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Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf

Titel: Dornröschenschlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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zum Teufel wollte er so plötzlich hin?
    Als sich Nelson der Garage näherte, bemerkte er den seltsamen Geruch und dachte: tote Maus. Oder eher was Schlimmeres. Vielleicht eine Katze, die in der seit einer Woche nicht geöffneten Garage eingesperrt gewesen und verhungert war. Sein Ärger nahm ein wenig ab. Kein Wunder, dass der Junge den Garagenöffner hatte fallen lassen. Kein Wunder, dass er einfach weggelaufen war.
    Er nahm einen Arm vors Gesicht und atmete, die Tüte mit den leeren Flaschen in der Hand, durch die Beuge seines Ellbogens aus und ein. Am besten leerte er die Tüte aus, stopfte das tote Tier hinein, warf es in die Mülltonne und sah, dass er, so schnell es ging, wieder von hier verschwand. Hatte er vielleicht die letzte Müllabfuhr verpasst?
    Er bemerkte einen großen schwarzen Fleck an der Rückseite von Carols weißem Volvo, der sich zu bewegen schien, und als er noch ein wenig näher kam, stellte sich der Fleck als eine Ansammlung von Hunderten von Schmeißfliegen heraus. Sie krochen um das Schloss, über den Volvo-Schriftzug und das Nummernschild …
    Möglich, dass die tote Katze irgendwo unter dem Wagen lag. Nelson hielt den Atem an, hockte sich neben das Auto und spähte darunter. Nichts. Er umrundete den Wagen, blickte durch die Fenster – doch auch dort war nichts zu sehen. Also wandte er sich den Regalen zu, die links und rechts an den Wänden standen, aber der Geruch kam eindeutig aus keinem der Kartons, die in den unteren Fächern standen, und die anderen Fächer waren leer, abgesehen von Nelsons metallenem Werkzeugkoffer und den großen Werkzeugen – seinem Hammer von Hoyt, seinem größten Philipps-Kreuzschlitz-Schraubenzieher, seiner elektrischen Bohrmaschine und der Heckenschere, die in einer ordentlichen Reihe neben seinem Koffer hingen. Auch einer der Haken war zu seiner Überraschung nicht besetzt. Hatte er den Flachschraubenzieher irgendwann in letzter Zeit benutzt?
    Der Geruch kam eindeutig aus Richtung Wagen. Und auch die Fliegen schwirrten nirgends, außer …
    Nelson wandte sich erneut dem Volvo zu, griff durch das offene Fenster auf der Fahrerseite und drückte den Knopf des Kofferraums.
    Das Summen der Fliegen wurde lauter.
    Er umklammerte die Tüte mit den Flaschen, legte die freie Hand vor den Mund und folgte dem Geräusch. Halt einfach die Luft an, ignorier die Fliegen und pack das tote Tier so schnell wie möglich ein …
    Wie in aller Welt schafft es ein Tier in einen geschlossenen Kofferraum?
    Der Gedanke kam ihm in dem Augenblick, als er den Kofferraumdeckel aufklappte. Während einiger Sekunden starrte er einfach verständnislos auf das, was er dort sah. Dieses vollkommen zerstörte Ding, aus dem die Maden krochen. Was in aller Welt sollte das sein?
    Es kann ganz unmöglich, es kann nie im Leben, nein, es kann einfach nicht …
    Dann sah er die kleine weiße Hand, deren Finger so gebogen waren, als hielten sie ein Weinglas fest.
    Er hörte das Kreischen von Sirenen und das Quietschen von Bremsen, als der erste Wagen direkt hinter ihm hielt.
    Sein Gesicht war völlig taub, es rauschte in seinen Ohren, er starrte auf die weiße Hand und wusste, weshalb Max davongelaufen und weshalb die Polizei – wahrscheinlich auf Gayles Anruf hin – erschienen war. Im Grunde hatte er sofort gewusst, dass dies keine tote Katze war, denn dafür stank es viel zu sehr. Sobald er es gerochen hatte, hatte er gefröstelt und sich angespannt. Denn tief in seinem Innern hatte er es gleich gewusst.
    Obwohl ihm der Atem stockte und er nichts mehr spürte, drangen der Geruch und das Summen des Todes weiter in ihn ein. Er starrte auf die Hand, auf den schlichten goldenen Ehering, der wie sein eigener Ring aussah … und der kleine Rest von seinem Herzen, der nicht vorher schon zerbrochen war, zerfiel zu Staub.

11
    Nelson lag in einem Bett im Krankenhaus. Seine Augen waren glasig, und der dünne weiße Arm, der an einem Infusionsschlauch hing, sah aus, als ob er jemandem gehörte, der entweder deutlich jünger oder aber deutlich älter war. Auch wenn sich Morasco nicht entscheiden konnte, was von beidem, als er ihn dort liegen sah.
    Er hasste es, den Mann hier in der Klinik zu verhören. An diesem Ort kam er sich Wentz körperlich zwar über -, doch emotional eher unter legen vor, und vor allem war es aus seiner Sicht gar nicht erforderlich, dass er

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