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Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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er. »Verdruss?«
    »Eigentlich nicht. Wenn da nur nicht diese schleichende Furcht wäre, dass hier irgendwo etwas ganz gewaltig im Argen liegt.«
    »Ach Graf«, winkte Lemander ab. »Schau doch mal wieder im Konklave vorbei. Da liegen die Dinge im Argen. Die dicke Markgräfin von Dinster läuft vor Zorn manchmal so rot an, dass man sie zur Wintersonnenwende als Putenbraten servieren möchte.«
    Ich musste kurz und trocken auflachen. »Danke für die Aufmunterungsversuche, Lemander.«
    »Keine Ursache«, zeigte dieser ein Grinsen, dass jedoch schnell wieder verebbte. »Aber ich gebe dir recht, Herr: Hier ist etwas ganz furchtbar faul.«
    Ich fasste einen Entschluss: »Ich werde morgen nach dem Konklave alle Dinge aufklären, soweit es geht. Hermelink wird hier sein. Amondo ebenfalls. Und du bringst bitte Lia mit. Ihre Anwesenheit ist wichtig. Sie muss uns einige Fragen beantworten. Vielleicht bringt sie dann ja etwas Licht ins Dunkel.«
    Hoffentlich würde ich dieses intrigante Spielchen auf diese Weise endlich beenden.
    »Wieso sollen wir uns erst morgen Nachmittag beratschlagen? Warum nicht jetzt gleich?«, wollte Lemander wissen.
    Kräftig stieß ich mich von der Tischplatte ab und bedeutete ihm mit der rechten Hand, dass es jetzt Zeit wäre, zu gehen.
    »Ich esse heute Abend mit Ellyn von Gamar.«
    »Hört, hört«, meinte Lemander mit gespielter Anerkennung. »Das wird ihrem Vater aber ganz und gar nicht gefallen.«
    »Der kann mich auch nicht leiden, wenn ich nicht mit seiner Tochter esse.«
    »Das ist wohl wahr.«
    Ich fixierte den Alten.
    »Lemander, ich will dieses Essen nutzen, um vielleicht ein paar Dinge über unseren spitzohrigen Freund in Erfahrung zu bringen. Immerhin hält er sich ja zumeist in Serions unmittelbarer Nähe auf …«
    »… genau wie seine Tochter.«
    »Ich weiß nicht, wie nah sich Vater und Tochter wirklich stehen. Aber Tatsache ist: Sie steht ihrem Vater deutlich näher als ich. Und genau das möchte ich gerne ausnutzen. Vielleicht kann sie mir erzählen, warum ein Prinz aus Quainmar am Hofe Serions als Berater tätig wird.«
    Dass ich Ellyn zum Teil bewunderte … ja mich vielleicht sogar ein wenig zu ihr hingezogen fühlte, verschwieg ich bewusst. Das war nichts, was Lemander im Augenblick anging. Es würde ihm nur unnötiges Kopfzerbrechen bereiten. Und außerdem wollte ich mir auch nicht anhören müssen, dass ich mir gefälligst andere Sorgen zu machen hatte.
    »Das klingt zumindest gar nicht so dumm. Aber«, warf Lemander ein, obwohl er bereits im Türrahmen stand, »kann es nicht sein, dass die liebe Ellyn mit Linus unter einer Decke steckt?«
    »Das ist zwar möglich, aber ich glaube es eigentlich nicht.«
    »Möchtest du es nicht glauben? Oder hast du handfeste Beweise.«
    Nein, die hatte ich natürlich nicht. Verdammt noch mal, ich hatte für nichts wirklich handfeste Beweise!
    »Sie kam mir nicht so vor«, gestand ich.
    »Oh, das ist aber, ehrlich gesagt, ein schwaches Argument.«
    »Dennoch kann dieses Abendessen nicht falsch sein.«
    Lemander legte den Kopf schief.
    »Hat sich der Markgraf von Falkenberg etwa ein wenig verguckt? Ich könnt’s verstehen. Im Konklave wirkt es, als hätte sie einen starken Charakter.«
    »Wehe, Lemander …«
    »Schon gut, schon gut«, lachte der seltsame alte Mann.
    »Aber unter uns, Herr«, ergänzt er – und der Witz war mit einem Male aus seinen Augen verschwunden. »Es wird langsam Zeit, dass du Esja von Fjaran vergisst! Sonst endet das Haus von Falkenberg an dem Tag, an dem du dein Leben aushauchst und auf die sonnenlose Straße hinübergleitest.«
    Dann entschwand er pfeifend und ließ mich mit offenem Mund stehen.
    Nicht lange nach der Unterredung mit Lemander wurde Ellyn von den Wachen hineingeleitet. Mir war gerade noch die Zeit geblieben, die königliche Brosche an meinem Kragen gegen meine eigene Falkenberger auszutauschen. Denn das war es, was ich heute Abend in erster Linie war und sein wollte: Ich selbst.
    Ellyns Äußeres war beeindruckend am heutigen Abend, ja nahezu umwerfend. Nicht, dass sie nicht ohnehin absolut bemerkenswert gewesen wäre.
    Sie trug ein schwarzes Kleid, durchsetzt mit Stickereien aus Silberfäden. Die weiten Ärmel waren aus einer Art Chiffon und auf den roten Borten war in mattem Schwarz mehrfach das Emblem Gamars eingestickt: Der Bergwerkshammer.
    Ihr goldenes Haar hob sich gegen das dunkle Kleid ab und fiel in langen Wellen bis auf ihre Taille hinab, wobei ein kleiner Teil hinten zu einem

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