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Dornroeschenmord

Dornroeschenmord

Titel: Dornroeschenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kalman
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fragte Mandy verwirrt.
    »Ich dachte, wir könnten jetzt noch in Lisas Wohnung fahren und nach Hinweisen suchen.«
    »Lisa«, sagte Mandy und zog die rechte Augenbraue hoch. »Nach zehn Jahren nennst du sie immer noch Lisa?«
    »Alte Gewohnheiten vergißt man nun mal nicht so schnell. Oder ist das bei dir anders?« Edward warf ihr seinen samtigsten Blick zu.
    Mandy erwiderte ihn nicht. »Zehn Jahre sind ja nicht gerade eine kurze Zeit, Edward.«
    »Und wie ist es mit zehn Tagen?«
    »Wieso zehn Tage?«
    »So lange ist es her, daß wir uns getrennt haben.« Er sprach jetzt leise und nachdrücklich, mit jenem heiseren Unterton in der Stimme, der bei ihr immer dieses sehnsüchtiges Ziehen im Unterleib ausgelöst hatte. Wie jetzt, in diesem Moment. Offensichtlich vergaß auch sie nicht so schnell.
    Sie gab sich einen Ruck und räusperte sich. »Okay, fahren wir hin. Du kennst die Adresse?«
    »Preysingstraße 4, in Haidhausen«, antwortete Edward wie aus der Pistole geschossen. Wieder warf Mandy ihm einen argwöhnischen Blick zu.
     
    Ihr Argwohn blieb auf der ganzen Fahrt in den Münchener Osten und verband sich mit einer gewissen inneren Abwehrhaltung gegen das ganze Unternehmen. Vor ein paar Tagen erst hatte sie sich von Edward getrennt, überzeugt davon, daß es das Beste für sie sein würde, ihn nicht mehr zu sehen. Und jetzt war sie so schnell auf seine Bitte eingegangen.
    Allerdings mußte sie sich, trotz all ihrer Bedenken, eingestehen, daß sie ihn vermißt hatte. Doch was, wenn sie sich jetzt in ihm täuschte und sich die Beweise gegen ihn noch verdichteten? Was, wenn er doch mit den Morden zu tun hatte und seine momentane Hilflosigkeit nur Teil eines ausgeklügelten Plans war?
    Mandy sah die Gefahr, in die sie sich begab, wie eine große schwarze Welle auf sich zurollen. Während sie vor sich hingrübelte, hielt Edward schließlich vor einem eleganten Bau der Gründerzeit.
    Die Wohnung von Elisabeth Heller im dritten Stock war polizeilich versiegelt. Mandy streifte dünne Handschuhe über und holte den Dietrich aus ihrer Handtasche. Edward sah ihr mit amüsierter Bewunderung zu.
    »Dir ist klar, daß wir das Siegel brechen müssen, oder? Paß auf, daß du keine Fingerabdrücke hinterläßt.«
    »Daran habe ich schon gedacht. Ich mache mir doch nicht die Hände schmutzig.« Edward lächelte.
    Versiert setzte Mandy den Dietrich ans Schloß, hebelte mit einem kleinen Ruck nach links, und die Tür sprang auf.
    Gemeinsam betraten sie die Wohnung. Es roch dumpf und abgestanden. Nur die Mäntel und Jacken, die an der Garderobe in der Diele hingen, verströmten den Hauch eines exotischen Parfums, der Mandy ein beklemmendes Gefühl verursachte. Ihr kam es vor, als dringe sie in die Privatsphäre einer Person ein, die sich nicht mehr dagegen wehren konnte.
    Sie betrat das Wohnzimmer, wo sie im schwachen Lichtstrahl ihrer Taschenlampe die Umrisse eines Computers erkannte. Sie schaltete ihn ein und fand sofort, wonach sie gesucht hatte: Elisabeth Hellers Kundendatei. Unzählige Anschriften erschienen auf dem Bildschirm, darunter viele Adressen von Prominenten. Sogar Uschi Glas war dabei. Gleich darunter erkannte Mandy den Namen Richard Grassers. Ein Adrenalinstoß durchfuhr ihre Adern. Überall tauchte dieser Name auf …
    »Hast du schon was gefunden?« Edward stand direkt hinter ihr. Mandy schrak zusammen, und die Haare in ihrem Nacken kräuselten sich, als hätte ein kalter Mund sie dort geküßt. »Nein«, log sie, »nur die Namen von sehr prominenten Kunden. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sky Du Mont der Dornröschenmörder sein soll. Hast du etwas entdeckt, was uns weiterhelfen könnte?«
    »Nein, noch nicht. Aber ich sehe mich jetzt mal in der Küche um.«
    »Gut«, sagte Mandy, »und ich mache im Wohnzimmer weiter.«
    Sie schaltete den Computer aus und leuchtete mit der Taschenlampe über die Bücherregale. Eine Reihe von Klassikerausgaben erschien im Lichtkegel, gehalten von zwei Buchstützen im Jugendstil. Zwischen den Büchern standen gerahmte Fotos – Familienangehörige, nahm Mandy an –, kostbare Nippes-Figuren und erlesenes Silbergeschirr.
    Sie öffnete gerade einen Schrank, um sich die Ordner darin anzusehen, als sie auf dem Wohnzimmertisch etwas aufblitzen sah: ein goldenes Feuerzeug der Marke Dupont. Mandy erkannte es sofort. Sorgfältig waren die Initialen »E. H.« eingestanzt. Es war das Feuerzeug, das sie Edward zu seinem letzten Geburtstag geschenkt hatte. Die Polizei hatte es wohl nicht

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