Dornen der Leidenschaft
Salvador die Morde an Don Basilio und Doña Francisca gestanden, und Paul wäre für seine Verbrechen verurteilt und gehängt worden. Colonel de la Palma war zwar ein alter, träger Mann, aber er achtete immer noch darauf, daß Ordnung in seinem Bezirk herrschte.
Im Haus schlich sich Paul in den ersten Stock, zog sich aus, wusch sich und reinigte seine Stiefel gründlich. Dann schlüpfte er ins Bett zu seiner Frau. Heidi rollte sich herum, schlief aber weiter, und Paul atmete erleichtert auf.
Wenn Salvador ihn beschuldigte, heute nacht in Esplendor eingebrochen zu sein, dann würde Heidi schwören, daß er die ganze Nacht neben ihr geschlafen hätte. Sie war so verliebt in ihn, daß sie fast alles für ihn getan hätte. Aber sie war auch sehr religiös und würde ihn trotz ihrer Liebe dem Gericht überantworten, wenn sie eine Ahnung von seinen Verbrechen hätte.
Vielleicht wäre es das beste, dachte Paul, wenn er eine Zeitlang aus der Gegend hier verschwände. Er könnte einen seiner Männer damit beauftragen, während seiner Abwesenheit nachts hin und wieder ein paar Löcher in Esplendor zu graben, um Salvador zu verwirren. Dann wäre der Spanier nicht mehr so sicher, daß es tatsächlich Paul gewesen war, der sich heute nacht in sein Haus geschlichen hatte. Ja, das war ein guter Plan.
Am nächsten Morgen meinte Heidi beim Frühstück, daß Paul müde und schlecht aussähe, und fragte, ob er schlecht geschlafen hätte. Ja, antwortete Paul, und zwar deshalb, weil sie sich die ganze Nacht herumgeworfen und ihn dadurch gestört hätte.
»Das tut mir leid, mein Liebster«, entschuldigte sich Heidi. »Ich muß tatsächlich einen sehr unruhigen Schlaf haben, denn du hast jedesmal Ringe unter den Augen, wenn du die Nacht in meinem Bett verbracht hast. Es gefällt mir gar nicht, daß ich dich bei deiner Nachtruhe störe. Warum schläfst du nicht in deinem eigenen Zimmer, nachdem wir – wenn ich eingeschlafen bin?«
»Du weißt doch, wie gern ich dich im Schlaf umarme, Heidi«, antwortete Paul. »Was sind schon Augenringe, wenn du an meiner Seite bist, um mich zu wärmen? Übrigens muß ich bald nach Belém fahren, und bis dahin möchte ich soviel Zeit wie möglich mit dir verbringen.«
»Du mußt fort? Nach Belém? Aber … Warum? Manaus ist doch soviel näher, und außerdem kommen die Kaufleute bald hierher.«
»Ich weiß«, antwortete Paul und schob sich ein Stück warmes Brot in den Mund. »Aber … Nun, du hast bald Geburtstag, Liebste, und ich möchte dir diesmal etwas ganz besonders Schönes schenken«, erklärte er und lächelte zufrieden über seinen guten Einfall.
Heidi lächelte ihren Mann schüchtern an.
»Ach, Paul, du bist so gut zu mir«, sagte sie. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, warum ich jemals – warum ich jemals –« sie unterbrach sich, weil sie ihm fast ihren Verdacht gestanden hatte.
»Warum du jemals was, Liebste?« fragte Paul wie nebenbei, obwohl sich sein ganzer Körper plötzlich verspannte.
Heidi errötete. »Ach, Paul, ich schäme mich so deswegen«, stotterte sie, »eine Zeitlang warst du so oft weg und hast so schwer gearbeitet, auch nachts, und da dachte ich, daß du – daß du eine Geliebte hättest.«
Paul atmete erleichtert aus.
»Du hast recht, Heidi«, sagte er, und ihr Herz krampfte sich zusammen. »Du warst tatsächlich sehr dumm. Warum sollte ich mich für eine andere Frau interessieren, wenn ich dich habe, Liebste? Außer Aurora de Rodriguez gibt es keine einzige Frau im ganzen Amazonasdelta, die einen Hund hinter dem Ofen hervorlocken könnte. Und wenn du auch nur eine Sekunde lang glaubst, daß ich daran denken würde, dem eifersüchtigen Salvador seine Frau wegzunehmen, dann bist du verrückt geworden. Du hast doch gesehen, wie sich dieser Idiot kurz vor ihrem Unfall aufgeführt hat – als sie hingefallen und ich ihr beim Aufstehen behilflich war. Er würde jeden Mann ermorden, der eine Affäre mit seiner Frau anfinge!«
»Ach, Paul.« Heidi lachte. »Daran habe ich nie gedacht. Aurora ist meine beste Freundin, und außerdem ist sie sehr in Salvador verliebt.«
Als Paul seiner Frau in das schöne, vertrauensvolle Gesicht sah, hatte er einen Augenblick lang ein schlechtes Gewissen. Er hatte sie einmal geliebt, und sie liebte ihn noch immer. Was war so falsch gelaufen? Warum hatte er so schlimme Verbrechen begangen – nur aus Geldgier? Wie entsetzlich wäre es für Heidi, wenn sie eines Tages herausfände, daß er mit den Händen, die so eine
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