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Dornröschen schlief wohl hundert Jahr

Dornröschen schlief wohl hundert Jahr

Titel: Dornröschen schlief wohl hundert Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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über einige Bretterzäune, die die Nachbarhöfe abgrenzen, und die haben Stacheldraht oben drauf. Also ich tippe auf – die beiden Frauen.«
    »Und Pedersen – war er die ganze Zeit an seinem Platz?«
    »Er behauptet, ja.«
    »Aber es gibt natürlich noch einen ganzen Haufen anderer – Gäste.« Ich brauchte Vadheim gegenüber das letzte Wort nicht besonders zu betonen. Er wusste ebenso gut wie ich, welche Gäste dieses Hotel gewöhnlich beherbergte.
    »Natürlich. Also von der Seite betrachtet sind alle Möglichkeiten offen. Aber vorläufig haben wir nun diese beiden Frauen. Und in jedem Fall werden ihre Zeugenaussagen von sehr großer Bedeutung für die weiteren Ermittlungen sein. Also mit anderen Worten: Wir müssen sie finden. Unbedingt.«
    »Und keiner von den anderen hat eine von ihnen wiedererkannt?«
    Er schüttelte verneinend den Kopf. Dann sagte er: »Hör zu, Veum. Du weißt … Du hast einen gewissen Ruf, unten auf der Wache. Es gibt unter meinen Kollegen einige, die meinen, du hättest dich bei ein paar Gelegenheiten zu sehr in ihre Ermittlungen eingemischt. Und nicht immer mit einem glücklichen Resultat. Ich bin dir dankbar für das, was du mir erzählt hast, und ich gehe natürlich davon aus, dass du mir alles erzählt hast, was du weißt …« Eine winzige Kunstpause gab mir die Gelegenheit, ihn zu unterbrechen, aber ich nutzte sie nicht.
    Er fuhr fort: »Das hier ist ein Mordfall, und der praktische Teil der Ermittlungen steht unter meiner Leitung. Ich gehe davon aus, dass du die Sache von deiner Seite als abgeschlossen betrachtest, und dass du – falls dir noch etwas einfallen sollte, was du vergessen hast – dich so schnell als möglich an mich wendest. Ein Mordfall ist ein öffentliches Anliegen, Veum. Ein Fall für die Polizei.«
    »Selbstverständlich«, sagte ich. »Das einzige, was ich mir vorstellen könnte …«
    Er sah mich skeptisch an. »Ja?«
    »Wenn du mir kein Verbot auferlegst, dann könnte ich mir vorstellen, auf eigene Rechnung und ohne jemandem in den Vorgarten zu trampeln, zu versuchen, mich ein wenig umzuhören – in Sachen Jonassen. Vielleicht herauszufinden, welche Leichen er im Keller hat. Wenn er welche im Keller hat.«
    Er sah mich nachdenklich an und zuckte dann mit den Schultern. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass das jemanden stört. Solange du dich also nicht in die Mordsache einmischst. Und Veum, tu mir einen Gefallen. Wenn du was entdeckst, sag mir Bescheid, ja?«
    »Das werde ich, Vadheim. Ich verspreche es.«
    Er sah aus als hätte er noch mehr auf dem Herzen. »Wenn wir schon dabei sind. Deine Arbeit als … privater Ermittler … wie läuft die eigentlich? Kriegst du die Leute wirklich dazu sich … zu öffnen?«
    Ich sagte: »Überraschend oft. Der Punkt ist, die Leute wollen erstaunlich gern erzählen, was sie auf dem Herzen haben, wenn ihnen nur jemand zuhört, bei dem sie irgendwie das Gefühl haben, dass sie ihm vertrauen können. Manchmal brauchen sie noch nicht einmal das, sondern nur einen Zuhörer. Für eine Weile. So wird man fast zu einer Art Sozialarbeiter, wenn du verstehst, was ich meine. Und noch eins ist wichtig. Ich vertrete keine staatliche Institution. Sie wissen, dass sie nichts riskieren, wenn sie mir etwas erzählen. Später können sie, wenn nötig, immer noch alles abstreiten.«
    »Das ist das Stichwort – wir bei der Polizei haben eben oft das Gefühl, dass – man uns nicht vertraut.«
    Ich nickte, um ihn nicht unnötig zu verletzen. Ich mochte Vegard Vadheim. Als Junge hatte ich seine Sportlerlaufbahn verfolgt, und ich hatte seine beiden Gedichtsammlungen irgendwo in meinem Bücherregal stehen. Ich respektierte die Art und Weise, wie er seine Arbeit machte. Auf keinen Fall wollte ich ihn verletzen.
    Als ich ging, gab ich ihm die Hand und wünschte ihm viel Glück. Er lächelte sein schiefes Lächeln, und als ich das Hotel durch den Haupteingang verließ, sah ich ihn nachdenklich in ein kleines Notizbuch schauen. Er erinnerte mich an einen Wattvogel, der am Ufer entlang watet und nach Fischen Ausschau hält, aber noch keinen entdecken konnte.

19
    Ich kaufte ein paar Zeitungen und fuhr nach Hause. Die Zeitungen waren voll von Nichtigkeiten. Ich machte mir ein einfaches Abendessen: Spiegelei, Speck, Bohnen in Tomatensoße und Milch. Ich holte das Buch über den CIA-Agenten wieder hervor. Der Autor war eine Art Hemingway-Epigone, der allerdings zehnmal soviel Wörter benutzte, als sein Vorbild es getan hätte.
    In den

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