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Dornteufel: Thriller (German Edition)

Dornteufel: Thriller (German Edition)

Titel: Dornteufel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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auf der Fensterbank. Julia, die oft bei Sonja übernachtet hatte, war Zeugin seiner ausgedehnten Exkursionen ins Hamburger Nachtleben geworden – oder besser gesagt, seiner Ausfallerscheinungen an den Tagen danach. Sie hätte damals niemals gewagt, auf ihn zuzugehen. Mit vierzehn hatte sie, dünn und hochgewachsen wie sie war, mehr wie eine Giraffe als wie eine junge Frau ausgesehen. Und sie hatte sich »skurrilen« Interessen hingegeben, wie etwa den Naturwissenschaften, und kein Geld für Schminke oder teure Kleidung besessen.
    Dann war Sonja eines Abends nicht wie abgesprochen gegen halb neun von der Musikstunde nach Hause gekommen. Sonjas Eltern befanden sich zu jener Zeit im Urlaub, und Stefan, der auf sie aufpassen sollte, war unauffindbar. Julia suchte daher alleine nach Sonja und entdeckte schließlich ihr Fahrrad und dann sie selbst in einem Straßengraben. Ihre Freundin war verletzt – ein Unfall mit Fahrerflucht. Julia verständigte den Rettungsdienst und wartete später im Krankenhaus, was die Untersuchungen ergeben würden. Für Sonja ging es noch glimpflich aus, sie hatte nur Rippenbrüche und eine Gehirnerschütterung erlitten. Julia erreichte die Eltern ihrer Freundin in Singapur und berichtete ihnen von dem Unfall, Stefan hingegen konnte sie zunächst nicht erreichen. Er tauchte erst kurz vor Mitternacht im Krankenhaus auf, als es Sonja schon wieder den Umständen entsprechend gut ging. Julia fuhr anschließend mit ihm zum Haus seiner Eltern. Sie übernachtete in den Ferien sowieso oft bei Sonja, weil ihre Eltern als Varietékünstler meistens irgendwo in der Weltgeschichte unterwegs waren. Stefan hatte sie, im Haus angekommen, erst aus ihren vom Regen durchnässten Sachen und dann von ihrer Jungfräulichkeit befreit.
    Das alles lag viele Jahre zurück und hatte nichts mit der Julia Bruck zu tun, die sie heute war. Sie arbeitete zwar für ICL Thermocontrol, die wiederum für Serail Almond India tätig war, aber sie hatte nicht vor, deswegen Stefan Wilson zu begegnen.
    Das Telefonat mit Sonja endete mit einer atmosphärischen Störung, die nicht auf die Entfernung zwischen Hamburg und Bihar zurückzuführen war.
    A N B ORD DER A URORA
    Kamal Said wusste nicht, wie spät es war. Er hatte seine Uhr in der griechischen Hafenstadt Patras einem italienischen LKW-Fahrer überlassen. Und der Schlepper hatte seine gesamten Ersparnisse bekommen.
    Im Container herrschte Dunkelheit. War es Tag oder Nacht da draußen? Sah man die Sonne oder den Mond und die Sterne? Er wusste nur, dass die Aurora , ein Frachtschiff mit dem Heimathafen Velmerido, inzwischen ausgelaufen war. Er hörte den Schiffsmotor laut dröhnen und spürte die Vibration, weshalb er annahm, dass er sich recht weit unten im Schiffsrumpf befand. Außerdem wusste er, dass der Container, in dem er sich aufhielt, relativ früh verladen worden sein musste.
    Navid schlief oder er war in Ohnmacht gefallen, was besser für ihn wäre, da er vorher offenkundig große Schmerzen verspürt hatte. Er hatte sich wahrscheinlich den Arm gebrochen und Hautabschürfungen erlitten, als er von einem LKW gestürzt war. Die Wunde musste sich ja entzünden – bei den schlechten hygienischen Verhältnissen, unter denen sie als Flüchtlinge lebten.
    Doch Kamal konnte nicht viel für ihn tun; nicht hier, nicht in der Dunkelheit. Er hatte versucht, mit ihm zu reden, um ihn ein wenig abzulenken, was jedoch schwierig gewesen war, weil der Junge nicht Kamals Sprache beherrschte und auch nur ein paar Brocken Englisch konnte. Sein Feuerzeug zu benutzen, um Licht zu machen und sich Navids Wunde genauer anzusehen, traute er sich nicht, denn im Container stank es nach Benzin oder anderen leicht brennbaren Flüssigkeiten. Und seine Taschenlampe hatte schon am ersten Tag ihren Geist aufgegeben. Das Ganze war ein Himmelfahrtskommando. Wenn er sich wenigstens mit jemandem über die Gefahren und Hoffnungen, die mit diesem Teil der Flucht verbunden waren, hätte austauschen können … Doch sein Schicksalsgenosse stöhnte und jammerte die meiste Zeit, und wenn er mal still war, meinte Kamal seinen Blick im Nacken zu spüren. Und das war noch schlimmer.
    B IHAR , I NDIEN
    Ein wenig unsicher betrat Julia zusammen mit Gundula Keller den Konferenzraum.
    Jeden Donnerstagvormittag gab es ein Meeting der ICL Thermocontrol mit ihrem Kunden. Daran nahmen für gewöhnlich drei Mitarbeiter des Dienstleisters und vier von Serail Almond teil. Julia war heute als Nachfolgerin des vermissten Tjorven

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