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Dornenkuss

Dornenkuss

Titel: Dornenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Liebesglück stürzen.«
    »Hmpf«, machte ich, denn ich war noch nie jemand gewesen, der sich kopflos ins Glück stürzen konnte wie andere Menschen. Wenn überhaupt, dann stolperte ich hinein, unversehens, unwissend. Ungeplant. Verdammt, Tillmann und Colin hatten diese Zweifel nicht grundlos. Aber es hatte bei Paul geklappt, das Glück zu organisieren, und so würde es auch bei uns klappen. Außerdem liebten Colin und ich uns bereits. Paul und Gianna hatten sich noch ineinander verlieben müssen. Das war doch weitaus schwerer herbeizurufen, als eine bereits vorhandene Liebe wieder aufleben zu lassen. Eine bereits vorhandene Liebe, wiederholte ich meine eigenen Gedanken sarkastisch. Das klang ja grauenhaft. Nein, ich wollte es gar nicht in Worte fassen, weder im Gespräch mit Tillmann noch im inneren Monolog. Es würde sich alles fügen, sobald wir im Süden waren. Es musste sich fügen.
    Ich sah das Problem ohnehin nicht im Anlocken, sondern im Mord selbst. »Dich kann nur töten, wer dich liebt.« Erst heute Morgen hatte ich in ein paar kurzen Momenten, in denen das Eis den Schmerz in meinen Schläfen kurz gedämpft hatte, begriffen, was Tillmann gestern zu Colin gesagt hatte. Ich musste ihn darauf ansprechen, auch wenn mein Verdacht wahrscheinlich völlig absurd war.
    »Warum hast du Colin gefragt, ob nur ein Mahr einen anderen Mahr töten kann – mit der zweiten Methode?«
    Tillmann legte erst Holz nach und prüfte die Temperatur der Steine, bevor er mich ansah. Ein plötzlicher Windstoß brachte die riesigen, dicht stehenden Tannen um uns herum zum Rauschen, ein hypnotisches, mächtiges Summen.
    »Vielleicht könnte ich sie töten. Ich hab sie immerhin geliebt. Es könnte wieder passieren …«
    »Tillmann, bitte!«, brauste ich auf und kam dem Feuer wieder gefährlich nahe. Störte ihn die Hitze denn gar nicht? Er stand ja fast in den Flammen. »Du hast sie nicht geliebt! Sie wollte dich aussaugen und zum Gefährten machen! Erinnere dich daran, was Colin zu mir gesagt hat – dass ich Liebe nicht mit Begehren verwechseln soll!« Ich hatte Lust, ihn zum Bach zu zerren und seinen Dickschädel unter Wasser zu tauchen, damit er wieder zu sich kam.
    »Nein«, widersprach er. »Bei mir war es Liebe. Liebe und nichts sonst. Ich hab sie geliebt. Vielleicht liebe ich sie sogar noch.«
    »Mensch, Tillmann, du bist siebzehn, du weißt doch gar nicht, was …«
    »Ach ja? Sicher, Ellie? Wie alt warst du, als du Colin kennengelernt hast? Auch siebzehn, oder nicht?«, fuhr er mich an. »Und jetzt bist du nur ein Jährchen älter und willst mehr darüber wissen als ich? Glaub mir, ich hatte öfter Sex als du und ich kenne den Unterschied zwischen Sex und Liebe sehr gut! Bei Tessa war es Liebe, auch wenn du das nicht hören willst! Es war Liebe!«
    »Das ist nicht wahr«, flüsterte ich und dachte an den Augenblick zurück, in dem Tillmann aus dem Dickicht hervorgetreten war und sich das Hemd zerrissen hatte, um ihr entgegenzutreten. Er hatte geglüht. Er war schön gewesen. Und so von Sinnen … Er verwechselte da etwas. Er irrte sich!
    »Aber du hast sie doch … nein, hast du nicht«, korrigierte ich mich. Immer wieder vergaß ich, dass ich der einzige Mensch war, der einen Kampf zwischen zwei Mahren beobachtet hatte. Tillmann war nicht dabei gewesen, als Colin Tessa die Knochen zerschmetterte und sie schmatzend wieder zusammenwuchsen. Es hätte ihm die Liebe aus dem Leib getrieben. Aber so? Nur dieser eine Moment, als die Sonne unterging und sie ihn lockte? Reichte ein solch kurzer Augenblick für die Liebe oder war er gerade flüchtig genug, um Liebe entstehen zu lassen? Vielleicht durfte er gar nicht länger andauern. Vielleicht hatte auch Colins Karatetraining im Dunklen gereicht. Ja, ich hatte ihn bereits damals geliebt, als ich ihn heimlich bei seinem Schattenkampf beobachtet hatte. Und was hatte Tillmann zu mir gesagt, als wir nach unserer Flucht vor Tessa auf der Bank vor der Garage saßen und über alles redeten? »Sie war so schön.« Er hatte nicht gesehen, gar nicht sehen können, dass Tessa eine ordinäre, ungepflegte Vettel war, das Haar durchsetzt von Milben und Zecken, die Augen wässrig, böse und tumb. Ich musste ihm das ausreden.
    »Tillmann, hör mir zu.« Ich klang mütterlich, doch das war mir egal. Ich holte Luft und redete weiter. »Ich habe Tessa beim Kampf mit Colin gesehen. Ich wünschte, ich hätte eine Kamera dabeigehabt, um dir zeigen zu können, was sich dort abgespielt hat. Colin hat ihre

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