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Dornenkuss

Dornenkuss

Titel: Dornenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Ellie,
    ich werde in den kommenden Tagen meine Reise und Louis’ Transport organisieren. Hier kann und will ich nicht länger bleiben.
    Fahrt innerhalb der nächsten zwei Wochen in den Süden. Ich werde etwas später zu Euch stoßen.
    Wenn wir in Italien zusammentreffen, dürfen wir nicht über die Formel sprechen. Weder Du mit mir noch Gianna, Paul oder Tillmann mit mir. Daran müsst Ihr Euch halten. Ihr dürft nur untereinander darüber sprechen und selbst das solltet Ihr nur dann tun, wenn es nicht zu vermeiden ist.
    Es ist damit zu rechnen, dass ich die Formel nach und nach vergesse, da ich sie an Dich weitergegeben habe. Ich versuche diesen Prozess mit Meditation aufzuhalten. Umso besser solltest Du die Formel in Deinem Gedächtnis bewahren und sie gleichzeitig gegen Eingriffe von außen abschirmen. Es sollte Dir gelingen.
    Wie ich gehört habe, trainierst Du ja weiterhin fleißig.
    Ich denke nicht, dass es Euch glücken wird, etwas an meinem Schicksal zu ändern, doch möglicherweise kommt sie gar nicht und dann können wir immerhin nach Eurem Vater suchen. Und Du kannst über die Einlösung Deines Versprechens nachdenken.
    Bis dann, Colin«
    »Weißt du, welchen Satz ich an diesem Brief am meisten verabscheue?«, grummelte ich. »›Wie ich gehört habe, trainierst du ja weiterhin fleißig.‹ Bah! Das ist ein gönnerhafter Lehrersatz!«
    Tillmann grinste. »Echt? Ich dachte, es ist das ›Bis dann‹.«
    »Das auch. Ach, ich hasse alle Sätze in diesem Brief. Dieser Schmierzettel hat die Bezeichnung Brief gar nicht verdient«, lästerte ich. Doch Tillmanns Grinsen wich einer Ernsthaftigkeit, die ich schon auf dem Weg hierher befürchtet hatte. Dieses bescheuerte Schwitzzelt war nur Staffage. Er hatte vor, gewisse Dinge mit mir zu besprechen, und wie ich ihn kannte, wollte ich einige davon nicht hören. Gleichzeitig war es Zeit, unsere Köpfe zusammenzuschließen. Wir besaßen die Formel, doch einen Plan hatten wir immer noch nicht. Ich stand auf, zog ihm den Brief aus den Fingern und warf ihn ins Feuer. Es tat wohl zuzusehen, wie er sich zischend zusammenrollte und zu schwarzer Asche zerfiel.
    Tillmann beugte sich vor, um mit einem langen Stock die Steine zu wenden, damit sie vollkommen durchglühen konnten.
    »Du bildest dir doch nicht etwa ein, ich würde mich nackt mit dir in dieses Zelt setzen?«, moserte ich.
    »Du kannst dich auch gerne angezogen reinsetzen, aber das wird unangenehm«, erwiderte Tillmann, ohne seine Aufmerksamkeit von den Steinen zu lösen. »Stell dich nicht so an, Ellie.«
    Diese Aufforderung hörte ich ständig von ihm. Stell dich nicht so an. Mach dich mal locker. Entspann dich. Dumme, nutzlose Ratschläge. Noch dümmer und nutzloser als die in Colins Brief. Denn …
    »Ich an deiner Stelle würde den Satz am meisten hassen, in dem er schreibt, dass Tessa womöglich sowieso nicht kommt.«
    Mit diesem Einwand hatte ich gerechnet. Trotzdem fing ich fast an zu geifern, als ich antwortete.
    »Tessa anzulocken, war bisher noch nie ein Problem, Tillmann. Wahrscheinlich reicht es ihr, wenn Colin und ich uns anlächeln.«
    »Wäre immerhin ein Fortschritt«, meinte Tillmann. »Dass ihr euch anlächelt. Nein, Ellie, ehrlich. Colin wird das nicht ohne Grund geschrieben haben. Ich glaub auch, dass es schwierig wird. So toll ist es zwischen euch nicht gelaufen in der letzten Zeit und …«
    »Sind wir hier, um meine Beziehungsprobleme zu diskutieren? Dann gehe ich sofort wieder und du kannst dich alleine braten. Er tut das doch alles, damit sie nicht jetzt schon kommt, wo wir nicht vorbereitet sind, denn ein drittes Mal werden wir sie nicht mehr abwimmeln können. Colin ist es leid zu fliehen und ich bin es auch. Aber in Italien wird es anders sein. Bestimmt. Dann können wir endlich so sein, wie wir sein wollen.«
    »Okay, ist gut. Beruhig dich, Ellie, du springst ja gleich ins Feuer.« Tillmann hob beschwichtigend die Hände. »Ich wollte hier eigentlich saunieren und keine Hexenverbrennung veranstalten.«
    Ich war den Flammen tatsächlich gefährlich nahe gekommen. Das Gummi meiner Chucks begann bereits zu qualmen und zu stinken. Ich trat einen großen Schritt zurück.
    »Es wäre abgesehen davon ja auch gar nicht schlecht, wenn sie in Italien nicht sofort kommen würde«, redete Tillmann weiter, nachdem er sich vergewissert hatte, dass ich nirgendwo kokelte. »Dann haben wir mehr Zeit, alles genau zu planen und – jedenfalls haben wir Zeit. Ihr solltet euch also nicht sofort in euer

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