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Dornröschen schlief wohl hundert Jahr

Dornröschen schlief wohl hundert Jahr

Titel: Dornröschen schlief wohl hundert Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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gerne hören, was dich dorthin geführt hat, Veum. Was Lisa und du, was ihr für Pläne hattet. Was du mir über Dinge erzählen kannst, über die du eigentlich überhaupt nichts zu erzählen haben solltest – wenn du verstehst, was ich meine. Soweit ich mich erinnern kann, hatten wir eine Art Abmachung getroffen, oder?«
    »Doch. Das hatten wir. Und die gilt immer noch.« Ich beugte mich nach vorn und sah intensiv in sein mageres, freundliches Gesicht. »Es ist nur so – dass die Fäden sich ineinander verweben, sich verknoten.«
    Er nickte und zuckte gleichzeitig mit den Schultern. »So was kommt vor. So was ist schon früher vorgekommen. Erzähl es mir einfach, Veum. Jetzt.«
    Ich blätterte meine Gedanken durch wie ein Spieler seine gezinkten Karten, bevor er sie für das letzte, entscheidende Pokerspiel austeilt. Ich versuchte zu sortieren, was ich erzählen konnte, und wo ich lieber die Schnauze halten sollte. Das war nicht leicht. Es war ein Balanceakt zwischen Wahrheit und Unwahrheit, zwischen kleinen Notlügen und – wirklichen Lügen. Es gefiel mir nicht, etwas vor Vadheim geheim zu halten, besonders jetzt nicht, wo Lisa überfahren und fast getötet worden war. Dennoch – es waren andere Menschen involviert, Menschen, die weiterhin leben wollten, auch nachdem dieser Fall abgeschlossen war. Niels und Vigdis Halle. Håkon und Vera Werner. Ingelin. Bjørn Hasle.
    Also erzählte ich ihm nichts von Ingelin und den Liebesbriefen. Ich erzählte ihm nichts von den beiden Porträts von Lisa und von Bjørn Hasle. Ich erzählte ihm nicht von Niels Halle und Vera Werner – und dass Peter und Lisa vielleicht Halbgeschwister waren. Das sollte er selbst herausfinden. Es war sein Job, solche Dinge herauszufinden.
    Statt dessen erzählte ich ihm von Arve Jonassen und Karsten Edvardsen. Ich erzählte von der stillgelegten Fabrik draußen in Holsnøy und von dem, was ich dort entdeckt hatte. Ich erzählte ihm von Arve Jonassens Billighausprojekten und wie er sie so billig machen konnte. Und dann hielt ich die Luft an.
    »Nicht schlecht, Veum. Gar nicht schlecht. Und welche Beweise hast du?«
    Ich sah ihn an. »Beweise? Das Lagergebäude in Holsnøy – das Rechnungsbuch da draußen, das Material, das auf der neuen Baustelle verschwindet.«
    Er lächelte traurig. »Es ist nur so, Veum, dass solche Füchse in ihrem Bau immer zwei Ausgänge haben. Das Lagergebäude ist sicher völlig legal registriert. Das Rechnungsbuch liegt in einem Safe oder in einem Bankschließfach, wofür wir eine richterliche Verfügung brauchen, um da ranzukommen – und um eine solche Verfügung zu bewirken, müssen wir sehr gute Indizien in der Hand haben. Man darf nicht den geringsten Fehler machen – sonst sitzt man in der Klemme. Und das Baumaterial? Schwund gibt es auf allen Baustellen. Das ist normal, Veum.«
    »Und genau deshalb ist es so leicht auszunutzen!«
    »Genau. Ganz genau! Aber das, Veum, das ist eine sehr präzise Beobachtung – und kein Beweis.« Er hob demonstrativ seine leeren Hände in die Luft.
    Dann faltete er sie um seine Plastiktasse, lehnte sich über den Schreibtisch nach vorn und betrachtete mich mit einem bohrenden, wissenshungrigen Blick. »Und was noch, Veum?«
    »Das hier.« Und dann erzählte ich ihm von Irene Jonassen und ihrem kurzen Verhältnis mit Peter Werner und dass sie vielleicht die andere Frau gewesen sein könnte, die ihn an dem Abend besucht hatte.
    Er notierte es in seinem kleinen Buch. »Gut, gut, Veum. Das ist auch nicht schlecht. Ich werde es morgen früh überprüfen. Du meinst, die Personenbeschreibung könnte auf sie passen?«
    »So weit man da von einer Personenbeschreibung sprechen kann, ja.«
    Er trank einen Schluck Kaffee und stützte sich auf die Schreibtischkante. »Weiter nichts? Du hast mir noch nicht von Lisa erzählt, Veum.«
    »Ach, das …« sagte ich leichthin. »Ich war heute Nachmittag kurz bei ihr. Ich – ich wollte nur sehen, wie es ihr ging. Ich – ich kümmere mich eben um Menschen, mit denen ich auf diese Weise zu tun habe, Vadheim. Sie bedeuten nicht nur Geld für mich. Wenn ich ein kleines Drogenwrack aus Kopenhagen nach Hause geholt habe, dann will ich gerne, dass es ihr später besser geht – dass mein Einsatz irgendeinen Nutzen hatte.«
    Er sagte: »Davon träumen wir alle. Von einem Sinn im Leben … Und dann?«
    »Dann haben wir natürlich auch über Peter geredet, und sie – sie wollte mir von ihrer Trennung erzählen, was eigentlich passiert war – aber dann

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