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Dornenkuss

Dornenkuss

Titel: Dornenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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wurde, bis es wieder im Rhythmus meines Herzens pulsierte, schnell und aufgeregt, und ich unter Tränen lächelte, weil Colin etwas auf Gälisch zu mir sagte, was ich nicht verstand, aber fühlte. Ich gab ein Seufzen von mir, wie ich es früher nie gewagt hätte – doch Scham existierte in diesen Sekunden nicht, ebenso wenig wie die Gewissheit, die Leere in unseren Seelen mit dem füllen zu können, was wir hier taten.
    Dennoch bereute ich keine einzige unserer Berührungen, denn der ganze erbärmliche Sieg war nichts wert, wenn er nicht damit besiegelt werden konnte. Wir waren unsere Trophäen, er für mich, ich für ihn. Wir für uns.
    Als es vorbei war, ich den Gürtel lösen durfte und Colins Arme mich fest umschlossen, kehrte sein Hunger so schnell zurück, dass wir beide voneinander zurückwichen, erschrocken von seiner Stärke und Intensität. Schon begannen sich bläuliche Schatten unter Colins Augen zu bilden, die gefährlich kalt loderten, und seine Haut überzog meine mit einem frostigen Schauer.
    »Das ist der Grund, warum ich ihr niemals verzeihen werde. Sie wirkt nach, immer und überall«, grollte Colin.
    »Wie meinst du das? Sie ist doch tot!«
    »Sie wirkt nach, weil sie mich erschaffen hat, als Dämon! Ich bin ihre Brut!« Mit einem Ruck stand er auf, wobei er mich abschüttelte wie eine lästige Fliege, zog sich an, holte Louis aus dem Garten, schwang sich ohne Sattel und Trense auf seinen Rücken und preschte in die Nacht davon.
    »Ich hasse es. Ich kenne es, aber ich hasse es. Ich hasse es so sehr«, flüsterte ich, weil ich diesen gnadenlosen Absturz aus unserer verschworenen Intimität hinab in die nackte Einsamkeit nicht zu verkraften glaubte. Für einen Moment war alles sinnlos, unsere Liebe, unsere Nähe, mein ganzes Dasein. Sinnlos und nichtig. Und ich dachte darüber nach, mich zu erholen? Wie sollte das gehen, wenn ich mit einem Mahr zusammen war?
    Ich duschte mich ab, streifte mein Kleidchen über den Kopf und rannte zurück ins Haus und die Treppen hinauf, wo Tillmann nun alleine lag, da Gianna meinem Beispiel gefolgt war und sich zu Paul geschlichen hatte. Vielleicht hatten sie keinen Sex, aber er durfte sie umarmen, die ganze Nacht bei sich halten, und zum Teufel, das wollte ich auch. Ich konnte nicht allein schlafen. Jetzt, wo Tessa tot war, musste ich doch wenigstens meine Freunde zurückgewinnen dürfen. Ich würde es nicht ertragen, noch eine weitere Nacht in mir selbst gefangen zu bleiben, chancenlos, die Nähe eines anderen Wesens zu spüren. Ohne zu fragen, schob ich mich zu Tillmann unter die Decke, doch als er wach wurde und mich erkannte, boxte er mich so schnell von sich weg, dass ich den Halt verlor und auf den Boden fiel.
    »Was soll das, Ellie?«
    »Ich bin nicht mehr ansteckend! Es ist alles gut. Wir haben überlebt! Du kannst wieder mit mir sprechen …«
    »Das meine ich nicht. Du hattest gerade Sex und kriechst danach zu mir ins Bett? Ich bin nicht dein Fußabtreter!!«
    »Aber ich …«
    »Nichts aber! Denkt keiner von euch darüber nach, wie ich mich fühle zwischen zwei Pärchen? Die Frau, die ich geliebt habe, ist wegen mir gestorben! Ich hab sie umgebracht! Und dann schläfst du mit deinem Freund, nachdem ich eine Woche lang ohne jede Privatsphäre mit zwei Verrückten in einem Zimmer hausen musste, riechst noch nach seinem Sperma und kommst zu mir ins Bett?«
    »Halt deine doofe Klappe!«, schrie ich zurück. Tillmanns schonungslose Offenheit war schlimmer als jede Ohrfeige. Meine Wangen brannten vor Verlegenheit. »Das geht dich alles gar nichts an!«
    »Ganz richtig, Ellie!« Ganz richtig. Ich prustete verächtlich. Ganz richtig, er klang schon wie sein Vater. Das hatte Herr Schütz auch immer gesagt. Ganz richtig. »Es geht mich nichts an und deshalb will ich dich hier nicht haben! Du kannst mich nicht benutzen wie einen Ersatzliebhaber in spe, wenn es dir gerade so passt! Ich steh nicht auf dich, hast du das vergessen?« Zornig schleuderte er sein Kopfkissen gegen die Wand.
    »Das hab ich niemals so gesehen, niemals!«, heulte ich erbost. »Ich dachte, wir sind Freunde!« Oh Gott, noch so ein abgedroschener Spruch. Das konnte ich besser und ich musste es besser hinkriegen. »Ich wollte eben nur … ich musste, ich …« Nein, ich konnte es nicht besser. Und Tillmanns glühender Blick sagte mir, dass ich es lieber gar nicht erst versuchte. »Dann leck mich doch am Arsch«, fauchte ich und rauschte aus dem Zimmer, die Treppe wieder hinunter und in mein

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