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Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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anspielst«, ertappte mich Lemander sogleich, »so dürfte dir ja schon aufgefallen sein, dass diese dummen Tiere Airi bei weitem nicht das Wasser reichen können.«
    Ich nickte, seltsam befriedigt davon, meinen Vormittag nicht mit dem Ersäufen von Sorgen verbracht zu haben.
    »Ich finde es gut, dass du wieder aufgewacht bist, Deckard«, sagte Lia mit leiser Stimme. Erschrocken drehte ich mich um. Lia war unbemerkt hinter uns getreten. Sie strahlte über das ganze Gesicht.
    »Du versuchst immer, es allen Leuten recht zu machen«, meinte sie. »Es ist gut, dass du jetzt wieder unter uns bist.«
    Ich wusste zwar, wie sie es meinte, aber was sie da sagte, betrübte mich. »Aber dir kann ich es nicht rechtmachen, auch wenn ich es so gerne wollte. Ich kann dich nicht nach Quainmar bringen.«
    Lia zuckte unschuldig mit den Schultern. »Hier draußen hilfst du mir mehr als in diesem riesigen Palast zwischen all den Menschen und den Hallen aus Stein.«
    Und dann tat sie etwas, mit dem ich nie und nimmer gerechnet hätte. Sie schlang die Arme um mich und hielt mich fest, nur einen kleinen Moment lang. Überrascht brauchten meine Hände eine Weile, um sich behutsam auf Lias Rücken zu senken. Wie dünn und filigran ihr Elbenkörper doch war – und welche Wärme er abstrahlte, trotz des eisigen Frühlingswetters, das eigentlich längst in sommerliche Temperaturen hätte umschlagen sollen.
    Lia ließ mich wieder los. Irgendwie sah sie zufrieden aus, trotz unserer Misere, die besonders und vor allem die ihre war. Wir hörten einen langen, hohen Schrei und das Lächeln auf Lias Gesicht verbreiterte sich zu einem richtigen Strahlen. Airi hatte einen weiten Kreis um das Schiff gezogen und tobte mit dem Wind, jetzt verabschiedete sie sich lauthals kreischend und wir sahen sie einen langen Segelflug tief über dem Ufer des Fürstentums Dinster antreten. Im Hintergrund türmten sich die letzten Ausläufer des großen Kamms zu steilen, moosbewachsenen Klippen auf, an denen sich noch einzelne, späte Nebelschwaden festkrallten.
    Wir folgten dem Flug des stolzen Falken mit den Blicken über die kargen Ebenen des Gebirgsvorlandes, bis er am Horizont verschwunden war.
    Ich fühlte mich trotz aller innerlichen Schmerzen seltsam erlöst. Sie waren zwar nicht fort, aber ihre lähmende Wirkung war vergangen.
    Ich rieb mir die Hände. »Na gut! Wenn wir schon sehenden Auges in unser Verderben fahren, dann holen wir doch das Bestmögliche raus!«, verkündete ich grimmig, als wolle ich es dem Schicksal persönlich beweisen.
    »Zunächst«, ich deutete mit dem Finger auf meine junge elbische Freundin, »schuldest du mir eine Geschichte und einige Erklärungen.«
    Der Schatten, der sich auf ihr lachendes Gesicht legte, war unverkennbar.
    »Mich beschäftigt etwas«, ewiderte sie und überging so meine Forderung.
    Stöhnend gab ich erst einmal nach und fragte stattdessen: »Was ist es?«
    Ich hoffte inständig, dass es etwas Wichtiges war. Aber meine Skepsis war unangebracht.
    »Die Nordleute bessern sich nicht«, sprach Lia.
    »Wieso sollten-«, begann ich, unterbrach mich aber dann selbst. »Du meinst, weil sich die Nollonin hier an Bord befinden und die Harjenner in ihrer Nähe sind?«
    Sie hatte die Vermutung ja bereits in der Hauptstadt geäußert, dass die Aufhebungs des Fluches an der ständigen Nähe zu den nachtschwarzen Kugeln liegen könnte. Aber so gesehen hatte sie recht. Zumindest die gealterte Schiffsbesatzung befand sich nun schon geraume Zeit in unmittelbarer Nähe zu den Nollonin. Und nichts war geschehen.
    »Hast du vielleicht … noch etwas mit den Nollonin getan, zu dem nur du die Gelegenheit hattest?«, äußerte ich also vorsichtig.
    Sie setzte an, etwas zu erwidern, da entglitten ihr ihre Gesichtszüge auf einmal völlig.
    »Ja«, sagte sie schlicht.
    Zwar hatte Lia mir gezeigt, wie die Mooskinder im silbernen Schein tanzten, und auch den rätselhaften Tod Delans von Gramenfeld hatte ich mit eigenen Augen gesehen – aber es fiel mir noch immer schwer, an die Magie zu glauben, die den Wundern aus den alten Legenden glich. Sie packte einen mit unglaublicher Wucht, so dass man niederknien und den Göttern danken wollte. Das, was nun geschah, raubte nicht nur mir, sondern auch allen anderen Anwesenden an Bord den Atem – und nicht nur das.
    Lia nahm mich bei der Hand zog und mich im Laufschritt über das Deck zum Heck, wo Prinz Leonhrak mit Kapitän Korl und seinem ersten Maat Brimbart einen detaillierten Kartenausschnitt

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