Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dornentöchter

Dornentöchter

Titel: Dornentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Pennicott
Vom Netzwerk:
damit tun sollte. Es ist eine Art Geständnis. Als sie dann durch das Feuer so schwer verletzt wurde, dachte ich, sie wäre schon grausam genug bestraft worden, also schwieg ich. Jetzt vertraue ich es Ihnen an. Es ist ein Geheimnis, das ich lange Zeit gehütet habe – selbst Maxwell habe ich es verschwiegen. Vielleicht entscheiden Sie sich ja dazu, es in Ihrem Buch zu verwenden und dadurch zu veröffentlichen. Möglicherweise ist inzwischen genug Zeit vergangen, dass es ungefährlich geworden ist. Oder vielleicht beschließen auch Sie zu schweigen.«
    Birdie ging zu ihren Bücherregalen hinüber und zog eine große rote Familienbibel heraus. »Die hat mal meiner armen Mutter gehört. Sie wurde aufs Ende ihrer Tage senil, und meine größte Angst ist, dass mit mir dasselbe passiert. Deshalb möchte ich es Ihnen jetzt erzählen. Nur für den Fall.« Sie klopfte mit dem Fingerknöchel beim Sprechen auf das hölzerne Bücherregal. »Es ist der sicherste Ort, um etwas zu verstecken. Niemand kommt je auf die Idee, meine Bibel aufzuschlagen.« Ihre Augen blitzten, und eine Sekunde lang erahnte Sadie die junge Frau, die sie einmal gewesen war. Die Frau, die sich nach einem freieren Leben gesehnt hatte als jenes, das ihr hier in Pencubitt vorbestimmt war. Die Frau, die ihr Geburtsland nie verlassen hatte, sondern sich lange Zeit um ihre alte Mutter gekümmert und sich dann mit Maxwell häuslich niedergelassen hatte.
    Birdie zog einen kleinen rosafarbenen Umschlag zwischen den Seiten hervor und reichte ihn Sadie. »Nehmen Sie ihn mit und lesen Sie ihn zu Hause.«
    Sadie starrte auf die Adresse vorne auf dem Umschlag: Birdie Pinkerton, Seagull Cottage, Pencubitt .
    »Hat Violet Pearl umgebracht?« Sadie spürte, wie ein Beben durch ihren Körper lief.
    Birdie lachte. »Glauben Sie, ich würde eine Mörderin schützen?«
    Sadie schob den Brief in ihre Tasche. »Wissen Sie, wer sie umgebracht hat?«
    »Es ist besser, nicht zu lange über solche Dinge nachzudenken. Die Vergangenheit kann einen mit falschen Erinnerungen und Verdächtigungen in die Irre führen. Ich glaube, ein Fremder kam in die Stadt, hat sie getötet und ist dann verschwunden. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es jemand aus dem Ort gewesen sein soll. Wir kannten einander alle so gut.«
    Sadie fiel Simons Warnung am Abend des Tanzes wieder ein, sie solle nicht jedem trauen, weil nicht alle das wären, was sie vorgaben zu sein. »Was ist mit Maxwell?«
    Birdie lächelte und griff nach einem Keks. »Meine Liebe. Wenn Sie glauben, dass es Maxwell war, dann müssen Sie sich zuerst einmal fragen, weshalb die Polizei keinerlei Beweise für seine Schuld gefunden hat. Er war einer ihrer Hauptverdächtigen – zusammen mit mir natürlich. Möchten Sie einen mit Cremefüllung oder ohne?«
    »Aber er hatte doch ein Motiv, oder etwa nicht?«, beharrte Sadie. »Er hat Sie geliebt und Pearl hat ihn zur Weißglut getrieben. Niemand hat ihn damals am Strand gesehen.«
    »Es gab durchaus einen Zeugen«, widersprach Birdie. »Er wurde nur nie ernst genommen.«
    »Selbst wenn er das Haus an diesem Vormittag wirklich verließ, hätte er problemlos durch den Geheimgang zurückkehren können, nicht wahr? Hat die Polizei je von diesem Tunnel erfahren?«
    Birdie seufzte. »Ja. Das hätte sein können.« Sie zeigte auf Maxwells Foto auf dem Regal. »Er war gutmütig, sensibel und liebevoll. Ich weiß, wer er war und wozu er fähig war, und er war sicher kein Mörder. Gott weiß, Pearl konnte in jedem die Mordlust wecken, aber Maxwell? Ich fürchte, da sind Sie auf der falschen Fährte. Und die Polizei war unglaublich inkompetent damals. Die waren viel zu sehr damit beschäftigt, sich zu streiten, wer die Ermittlungen leiten sollte. Außerdem genossen ihre Männer diese ganzen pikanten Unwahrheiten über Pearls sexuelle Aktivitäten dermaßen, dass sie es nicht einmal bemerkt hätten, wenn sie mit der Nase auf eine geheime Tür gestoßen wären. Wie Sie auch war die Polizei überzeugt davon, dass es Maxwell gewesen sein musste – der Gedanke an irgendetwas oder irgendjemand anderen wurde keine Sekunde lang in Erwägung gezogen. Halt, nein, das stimmt nicht: Sie steigerten sich auch ziemlich in die Verfolgung der armen Tin Lady hinein. Sie wurde nämlich an jenem Tag mit ihrem Pferd und Karren in der Stadt gesehen, wo sie ihre Messer, Backformen und Wäscheklammern verkauft hat. Als hätte die arme Tin je einer Fliege was zuleide tun können! Diese Polizisten waren wirklich

Weitere Kostenlose Bücher