Dornen der Leidenschaft
Frauen zu, die Lupe beim Anlegen des Hochzeitskleides und des Schleiers halfen. Als alles perfekt saß, beschrieben sie ihrer Herrin, wie schön Lupe aussah.
»Ach, Lupe«, sagte Aurora, erhob sich und drückte ihrer Zofe die Hand, »ich weiß, wie schön du bist. Jim ist wirklich ein glücklicher caballero. Komm jetzt, wir müssen hinuntergehen. Es wird nach dir gerufen.«
Als sich alle Hochzeitsgäste auf dem Rasen hinter dem Haus versammelt hatten, spielte die Kapelle eine fröhliche Melodie. Später in der Kirche traten Aurora die Tränen in die Augen, denn die Zeremonie erinnerte sie an ihren eigenen Hochzeitstag. Der Visconde fühlte genau wie seine Frau und hielt von Anfang bis Ende des Gottesdienstes ihre Hand.
Später tanzte Aurora pausenlos, denn jeder der Arbeiter von Esplendor bat um die Ehre, mit la patrona tanzen zu dürfen.
Schließlich entschuldigte sie sich atemlos und ging ins Haus zurück, um ihren Fächer zu holen. Als sie gerade die breite Treppe herunterkam, um ins Festzelt zurückzugehen, sagte eines der Kinder, die auf der Plantage lebten: »Señora de Rodriguez, ich bin’s, Fernando. Ich wollte Sie nicht stören, wegen der fiesta. Aber es sind ein paar Männer am Landungssteg, und sie sagen, daß sie dringend mit Ihnen sprechen müssen. Soll ich ihnen sagen, daß sie ein anderes Mal wiederkommen sollen?«
»Nein, ich komme gleich mit«, antwortete Aurora. Sie lächelte, als sie den Jungen ungeduldig auf dem Boden scharren hörte und meinte: »Du gehst gleich zurück ins Festzelt, Fernando. Ich weiß, wie gern du dort bist.«
»Nein, Señora. Gracias, Señora. Aber ich muß Sie begleiten. El patron wäre sonst sehr ärgerlich.«
»Nun, heute ist eine Ausnahme. Jetzt lauf schon!«
»Ganz bestimmt, Señora?«
»Ja. Ich sage Don Salvador später, daß ich es dir erlaubt habe.«
»Ach, muchas gracias, Señora!« rief der Junge und rannte dann in die Richtung, aus der die Musik und Gelächter erklangen.
Aurora überlegte, wer sie wohl am Landungssteg sprechen wollte, und tastete sich dann mit ihrem Stock hinunter.
Dort standen vier Männer und sahen sie kommen.
»Mierda! « zischte derjenige, der Ricardo hieß, als er die junge Frau herankommen sah. Dann wandte er sich verärgert an Paul Van Klaas, der in einem der Einbäume saß. »Señor, Sie haben uns nicht gesagt, daß die Frau blind ist – und hochschwanger! Ich habe viele schlimme Sachen in meinem Leben gemacht, aber das hier ist ein bißchen viel. Die Angelegenheit gefällt mir gar nicht.«
Der Holländer war sehr überrascht. Aurora war schwanger? Paul hatte das nicht gewußt, als er Don Juans Vorschlag zugestimmt hatte, Aurora zu entführen. Jetzt war es zu spät, von dem sorgfältig ausgearbeiteten Plan abzugehen.
»Blind und schwanger. Na und?« knurrte er kurz. »Du hast genug Geld bekommen, um die heilige Mutter Gottes persönlich zu entführen. Jetzt sei still, und tu deine Pflicht. Sonst muß ich dem Marqués berichten, wie du dich verhalten hast.«
Dieser Gedanke war Ricardo unangenehm. Er war zwar ein rauher Bursche, aber selbst er fürchtete sich vor dem narbengesichtigen Spanier.
»Wie Sie wünschen, Señor«, antwortete Ricardo und fluchte leise.
»Hallo«, rief Aurora. »Wer möchte mit mir sprechen? Ist da jemand?«
Aurora hatte keine Chance, sich zu wehren. Zwei Männer packten sie und drückten ihr ein ekelhaft süß riechendes Tuch über das Gesicht. Wenige Augenblicke später verlor sie das Bewußtsein.
»Jetzt aber schnell, Männer!« befahl Paul, erhob sich vorsichtig, damit der Einbaum nicht umschlug, und nahm den Männern die reglose junge Frau ab.
Er setzte sich unter das Sonnendach und legte einen Arm um die narkotisierte Frau, deren Kopf an seiner Schulter lag. Sie roch nach Jasmin. Paul haßte Jasminparfüm. Es war ihm zu schwer und zu süß. Aber ihr Mann, dieser heißblütige Spanier, roch es bestimmt gern.
»Paddelt schneller, ihr Bastarde! Schneller!« zischte er. »In spätestens zehn Minuten wacht sie auf. Dann müssen wir schon außer Hörweite sein, wie ich sie kenne, wird sie laut schreien, um sich schlagen und um Hilfe rufen.«
»Dann fesseln Sie sie doch, solange sie noch ohnmächtig ist«, schlug einer der Männer, Andrés, vor.
»Nein!« rief ein anderer Mann namens Ernesto. »Dann wird jeder erkennen, der zufällig den Einbaum sieht, daß die Frau entführt wird. Jetzt sieht es so aus, als ob sie und Señor Van Klaas ein Liebespaar sind. Wenden Sie Ihren Kopf doch nicht ab,
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