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Dornenschwestern (German Edition)

Dornenschwestern (German Edition)

Titel: Dornenschwestern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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ich deinen Anteil an deinen Gemahl übergeben.»
    «Und wenn ich nicht heirate?»
    «Dann wirst du bei uns immer ein Zuhause haben.»
    «Und du wirst meine Ländereien für immer behalten?»
    Der schuldbewusste Ausdruck, der über sein Gesicht huscht, verrät ihn.
    «Dann wirst du gewiss niemals erlauben, dass ich heirate?», frage ich scharfsinnig, doch er verneigt sich nur respektvoll vor mir, wirft seiner Frau eine Kusshand zu und verlässt die Halle. Die Männer nehmen ihre Kopfbedeckungen ab, als er vorbeigeht, und die Frauen knicksen; er ist ein sehr gutaussehender Lord, der von allen geliebt wird. Mir gegenüber ist er jedoch unaufmerksam, als ich noch einmal laut sage: «Ich will nicht … ich werde nicht …»
    «Die Angelegenheit ist damit erledigt», fährt Isabel mit frostiger Stimme dazwischen. «Sonst schließe ich dich in deinem Gemach ein.»
    «Du hast kein Recht, über mich zu bestimmen, Isabel!»
    «Ich bin die Gemahlin deines Vormunds. Und wenn ich ihm sage, dass du üble Nachrede über uns verbreitest, wird er dich in dein Gemach einschließen. Du hast in Tewkesbury verloren, Anne, du warst auf der falschen Seite, und dein Gemahl ist tot. Du wirst dich daran gewöhnen müssen, dass du eine Niederlage erlitten hast.»

    In der großen Halle von L’Erber herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Der Herzog befiehlt, die Tore zur Straße tagsüber offen zu halten und in der Nacht Kohlepfannen davor brennen zu lassen. Ich gehe in die Halle und suche nach einem Burschen, der für einen Groat einen Botengang macht. Solche arbeiten zu Dutzenden hier, sie misten die Ställe aus oder karren die Asche weg, verkaufen Kleinigkeiten vom Markt an die Zofen weiter. Ich winke einen flachsköpfigen Bengel in einem Lederwams herbei. Er verneigt sich vor mir.
    «Kennst du den Westminster Palace?»
    «Sicher.»
    «Nimm das und gib es jemandem vom Haushalt des Duke of Gloucester. Sag ihm, er soll es dem Herzog geben. Kannst du das behalten?»
    «Natürlich.»
    «Und überreich es niemand anderem und sprich nicht darüber.»
    Ich stecke ihm ein gefaltetes Zettelchen zu. Darauf steht:
Ich würde Dich gern sehen, A.
    «Wenn du es dem Herzog persönlich übergibst, bekommst du von ihm einen zweiten Groat», sage ich und reiche ihm die Münze. Er beißt mit seinen schwarzen Zähnen darauf, um zu sehen, ob sie echt ist, und vollführt eine Handbewegung, als er sich verneigt.
    «Ist es ein Liebesbrief?», fragt er unverschämt.
    «Es ist ein Geheimnis», antworte ich. «Und wenn du das Geheimnis wahrst, bekommst du von ihm einen zweiten Groat.»
    Isabel gibt sich Mühe, nett zu mir zu sein, und erlaubt mir, mit ihren Hofdamen in der großen Halle zu speisen. Sie weist mir den Platz rechts neben sich zu, nennt mich «Schwester».
    Eines Tages nimmt sie mich mit in ihre Kleiderkammer, wo ich mir einige von ihren Kleidern aussuchen soll. Sie ist es überdrüssig, dass ich immer Blau trage.
    Sie legt mir den Arm um die Schultern. «Du wirst mit uns an den Hof kommen, wenn dein Trauerjahr vorüber ist. Diesen Sommer gehen wir mit dem Hof auf Reisen, vielleicht sogar nach Warwick. Es wäre doch schön, wenn wir wieder zu Hause wären, nicht wahr? Das würde dir doch sicher gefallen? Wir könnten nach Middleham und nach Barnard Castle fahren. Es wird dir Spaß machen, unsere früheren Domizile aufzusuchen.»
    Ich schweige.
    «Wir sind Schwestern», sagt sie. «Das habe ich nicht vergessen. Anne, sei nicht zu hart zu mir, sei nicht so hart zu dir selbst. Wir haben so vieles verloren, doch wir sind immer noch Schwestern. Lass uns wieder Freundinnen, Schwestern sein.»

    Ich weiß nicht, wie Richard mich treffen will, doch ich vertraue darauf, dass er einen Weg findet. Während die Tage verstreichen, überlege ich, was ich mache, wenn er nicht kommt. Ich sitze in der Falle.
    In den kalten Februartagen verlasse ich kaum das Haus. George geht fast jeden Tag in den Westminster Palace oder in die Stadt. Manchmal kommen Männer, um ihn zu sprechen; sie treten durch eine Seitentür ein und gehen direkt in seine Gemächer, als würden sie geheime Treffen abhalten. Nach außen hin gibt er sich majestätisch wie ein König. Rafft er riesige Ländereien zusammen und schart so viele Verwandte um sich, weil er sich als Herrscher in England etablieren und seinem Bruder mit einem eigenen Hof Konkurrenz machen will?
    Isabel ist stets an seiner Seite, exquisit und luxuriös gekleidet wie eine Königin. Sie begleitet ihn, wenn in Westminster Feste

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