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Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
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an unsere Abmachung?«
    »Ja«, knurrte er halblaut. Seine Lider begannen zu flattern.
    »Gut«, erwiderte ich kühl und streifte erst mein dünnes Shirt, dann meine Hose und zum Schluss den Slip von meiner Haut, wobei ich mich wie ein Akrobat auf dem Beifahrersitz verrenkte.
    »Was tust du da?«, fragte Tillmann argwöhnisch. Er begann mir auf die Nerven zu gehen.
    »Halt den Mund und genieße deinen Trip.«
    »Ellie, du kannst doch nicht …«
    »Kann ich nicht? Warum nicht? Schämst du dich?« Jetzt war die Wut wieder da, ein allerletztes Mal, als würde sie Abschied nehmen wollen. Ich stieß die Tür auf und schob mich aus dem Wagen, um mich aufzurichten, bis auch der letzte Muskel in meinem biegsamen Rücken gestrafft war und die Wirbel weit auseinanderstanden. Mein Haar fiel lang und wild über meine Schultern. Der heiße Wind, der sich heute ein letztes Mal über dem Land erhoben hatte und vom vergehenden Sommer erzählte, strich zart über meine nackte Haut und kitzelte meine Scham.
    Ich ging in die Knie, um den Karton zu öffnen und die Schlangen herauszuholen. Tillmann wich erschrocken zurück, doch ich ignorierte ihn. Die Mutter legte ich um meinen Hals, wo sie sich sofort liebevoll an mich schmiegte, ihre Kinder fanden in meinen Haaren Platz. Mit starrem Blick wandte ich mich zu Tillmann um.
    »Sieh dir an, was geschieht«, beschwor ich ihn. Seine Pupillen waren riesig geworden, das Braun seiner Augen kaum mehr zu erkennen und nur noch ein dünner, schwach schimmernder Ring. Ich wollte nichts mehr sagen, doch wieder begannen meine Lippen sich von allein zu bewegen. Menschen waren so geschwätzig. »Bleibe im Verborgenen, bis es so weit ist. Leb wohl.«
    »Ellie … Ellie! Ich weiß nicht, ob … ob sie … Scheiße! Geh nicht!«
    Doch ich hatte mich schon auf den Weg gemacht. Ich hörte und sah alles, ohne mich darauf konzentrieren zu müssen. Ich war vollkommen offen, meine Sinne empfingen die Welt um mich herum aufmerksamer denn je. Ich hörte jeden vertrockneten Grashalm, der unter dem Gewicht meines geschmeidigen Körpers brach, als ich die Geröllpiste verließ und den Hirtenpfad hinauf zur Wiese nahm, während im Dorf über mir die Orgelpfeifen klagend sangen. Ich konnte die Flammen, die abseits des Weges wüteten, voneinander unterscheiden, nicht nur an ihrem Geräusch, sondern auch an ihrem Geruch und ihrer Farbe, rot, orange, grelles Weiß, ich fühlte das Erbeben des Grundes, wenn das Wild um sein Leben floh, und trotz dem Brüllen des Feuers vernahm ich auch das Kreischen der Zikaden, die erst dann aufhören würden zu rufen, wenn ihre zähen Leiber zu Asche zerfielen.
    Keine Macht dieser Erde konnte mich aufhalten, ich lief wie von einem Magneten gezogen, selbst wenn die Flammen mir noch so nahe kamen. Ich hatte vor nichts mehr Angst. Es fing bereits an …
    Ich blinzelte kein einziges Mal. Vor mir erhob sich die sanft ansteigende Wiese, von der die Tiere längst weggebracht worden waren, um sie vor den Flammen zu schützen, hinter mir fiel der Berg steil ab, neben mir erhob sich dichter Wald, brennend und rauchend, auf der anderen Seite das verlassene Dorf.
    Das hier war meine eigene Idylle, die darauf gewartet hatte, dass ich kam. Nur ich.
    Auch Angelo näherte sich, er befand sich noch zu weit weg, um ihn schon sehen zu können, doch ich spürte ihn. Er schritt lächelnd voran, die Arme entspannt und den Kopf leicht schräg gelegt, weil er mich ebenso fühlte wie ich ihn und wusste, dass es kein Zögern mehr geben würde. Ich hatte meine Zweifel besiegt und allein dieser Gedanke versetzte mich in eine entseelte, heroische Stimmung. Selbst meiner Wut gestattete ich, bei mir zu bleiben, denn ich würde sie bald für alle Ewigkeit vernichten.
    Die Erde und die Menschen waren mir untertänig, nicht umgekehrt. Meine Gefühle waren mir untertänig. Das Blatt wendete sich.
    Jetzt wuchs seine Gestalt aus der Senke. Er brauchte keinen Streitwagen mit Sonnenpferden, um die Erde zu überstrahlen. Er leuchtete überirdisch hell. Mein Gesicht jedoch blieb ernst und verschlossen und meine Augen loderten in eisigem Blaugrün auf, als ich auch die anderen bemerkte. Sie verbargen sich hinter ihm. Sie waren ihm gefolgt und hatten sich versteckt, um uns zuzusehen, so wie Tillmann mir zusehen würde.
    Zeugen auf beiden Fronten.
    Obwohl die Waldbrände gnadenlos tosten und sich rasant ausbreiteten, senkte sich mit einem Mal eine tödliche Stille auf uns herab. Angelos Gestalt, so schlank und jugendlich,

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