Dornenschwestern (German Edition)
dass ich es verstehe, aber sonst niemand. Gib mir Bescheid, ob Margaret und Edward sicher sind.»
«Mache ich», verspricht er. «Und wenn ich es für notwendig halte, schicke ich dir eine Warnung.»
«Eine Warnung?» Ich will nicht begreifen, was er meint.
«Du bist auch in Gefahr, ebenso dein Sohn. Dieser Angriff gilt nicht allein mir und den Meinen, sondern den Töchtern und Enkelsöhnen des Königsmachers.»
Mich überläuft ein Frösteln. «Ein Angriff auf die Töchter und Enkelsöhne des Königsmachers? Warum?», frage ich, auch wenn ich die Antwort schon kenne. «Dieses Frühjahr ist er sechs Jahre tot. Seine Feinde haben alles vergessen.»
«Feinde vergessen nicht. Sie hat zwei Namen auf ein Stück Papier geschrieben, das sie in ihrer Schmuckschatulle verwahrt.» Er muss nicht ausführen, wer «sie» ist. «Hast du das gewusst?»
Unglücklich nicke ich.
«Weißt du, wessen Namen?»
Ich schüttele den Kopf.
«Isabel und Anne. Isabel ist tot, ich habe keinen Zweifel, dass du als Nächste dran bist.»
Ich zittere vor Angst. «Sie will sich rächen?», flüstere ich.
«Sie möchte den Tod ihres Vaters und ihres Bruders rächen», antwortet er. «Sie hat es sich geschworen. Es ist ihr einziges Bestreben. Dein Vater hat ihr ihren Vater und ihren Bruder geraubt, sie hat mir Isabel und meinen Sohn genommen. Und sie wird dich und deinen Sohn Edward töten.»
«Komm bald zurück, George», sage ich. «Lass mich hier am Hof nicht allein.»
«Ich schwöre es», antwortet er, küsst meine Hand und ist fort.
«Ich kann nicht an den Hof gehen», sage ich rundweg zu Richard, als er in prächtigem dunklem Samt vor mir steht. Wir wollen nach Westminster reiten, wo wir zum Abendessen geladen sind. «Ich kann nicht.»
«Wir waren uns einig», antwortet er ruhig, «dass du, solange wir nicht wissen, ob an den Gerüchten etwas dran ist, an den Hof gehst, bei der Königin sitzt, wenn du eingeladen wirst, und so tust, als wäre nichts.»
«Es ist aber etwas passiert», sage ich. «Du wirst gehört haben, dass der kleine Richard tot ist?»
Er nickt.
«Obwohl er ein gesundes Kind war und sich gut entwickelt hat, stirbt er nur drei Monate nach seiner Geburt? Im Schlaf, ohne Grund?»
Mein Gemahl wendet sich dem Feuer zu und schiebt mit dem Stiefel ein Scheit an den richtigen Platz. «Kleinkinder sterben», erwidert er.
«Richard, ich glaube, sie hat ihn auf dem Gewissen. Ich kann nicht in ihren Gemächern sitzen und ihren Blick auf mir spüren, während sie sich fragt, ob ich etwas weiß. Ich kann nicht die Speisen aus ihrer Küche essen. Ich bringe es nicht über mich, ihr gegenüberzutreten.»
«Weil du sie hasst?», fragt er. «Die Gemahlin meines geliebten Bruders und die Mutter seiner Kinder?»
«Weil ich Angst vor ihr habe. Und vielleicht solltest du auch Angst haben, ja, vielleicht sollte sogar er Angst haben.»
London
April 1477
G eorge kehrt nach London zurück und sucht unverzüglich das Haus seiner Mutter auf, um Richard zu sprechen. Meine Hofdamen berichten mir, dass die Brüder hinter geschlossenen Türen in Richards Ratsstube zusammensitzen. Nach einer Weile kommt einer von Richards Haushofmeistern, denen er vertraut, und bittet mich, zu meinem Lord zu kommen. Ich lasse meine Hofdamen zurück, die aufgeregt Mutmaßungen anstellen, und gehe durch die große Halle zu Richards Gemächern.
Ich trete ein und erschrecke bei Georges Anblick. Er ist noch dünner geworden und sieht erschöpft aus, als nähme er unvorstellbare Anstrengungen auf sich. Richard streckt mir die Hand entgegen, und ich ergreife sie.
«George hat schlechte Nachrichten aus Warwick», bemerkt er knapp.
Ich erstarre.
George blickt so grimmig drein, dass er viel älter aussieht als siebenundzwanzig. «Ich habe Isabels Mörderin gefunden, sie verhaften und vor Gericht stellen lassen. Sie wurde für schuldig befunden und hingerichtet.»
Mir werden die Knie weich, und Richard steht von seinem Stuhl auf, damit ich mich setzen kann. «Du musst jetzt tapfer sein», sagt er. «Es kommt noch schlimmer.»
«Was kann es noch Schlimmeres geben?», flüstere ich.
«Ich habe auch denjenigen gefunden, der meinen Sohn auf dem Gewissen hat.» Georges Stimme ist hart und monoton. «Auch er wurde von den Geschworenen für schuldig befunden und gehängt. Diese beiden zumindest sind keine Gefahr mehr für dich und die Deinen.»
Ich umfasse Richards Hand fester.
«Seit Isabels Tod habe ich Erkundigungen eingeholt», sagt George. «Der Name ihrer
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