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Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf

Titel: Dornröschenschlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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Schritte und das Schließen einer Tür. Dann kam Morasco wieder an den Apparat und erklärte ihr in leisem Flüsterton: »Brenna, Graeme Klavel wurde umgebracht.«

22
    Brenna stand vor der offenen Tür der im Souterrain gelegenen Detektei. Die Leute von der Spurensicherung drängten sich so dicht um Klavels Leiche, dass sie selbst immer nur Einzelteile davon sah – hier einen ausgestreckten Arm, dort einen bleichen Fuß, und Blut, derart viel Blut, dass sie durch den Ärmel ihrer Bluse Luft holen musste, weil ihr der faulige Gestank den Atem nahm. Wie jedes Mal, wenn sie an einen Tatort kam, hasste sie es, hinzusehen, aber wie bei einem Autounfall machte es die Neugierde unmöglich, einfach auf dem Absatz kehrtzumachen und wieder zu gehen. Natürlich war das krank, aber man tat es instinktiv. Weil schließlich der Mensch das einzige Wesen war, das wusste, dass es eines Tages sterben würde, sah er sich, wann immer er die Möglichkeit dazu bekam, schon einmal die Vorschau seines eigenen Endes an. Er konnte einfach nichts dagegen tun.
    Obwohl Brenna technisch gesehen außerhalb der Wohnung stand, kam sie sich irgendwie gefangen vor. Klavels Bleibe war auch so schon winzig klein, und mit all den umgestürzten Ordnern, aufgerissenen Schranktüren und auf dem Fußboden verstreuten Kleidern und Papieren, aufgrund derer das Apartment selbst wie das Opfer eines Überfalls aussah, war es das reinste Wunder, dass es überhaupt noch Platz für all die Techniker und Polizisten gab.
    Brennas Blick glitt von der Leiche über den umgeworfenen Küchentisch und die herausgerissenen Schubläden – anscheinend hatte Klavel sein gesamtes Leben in zwei kleinen Räumen zugebracht – zu dem dunklen Fenster über der Spüle, durch das man, wenn man nach oben schaute, auf die Straße sah. Traurig , dachte sie. Dann hörte sie plötzlich ihren Namen, als Morasco durch das Zimmer auf sie zukam. An seiner Seite lief ein untersetzter, silberhaariger Mann mit einem marineblauen Blazer und einem karierten Schlips, der ihm in den Hals zu schneiden schien. Bestimmt der Polizist, von dem ihre Nachricht auf Klavels Anrufbeantworter abgehört worden war. Nick Morasco hatte ihr am Telefon erzählt, einer der zuständigen Beamten hätte ihn kontaktiert, weil in ihrer Nachricht der Name Carol Wentz gefallen war.
    Die beiden Männer traten durch die Tür, und Morasco berührte sie zur Begrüßung leicht am Arm. »Brenna«, sagte er, »dies ist Detective Wayne Cavanaugh von der hiesigen Polizei.«
    Â»Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
    Cavanaugh nickte ihr zu.
    Seltsamerweise blieb ihr Blick an seiner Nase hängen – in dem fleischigen Gesicht mit den leuchtend blauen Augen sah sie wie die winzige Kopie eines typisch irischen Zinkens aus.
    Â»Sie sind Privatdetektivin?«, fragte sie der Mann.
    Sie nickte. »Mein Büro ist in New York.«
    Â»Dann hatten Sie und Mr Klavel also nicht allzu viel miteinander zu tun?«
    Â»Ich habe nie mit ihm gesprochen«, antwortete sie. »Tatsächlich wurde ich allmählich etwas sauer, weil er mich trotz wiederholter Bitten nie zurückgerufen hat.«
    Â»Weshalb sollte er Sie denn anrufen?«
    Â»Er hat für Carol Wentz gearbeitet. Ihr Mann Nelson ist mein Mandant.«
    Die blauen Augen wurden schmal, und während eines Augenblicks erinnerte der Polizist sie an Rodin, den Kater ihrer Mutter, der ein übergewichtiges, trübäugiges, ständig schläfriges Monstrum war. »Das haben Sie bereits auf dem Anrufbeantworter erwähnt«, stellte er fest. »Wissen Sie vielleicht auch, welcher Art der Auftrag war, den sie ihm erteilt hatte?«
    Â»Haben Sie darüber nichts in seinen Unterlagen gefunden?«
    Â»Bitte beantworten Sie meine Frage.«
    Â»Ja«, erklärte sie. »Ich weiß, welcher Art der Auftrag war.«
    Er stieß einen pfeifenden Seufzer aus, was Brenna wieder an den Kater denken ließ. Er war zweiundzwanzig Jahre alt und derart fett, dass er sich nur noch mit Mühe auf den Beinen halten konnte. So aufgebläht, dass es den Eindruck machte, seine Haut wäre zu eng, aber trotzdem war er noch am Leben, was bewies, dass die Natur bar jeder Logik war …
    Â»Also bitte …«
    Â»He, ich habe Ihre Frage beantwortet.«
    Â»Studieren Sie vielleicht Jura oder so?«
    Â»Nein. Ich habe Psychologie studiert.«
    Â»Na

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