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Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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nicht erst mit übermäßiger Respektlosigkeit zu versuchen brauchte.
    »Ich würde zu gerne wissen, was du in den Diensten der Familie von Gamar suchst, Elb«, eröffnete ich das Spiel. Es war kein allzu direkter Zug, aber ich hatte keine Hoffnung, einen Elben in Bezug auf meine Absichten täuschen zu können.
    »Eine ehrlich Anstellung. Ich werde entlohnt für ehrliche und gute Arbeit«, konterte Linus. Die Züge seiner unteren Gesichtshälfte zeichneten sich beinahe bleich gegen die schwarze Kapuze ab.
    »Ich kann mir kaum vorstellen, dass Serion von Gamar freiwillig einen Elben eingestellt hat.«
    Schweigen.
    Dann nahm Linus seine Kapuze beim Rand und zog sie hinter den Kopf zurück. Hellblondes, nahezu weißes, langes Haar fiel heraus. Es lag beinahe genau so glatt wie das von Lia oder Minelglain. Sein Gesicht war schmal, fast wirkte es ein wenig androgyn. Seine Augen hingegen waren grün wie helles Sommerlaub und strahlten ebenso intensiv wie es die des grauen Elben aus der Elbenstadt getan hatten. Ein konzentrierter, stechender Blick begegnete meinem. Es hätte mich nicht gewundert, wenn Linus damit gläserne Gefäße hätte zerspringen lassen können.
    »Ach, eine Kapuze ist auch eine schlechte Tarnung«, winkte er ab. Es klang abfällig. »Aber gut beobachtet, Nicht-König.«
    Er applaudierte spöttelnd und nahezu verachtend. »Sehr viel besser als deine übrigen Artgenossen.«
    »Danke«, nahm ich das Kompliment auf, das keines war. Wieder ein Spielzug. Offenbar schien es ihm wenig auszumachen, dass ich seine Identität als Elb enttarnt hatte.
    »Also?«, fragte ich.
    »Also, was ? Ich bin immer noch ein einfacher Berater des Markgrafen von Gamar. So steht es in den Büchern und nichts anderes wirst du von mir hören. Denn da gibt es nichts sonst.«
    »Eine reichlich ungewöhnliche Aufgabe für jemanden von deinem Stand, oder?«
    Das erste Mal sah ich eine Art Überraschung in seinen grellgrünen Augen aufblitzen, bloß einen winzigen Augenblick. Vielleicht hatte ich mich auch getäuscht.
    »Für jemanden meines Standes? Für einen Elben meinst du?«
    »Für einen Elben aus Quainmar, meine ich.«
    Linus schüttelte den Kopf. »Unsinn. Ich komme nicht aus Quainmar. Ich bin ich den Docks von Pantritz aufgewachsen.«
    Wieder räusperte sich Amondo.
    »Dann ist Linus nicht dein richtiger Name?«
    »Wie-«
    Die Rückfrage schluckte er bereits nach der ersten Silbe hinunter.
    »Weil jeder Elb einen einzigartigen Namen hat«, bohrte ich gezielt weiter. »Ihr lasst ihn euch im sogenannten Ritual vom Sinlathon geben und ihr hütet ihn wie einen Schatz. Und gerade den Namen Linus fälschlicherweise anzunehmen wäre ein Frevel, zu dem du wohl nur in der Lage wärst, wenn in dir eine besondere Niedertracht wohnen würde.«
    Linus’ Blick war derart stechend, dass man beinahe Kopfschmerzen davon bekommen wollte.
    »Was weißt du denn schon?«, zischte er. Seine spöttelnde Freundlichkeit war nicht verflogen, aber es lang nun etwas ungleich bedrohlicheres darin.
    »Ich finde es eigenartig, dass dein Volk von Quainmar keine Stimmen mehr hat, während sein Prinz unter menschlichen Adeligen weilt, Wein säuft und den Markgrafen des Reiches sonst welche Absonderlichkeiten in die Ohren flüstert.«
    »Ist das so?«, hakte Linus nach. Das Spielerische war zurück in seiner Stimme, auch wenn es nun angestrengter wirkte. »Ich würde gerne erfahren, woher du diese Dinge zu wissen glaubst, Nicht-König.«
    »Das spielt keine Rolle.«
    Linus näherte sich in atemberaubendem Tempo. Schneller als ein Schatten, seine Konturen verwischten in der Luft und mit einem Male stand er nur eine Handbreit vor meinem Gesicht. Meinen Wachen entfuhr ein Stöhnen. Speere wurden gehoben, Schwerter gezückt. Doch allen war klar, dass Linus mich in diesem Moment ohne Weiteres hätte töten können …
    Stattdessen hauchte er mir ins Gesicht.
    »Vergib mir, Nicht-König!«, sagte er so wenig aufrichtig wie nur irgend möglich. »Ich bin … leicht reizbar. Es sollte mich an sich nicht kümmern, woher du deine Informationen zu haben glaubst. Ich bin Bürger deines Reiches. Folglich habe ich dieselben Rechte und Pflichten wie jeder Bürger deines Reiches. Und genau denen komme ich nach.«
    Er wandte sich um und ging. Ich wollte ihm nachrufen, dass dies nicht mein Reich sei. Doch dann zog ich zurück und ließ es dabei bewenden.
    Die Ordensleute machten Anstalten, sich Linus in den Weg zu stellen.
    »Lasst ihn!«, befahl ich. Und rief dem Elben

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