Dornenliebe
sagt.«
Luna nimmt das Handy, klappt es auf, drückt ein paar Tasten, es funktioniert etwas anders als ihr eigenes, sie spürt, wie ihr Magen zusammensackt bei dem Gedanken an das, was ihr jetzt bevorsteht. Es kann nicht gut gehen. Sie weiß es und Jaron scheint es auch zu wissen. Sarah nicht.
»Ich gehe raus«, beschließt sie und ist schon aufgestanden, greift nach ihrer Jacke, die über dem Stuhl hängt. »Am besten, ich kläre das in Ruhe mit ihm, hier drinnen ist es einfach zu laut.« Sie nickt den beiden zu. »Bin gleich wieder da.«
»Du hast nicht mal aufgegessen!«, ruft Sarah hinter ihr her.
»Keinen Appetit«, gibt Luna zurück, stößt die Tür ins Freie auf und atmet erst einmal tief durch. Die Worte zurechtlegen. Ganz behutsam sein. Es ist nicht so einfach mit Falk, hat Jaron gesagt; vielleicht weiß er mehr, vielleicht
kann er ihr sagen, was mit Falk los ist. Wer ihn so verletzt hat, dass er heutzutage so misstrauisch und eifersüchtig ist, wegen Kleinigkeiten die ganze Beziehung anzweifelt, sich zurückgesetzt fühlt, wo andere nicht einmal eine Missstimmung empfinden würden. Luna muss ihn gar nicht erst fragen. Falk wird nicht zulassen, dass sie an der Kneipenrallye teilnimmt.
Er hebt ab, noch ehe das erste Freizeichen verklungen ist. Lunas Stimme versagt, erst beim zweiten Versuch bringt sie ihren Namen heraus.
»Du?«, fragt er zurück, sie sieht ihn vor sich, die rechte Hand unter die linke Achsel geschoben, die Stirn gerunzelt, jede Tätigkeit wird sofort gestoppt. »Das ist nicht deine Handynummer, die auf meinem Display erschienen ist. Wo bist du?«
»Noch an der Uni«, antwortet sie. »Wir hatten doch vereinbart zu telefonieren, aber ich habe mein Handy vergessen. Sarah hat mir ihres geliehen.«
»Wer ist sonst noch bei dir?«, will Falk wissen. »Ein paar Kommilitonen, die ich noch nicht näher kenne. Es ist gerade Pause. Wie war dein Tag bisher?«
»Viel zu tun, ich jage den ganzen Tag umher. Umso mehr freue ich mich auf heute Abend, wenn du wieder bei mir bist. Heute möchte ich, dass wir in meiner Wohnung sind. Ich besorge Anipasti von meinem Lieblingsitaliener, die musst du unbedingt probieren! Und ein Kunde brachte mir vorhin eine DVD über die Geschichte des Jazz von den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bis heute mit, die könnten wir uns ansehen. Über den Plasmafernseher und die Stereoanlage wird das ein Genuss sein.«
Ich wusste es, denkt Luna. Ich kann ihn nicht fragen, es geht einfach nicht. Sarah und Jaron müssen es einsehen, und die Rallye wird nicht die einzige Gelegenheit bleiben, mit den Unileuten warm zu werden. Falk geht vor. Es würde
ihr das Herz brechen, ihn jetzt zu enttäuschen, wo er sich so auf den gemeinsamen Abend freut. Antipasti mag Luna auch sehr gern.
»Du bist so still«, bemerkt Falk. »Stimmt etwas nicht?«
»Doch«, beeilt sie sich zu sagen, räuspert sich. Im selben Moment kommt Sarah nach draußen gestürmt.
»Ich brauch mein Handy wieder, ich muss noch telefonieren«, sagt sie und will es Luna schon aus der Hand reißen, merkt erst jetzt, dass diese noch spricht. Trotzdem hält sie ihre Hand weiter nach dem Telefon ausgestreckt. »Was hat er gesagt?«
Luna wedelt mit ihrer freien linken Hand, will sie zum Schweigen bringen, doch Falk hat alles gehört.
»Wer redet da?«, fragt er. Wieder diese Skepsis in seiner Stimme, alarmiert, als wittere er Gefahr.
»Nur Sarah. Sie braucht ihr Telefon, glaube ich.«
»Sie hat gefragt, was ich gesagt hätte. Ich habe alles gehört. Wozu soll ich etwas sagen, Luna?«
Luna zögert, wirft Sarah einen vorwurfsvollen Blick zu. »Nichts Wichtiges«, meint sie. »Hat sich schon erledigt. Ich komm dann also zu dir.« Schon will sie auflegen, doch Falk kommt ihr zuvor.
»Sag es mir«, fordert er. »Alles andere hat keinen Sinn, Luna, ich finde es heraus.«
Luna zögert, alles ist schiefgelaufen, denkt sie, der Abend mit Falk hätte gemütlich werden können, nur sie und er in seiner warmen, eleganten weißen Wohnung, wahrscheinlich hätte ihr nicht einmal etwas gefehlt, nur ab und zu hätte sie sich vorgestellt, was die anderen gerade tun, in sich hinein gelächelt bei dem Gedanken daran, wie Jaron vielleicht gerade eine Straßenlaterne umarmt, weil er nach drei oder vier Cocktails nicht mehr geradeaus gehen kann. Es ist nicht so wichtig. Nicht der Rede wert. Falk wartet trotzdem auf eine Antwort.
»Ach«, beginnt sie schließlich, »Sarah wollte mich heute Abend in die Stadt mitschleppen, ein
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