichen Abend gefreut. Politik umgibt mich schon den ganzen Tag.«
    »Das ändert sich nicht, wenn du auf dem Thron sitzt.«
    Ich biss mir auf die Unterlippe. Verflucht! Das hatte ich so nicht sagen wollen.
    »Entschuldige«, schob ich hinterher. »Ich bin gehetzt.«
    »Von der Politik?«
    »Ja«, gestand ich zerknirscht. »Abseits des Konklaves laufen die Dinge nicht so, wie sie sollten.«
    »Und deshalb ist der Elb wichtig?«
    Ich hob entschuldigend die Schultern. »Ich weiß nicht. Irgendwie ist Linus …«
    Ich suchte nach einer passenden Umschreibung.
    »…  unheimlich , meinst du?«, beendete sie meinen Satz.
    »Unheimlich, ja.«
    »Das sehe ich genau so.«
    »Tut dein Vater das auch?«
    »Hm, ich glaube, einige Leute in diesem Palast würden meinen Vater selbst als unheimlich bezeichnen.«
    Ich lachte auf. »Ich fürchte, du musst mich mitunter dazuzählen.«
    Damit hatte ich zum ersten Mal ein echtes Lächeln auf ihr Gesicht gezaubert. Es wirkte wissend und auch irgendwie gönnerhaft.
    »Seine neueste Idee ist, dass du womöglich eine Intrige spinnst, um den Thron an dich zu reißen«, erklärte sie frei heraus.
    Jetzt allerdings blieb mir das Lachen im Halse stecken.
    »Das ist nicht dein Ernst?«, fragte ich ungläubig.
    »Meiner nicht, aber seiner. Er ist davon überzeugt, dass du deine aktuelle Machtstellung nicht ohne Weiteres wieder aus der Hand geben wirst.«
    »Aber …«
    »Keine Panik!«, beruhigte Ellyn mich. »Er steht damit allein auf weiter Flur da.«
    »Trotzdem beunruhigend.«
    »Wenn du meinst. Aber mal ganz ehrlich: Würdest du König bleiben wollen?«
    Diesmal verzichtete ich auf die Erklärung, dass ich immer noch kein König sei. Stattdessen war ich ehrlich. Einfach ich, Deckard von Falkenberg.
    »Nein«, sagte ich entschlossen. »Je früher ich diese Bürde wieder loswerde, desto lieber ist es mir. Die große Bühne ist nichts für mich.«
    »Dafür machst du dich allerdings ganz gut auf ihr.«
    Sie spitzte die Lippen. »Es ist fast ein wenig so, als wärst du dafür geboren, möglichst unauffällig zu regieren, Deckard.«
    »Was meinst du mit unauffällig ?«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich meine, du triffst einen Haufen Entscheidungen jeden Tag und du machst kein großes Theater darum.«
    »Das braucht es ja auch nicht«, betonte ich. »Die Menschen, die von Leuten wie uns regiert werden haben nichts von dem Spektakel. Das ist nichts für mich. Sollen sich andere gerne hochherrschaftlich feiern lassen.«
    Ellyn nickte bedächtig.
    »Und genau so eine Königin will ich sein«, sagte sie schließlich. »Ich habe das ganze adelige Getue

Weitere Kostenlose Bücher